Fragmente: Partials 2 (German Edition)
zurück. Kira beobachtete Samm und betete, dass aus dem Schaudern keine Krämpfe entstanden. Als sie eine flache Stelle erreichten, wo sie stehen konnten, rieb sie ihm den Rücken und die Brust ab. Die schnellen, ungestümen Bewegungen dienten eher der Beruhigung ihres Gewissens, als dass sie ihm tatsächlich halfen. Als sie ihn berührte und die festen Konturen seines muskulösen Oberkörpers spürte, empfand sie einen kleinen Kitzel, der so unpassend schien, dass sie zurückschreckte und die Hände gleich darauf wieder sinken ließ. Andererseits war sie eine Sanitäterin und konnte doch wohl den Oberkörper eines Mannes berühren, ohne weiche Knie zu bekommen. Er zitterte immer noch und klapperte vor Kälte mit den Zähnen. Abermals rieb sie ihn ab, bearbeitete seine Brustmuskeln und das Brustbein, um seinen Körper etwas aufzuwärmen. Kurz danach packten sie zu dritt den Schlauch und zogen den Kahn die überflutete Straße entlang. Afa sah gleichgültig vom Ufer aus zu. Er stand unter starken Schmerzmitteln und konnte kaum aufrecht stehen. Langsam trieb das Boot auf sie zu, und als sie etwa sechs Meter gewonnen hatten, band Kira den Schlauch los, befestigte ihn am nächsten Sicherungspunkt und begann noch einmal von vorn. Der Kahn schleifte an den Häusern entlang und verhakte sich schließlich sogar an einem Dach. Heron musste hinüberschwimmen und ihn mit einem Stück Treibholz als Hebel befreien. Nach mehr als zwei Stunden hatten sie knapp hundert Meter überwunden, und das Boot lag endlich so dicht am Ufer, dass die Pferde an Bord gehen konnten.
Als sie den Kahn ein letztes Mal losbanden, um eine geeignetere Stelle zu finden, schnellte ihnen beinahe der Schlauch davon, und sie hätten ihn fast verloren. Samm wickelte sich das freie Ende um den Arm und hielt sich mit der anderen Hand an einer Ziegelmauer fest. Sein Gesicht lief vor Schmerzen rot an, während Kira und Heron das Boot erneut und besser zu sichern versuchten. Eine schwere Holztür, die sie in der Nähe aus einem Rahmen rissen, diente als steile Gangway. Nacheinander bugsierten sie die Pferde in das Boot. Kira lockte sie mit sanften Worten, während Samm und Heron sie seitlich führten, damit sie in einer Reihe liefen. Samm schauderte immer noch, und sein Pferd Buddy reagierte darauf mit Unruhe. Es wieherte, wich zurück, und unter ihm knackte das Türblatt verdächtig. Bevor das Holz endgültig brach, lockten sie das Tier an Bord. Dann mussten sie eine neue Tür suchen und Galgenstrick ganz hinten unterbringen. Afa bildete den Abschluss. Sein Gesicht war schlaff, die großen Arme hatte er um den Rucksack geschlungen, als wäre er seine private Rettungsinsel.
»Ich darf den Rucksack nicht stehen lassen«, sagte er. »Ich darf den Rucksack nicht stehen lassen.«
»Musst du auch nicht«, beruhigte Kira ihn. »Setz dich einfach hin und beweg dich nicht! Dann passiert nichts.«
Heron kappte die Taue und lief zu ihrem Platz im Bug zurück. Sie kam gerade rechtzeitig an, um ein Brett zu ergreifen und den Kahn von dem Haus abzustoßen, gegen das ihn die Strömung zu drücken drohte. Samm war auf der gleichen Seite wie sie. Seine Hände und Arme waren immer noch bleich von der Kälte. Kira stand in der Mitte und beruhigte die Pferde. Sie wieherten aufgeregt, während das Boot schwankte, wackelte und kippte, wie es die Erde nie getan hatte. Als das Boot gegen den kleinen Heimwerkermarkt prallte, waren sie kaum noch zu bändigen.
»Achtet auf die Häuser!«, rief Kira, die alle Mühe mit Bobo hatte. Das Pferd wäre beinahe hochgestiegen und hätte sich losgerissen.
»Fahr doch zur Hölle!«, fauchte Heron. Sie biss die Zähne zusammen, denn sie war vollauf damit beschäftigt, den Kahn, der inzwischen der Strömung ausgeliefert war, von den Gebäuden fernzuhalten. Der Fluss zog sie zugleich gegen die Häuser und weiter hinaus. Die Bewegung war nicht sehr schnell, aber unwiderstehlich. Es war kein Wildwasser, doch Kira bemerkte, dass selbst ein träger Fluss eine ungeheure Kraft besaß, wenn er so mächtig war. Samm unterstützte Heron inzwischen am Heck. Zusammen gelang es ihnen, das Boot vom letzten Gebäude in der Reihe wegzudrücken, und dann waren sie endlich frei. Befreit aus der versunkenen Stadt, befreit von dem Schutt, der in Ufernähe trieb, befreit von dem fragwürdigen Schutz, den ihnen die Gebäude geschenkt hatten. Der Kahn drehte sich im Wasser langsam um sich selbst, und die Pferde stampften und zitterten vor Furcht. Samm eilte zu Kira, um
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