Fragmente: Partials 2 (German Edition)
nicht gut umgehen kann«, erwiderte Samm.
Heron grinste humorlos. »Dann drücke ich mich klarer aus: Es ist eine Dummheit. Kira hat ihre Gründe, warum sie diese Reise unternimmt, ich hingegen bin deinetwegen mitgekommen. Ich habe dir vertraut und bemühe mich, dieses Vertrauen nicht zu verlieren. Aber sieh uns nur an! Wir stecken im Sumpf, haben uns in einem toten Land verlaufen und warten nur auf den nächsten Angriff, die nächste Verletzung oder die nächste verschlammte Sackgasse, damit wir in den Fluss stürzen und ertrinken können.«
»Du bist die Beste von uns allen«, sagte Samm. »Du wirst alles überleben.«
»Ich überlebe, weil ich klug bin«, gab Heron zurück. »Weil ich mich nicht in Situationen begebe, in denen ich umkommen könnte. Genau das haben wir in den letzten Wochen aber ständig getan.«
»Wir schaffen das«, behauptete Kira. »Wir müssen nur die Ruhe bewahren.«
»Ich weiß, dass wir es schaffen können«, erwiderte Heron. »Auch wenn ich mich beklage, bin ich nicht dumm. Ich weiß, dass wir den verdammten Fluss überqueren können. Nennt mir nur einen einzigen guten Grund, warum wir es tun sollten.«
Kira wollte etwas sagen, doch Heron fiel ihr ins Wort. »Nicht du sollst es mir sagen, sondern Samm. Und bitte behaupte nicht, dass du es nur wegen dieses …« Sie wedelte zornig mit der Hand in Kiras Richtung. »… Mädchens tust.«
Samm blickte zu Heron hinüber, dann zum Fluss. »Es reicht nicht, immer nur anderen zu folgen. Es reicht nicht, an jemanden zu glauben, der größer, klüger und besser informiert ist. So sind wir konstruiert, so sind alle Partials gebaut – wir befolgen Befehle und vertrauen den Anführern. Aber das reicht nicht. Es hat noch nie gereicht.« Er wandte sich wieder an Heron. »Wir haben immer unseren Anführern gehorcht. Manchmal siegen sie, manchmal verlieren sie, und wir tun, was sie uns sagen, und spielen unsere Rolle. Aber für diese Unternehmung haben wir uns freiwillig entschieden. Es ist unsere eigene Mission. Letzten Endes wird es allein unser Sieg oder unsere Niederlage sein. Ich will nicht scheitern, aber wenn, dann will ich wenigstens zurückblicken und sagen können: Ich habe es getan und bin gescheitert, aber ich habe alles versucht.«
Kira hörte schweigend zu und staunte über die Kraft, die von Samms Worten ausging, und über seine Entschlossenheit. Zum ersten Mal hatte er sich deutlich erklärt – abgesehen von seinen Beteuerungen, dass er ihr vertraue. Auf dieser Ebene hatte seine Haltung mit Vertrauen freilich nichts mehr zu tun. Er war hier, weil er sich für diese Mission entschieden hatte. War sie wirklich so wichtig für ihn? War sie etwas so Kostbares? Und wie wollte er Heron umstimmen, die bereits über eine große Unabhängigkeit verfügte? Sie war eine Partial wie die anderen, aber Samm spielte auf etwas in seiner und in Herons gemeinsamer Erfahrung an, das Kira nicht nachvollziehen konnte. Samm und Heron starrten sich an, und Kira ahnte nicht einmal, welche Gedanken sie mithilfe der Linkdaten austauschten.
»Nun gut.« Heron wendete das Pferd und folgte ihm. Sie ritten nach Süden, Galgenstrick folgte, und Kira übernahm gedankenverloren die Nachhut.
Der Mississippi führte sie in weitere überflutete Orte, die zumeist sogar noch kleiner waren als Gulfport: Dallas City, Pontoosuc, Niota. In Niota hatte früher eine Brücke in Richtung der ersten Hügel geführt, die sie seit Wochen zu Gesicht bekamen. In der Nähe gab es sogar einen Felsvorsprung und einen Ort namens Fort Madison. Niota war besser erhalten als die letzten drei Siedlungen. Sie wateten so weit in den Strom hinein, wie sie stehen konnten, und suchten nach einem geeigneten Hilfsmittel für die Überfahrt. Samm entdeckte das Heck eines Kahns, das schräg aus dem Wasser aufragte, aber nichts, was wirklich schwamm. Die Strömung war tatsächlich stärker, als Kira erwartet hatte. Sobald sie sich umgesehen hatten, verließen sie die gespenstische, überflutete Stadt.
»Tja«, meinte Heron, nachdem sie sich zum Trocknen ins Gras gesetzt hatten. »Wir stecken immer noch fest, aber nun sind wir klatschnass. Erklärt mir jemand, inwiefern das ein Fortschritt ist?«
»Keine Sorge!«, gab Kira zurück. »Hier ist es so heiß und schwül, dass du jeden Augenblick einen neuen Grund zum Jammern findest.«
»Lasst uns zu Afa und den Pferden zurückkehren!«, schlug Samm vor. »Wir schaffen heute noch einmal fünfzehn Kilometer, wenn wir bald
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