Fräulein Hallo und der Bauernkaiser
besonders faul, wenn sie nicht der Hunger drängt, rauben sie im Allgemeinen keine Passanten aus, sie machen sich vor allem an kleine Diebe heran. Sie brauchen nur zu sehen, wie du ein kleines Ding drehst, und sie verfolgen dich wie ein dunkler Schatten. Dann schlagen sie die Walas auf und umstellen dich mit dem seltsamen Ruf: »Öh! Öh! Öh!«
Wenn sich einer entsprechend verhält und ihnen den Geldbeutel gibt, hören sie auf, wenn einer sich wehren will, ziehen die Yi das Messer schneller, als du gucken kannst. Außerdem sind die Messer mit einem Gift bestrichen, und sie stechen dich einfach irgendwohin, um dich damit zu infizieren. Solche Wunden eitern und heilen noch nach Monaten nicht.
LIAO YIWU:
Kleindiebe sind also die Spezialität der Yi.
ZHAO ER:
So ungefähr. Wohin die Yi auch ziehen, verschwinden die Diebe und Räuber. Resultat: Sie werden selbst aktiv. Im Allgemeinen schleichen die Yi wie Katzen mitten in der Nacht von Tür zu Tür und Haus zu Haus und attackieren kleine Wohnviertel. Sie brauchen nur ein Seil mit einem Haken daran, damit kommen sie jede Wand hoch und jeden Dachvorsprung. Das haben sie alles in den Bergen geübt, sofern sie nicht zu alt sind dafür, ist fast jeder von ihnen ein Ass im Klettern. Die Besonderheit der Yi ist, dass sie alles nehmen, was nicht niet- und nagelfest ist. Auf den Balkons aufgehängte Würste, Schinken, Klamotten, sogar Babywindeln, sie packen alles in ihre Walas. Wenn sie allerdings in ein Haus eindringen, schlagen sie alles, was sie nicht wegtransportieren können, wie Kühlschränke, Waschmaschinen und so, weiter zu Klump und Asche. Die Leute sind deshalb besonders wütend auf sie. Jedes Jahr will die Polizei die Gegenden, in denen die Yi sich konzentrieren, ausheben, sie zieht dann ein so enges Netz, dass nicht einmal eine Maus durchkommt. Außer denen, die direkt im Tatverdacht stehen, egal ob Mann, Frau, alt oder jung, schicken sie alle Yi wieder in ihre Gebiete zurück. Davor haben die Yi am meisten Manschetten, wenn sie die Polizei nur sehen, rennen sie in alle Himmelsrichtungen davon. Einige sind dabei sogar in der Kanalisation gelandet. Da hat die Polizei oben die Steinplatten aufgehoben und sie mit Gewalt herausgezogen, sie hatten alle ihre Hosen ausgezogen. Wenn auf diese Weise Ordnung geschafft ist, hat man zwanzig Tage Ruhe, dann erst feiern die Räuberbanden ihr Comeback, was die Anwohner mit Beifall begrüßen – nur für die Passanten ist das weniger erfreulich.
LIAO YIWU:
Hast du Raubüberfälle gesehen?
ZHAO ER:
Vor zwei Jahren waren es noch einzelne Räuber, die den Leuten heimlich den Geldbeutel wegstibitzten, heute sind es ganze Banden, die ganz offen und unverfroren vorgehen. Sie reißen Frauen Ohrringe und Halsketten ab, einem Säugling wurde die Hand aufgebrochen und ein Ring abgezogen – aber die leichtesten Opfer sind toll aufgemachte Frauen mit ihren handtellergroßen Täschchen, die mit dem Hintern schlingern, dass einem schwindlig wird. Mann, im Nu ist der Riemen der Tasche durchgeschnitten, manchmal nicht einmal das, dann reißen sie sie ihr einfach aus der Hand. Wenn du dann schreist: Haltet den Dieb!, dann pass auf, dass dir niemand mit einem Stein den Schädel einschlägt!
Einmal fuhr ich einen Chef über eine Kreuzung, ein Mann wie ein Berg, er schrie immer Hallohallo in sein Handy, mir blieb fast die Luft weg, so fertig war ich, da stürzten sich von hinten sechs, sieben Mann auf ihn, drückten ihm den Hals zu, drehten ihm die Hände nach hinten und umklammerten seine Füße – es hat nicht viel gefehlt und sie hätten meine Karre umgeschmissen. Scheiße, die haben ihm alle Taschen leer gemacht und ihm sogar den Gürtel rausgezogen, selbst in die Unterhose haben sie ihm gegriffen – am Ende waren seine Aktentasche, sein Handy und seine Lederschuhe weg. Er hat noch gebettelt, sie sollten ihm doch die Schuhe lassen, weil man ohne so schlecht laufen kann. Da sagte einer der Räuber, wenn der bei so wenig Beute die Lederschuhe zurückhaben will, da müssen wir doch die Sohle mal abreißen und sehen, ob sich darunter nicht ein Schatz verbirgt. Die haben den Chef bis aufs Hemd ausgezogen, und der große Kerl sitzt da und heult sich einen halben Tag die Augen aus.
LIAO YIWU:
Was bist denn du für einer, schaust am helllichten Tag bei einem Raub zu und rufst nicht die Polizei!
ZHAO ER:
Ja, konnt ich denn weg? Ich hatte vor Schreck einen Krampf in den Beinen. Außerdem, so was ist mir nicht nur ein- oder zweimal
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