Fragmente des Wahns
glauben.“
„Als ob es etwas ändern würde.“
„Ja, das hat es … zumindest für mich. Als ich dich da so sitzen sah, so vollkommen fertig und fast schon tot, da zerbrach mein Herz.
Ich begriff, was ich getan hatte und wollte es ungeschehen machen. Ich wollte dir das nie antun, Alex.“
„Und dann hast du mich vergessen lassen?“
„Nach einer Weile. Ich wollte mich um dich kümmern und wieder ein Bruder sein. Die Polizei stellte den Fall ein, da es keine Beweise gab und du dich anscheinend kaum mehr an etwas erinnern konntest …“
„Hast du dir gedacht, wie toll doch alles gelaufen ist.“
„Ja und nein. Ich konnte dich nicht mehr alleine lassen. Auch ich kam zu dem Punkt, wo ich mich wieder an unseren Pakt erinnerte und ich wollte wieder dieser Bruder sein, dir beistehen, egal wie schwer es sein würde. Und dann fiel mir dieser Zeitungsartikel über die anstehende Versuchsreihe eines gewissen Doktor Niederseher in die Hände. Er wollte schlechte Erinnerungen löschen. Ich dachte, es ist ein Wink des Schicksals.“
„Und dann hast du mich vergessen lassen.“
„Ja, Alex. Auch wenn ich es war, der dir das alles angetan hat, so war auch ich es, der dich zurück ins Leben holte. Du weißt ja gar nicht mehr, wie du gewesen bist. Du warst tot, lebendig tot und ich hielt das einfach nicht mehr aus.“
„Es ist unglaublich, wie du dich als Opfer hinstellst. Du bist das Monster, Andreas, nicht ich.“
„Ich weiß, doch ich sah es als die Chance unseres Lebens. Wir konnten von vorne anfangen und wir waren wieder Brüder, unzertrennlich und nichts stand uns im Weg.
Wir fingen in Regensburg ein neues Leben an und es gab keinen Mord mehr, keine Sandra oder Leonie. Es war einfach perfekt.“
„Bis Lisa kam.“
„Nein, Lisa war nicht das Problem. Ich mochte sie vom ersten Augenblick an und du weißt ja selbst, wie gut wir uns verstehen. Ich habe diesmal wirklich nichts Falsches getan.“
„Wie großzügig.“
„Verdammt, Alex. Wer hätte denn ahnen können, dass dein Leben ausgerechnet noch einmal genauso ablaufen würde?! Die Therapie von Doktor Niederseher hat perfekt funktioniert. Es gab nur einen Haken.“
„Ich durfte mich nicht mehr erinnern.“
„Ja“, gab Andreas zu. „Sämtliche alten Einflüsse mussten weichen. Ich blieb als Einziger die Kontaktperson zu deinen alten Erinnerungen, damit du nicht vollkommen den Halt verlierst.
Doch dann kam Lisa. Du hast sie geheiratet und dann habt ihr ein Kind bekommen. Lilli war der Anfang vom Ende.“
„Weil sich mein Leben zu wiederholen schien.“
„Ganz genau. Der Autounfall war nur ein Hilfsmittel. Der wirkliche Auslöser war der dritte Geburtstag deiner Tochter. Der Tag, an dem du gestorben bist.“
„Nicht einmal du konntest das voraussehen“, gab Alex zu.
„Nein, da hast du allerdings recht. Es hätte einfach nicht passieren dürfen. Es ist nicht fair.“
„Nicht fair?! Andreas, hörst du dir eigentlich noch zu? Du hast zwei Menschen ermordet und bist unbeschadet davongekommen. Was bitteschön hat das mit fair zu tun?“
„Aber ich habe das alles doch nicht gewollt. Ich bin nicht so.“
„Ach nein?“, fragte Alex ungläubig. „Wirklich nicht? Und warum sitze ich dann gefesselt an diesem Stuhl, während du eine Waffe auf mich richtest, anstelle zur Polizei zu gehen und dich zu stellen?“
„So ist das nicht.“
„Doch, Andreas! Genauso ist es! Du willst es bloß nicht wahrhaben. Du hast dich kein bisschen verändert. Du hast Leonie getötet und du hast Sandra umgebracht. Und mich hast du mitgerissen.“
„Aber ich habe dich auch wieder zurück ins Leben geholt. Ich habe dir Lisa und Lilli geschenkt.“
„Nein, du hast alles nur für dich getan. Du wolltest dich einfach nur besser fühlen.“
„Und ist das so falsch?!“
„Ja, wenn man andere dabei verletzt. Zum Glück habe ich dir erst so spät von allem erzählt, denn wer weiß, was du sonst noch angerichtet hättest.“
Andreas lachte auf.
„Du hast noch jemanden hineingezogen?“
„Ja“, gestand er.
Alex verstand schnell.
„Es ist Doktor Fleischmann, nicht wahr? Du hast ihn umgebracht?“
„Nein. Er ist im Keller.“
„Woher?“
„Woher ich alles wusste? Mensch Alex, von dem Moment an, wo ich dich auf dem Geburtstag deiner Tochter gesehen habe, wusste ich, dass etwas nicht stimmte.
Natürlich wusste ich noch nichts von den Erinnerungen, aber ich verstand, dass ich in deiner Nähe bleiben musste.“
„Der Anruf von Lisa“, verstand
Weitere Kostenlose Bücher