Fragmente: Partials 2 (German Edition)
quer über das schmale Boot – was ihm mehr Mut abverlangte, als er zugegeben hätte – und hielt sich neben Woolf an der Reling fest. Der Commander betrachtete die vorbeigleitenden Schiffswracks.
»Hoffentlich sind dies nicht die Überreste Ihrer früheren Missionen«, sagte Marcus.
»In gewisser Weise sind sie es tatsächlich«, erwiderte Woolf. »Allerdings scheiterten unsere Missionen schon vor zwölf Jahren. Dies war die letzte große NADI -Flotte. Sie war nach Norden unterwegs, um eine Festung der Partials in New York anzugreifen. Es ist gut möglich, dass es genau diejenige ist, die wir in White Plains aufsuchen wollen. Die Schiffe wurden von Flugzeugen der Partials versenkt, bevor sie überhaupt in die Meerenge vorstoßen konnten.«
»Warum sind sie immer noch hier?« Marcus sah sich um. »Einige Schiffe ragen so weit aus dem Wasser, dass man sie kaum als gesunken bezeichnen kann. Eher sind sie auf Grund gelaufen.«
»An dieser Stelle war die Bucht nur fünfzehn Meter tief«, erklärte Woolf. »In der Mitte, wo man eine Fahrrinne ausgehoben hatte, war das Wasser natürlich tiefer. Inzwischen dürfte sich das geändert haben, nachdem sich mehr als ein Jahrzehnt lang der Schlick ablagern konnte. Die größeren Schiffe sind dort drüben zu sehen.« Er deutete nach Südosten. »Sie liegen südlich von Long Island auf einem Schelf. Dort befinden sich alle größeren Einheiten, die es nicht bis hierher geschafft haben.«
»Warum haben die Schiffe überhaupt versucht, so weit hereinzukommen?«, fragte Marcus. »Eine Flotte dieser Größe auf so engem Raum war doch vermutlich des Guten zu viel.«
»Ich glaube, das war tatsächlich so gedacht«, erwiderte Woolf, der gerade ein vorbeiziehendes Monstrum aus Metall betrachtete. Vom Boden des Meers wuchsen riesige Metalltentakel empor wie die starren Überreste eines verrosteten Kraken. »Für meine Einheit galt das ganz sicher.«
Als sie Staten Island im Süden passierten und von der Lower Bay in die Raritan Bay gelangten, hatten sie das Schlimmste überstanden, doch auch hier gab es noch viele Wracks und Gefahrenstellen. Der Steuermann beobachtete die Küste mit geübtem Auge und lenkte ihr Schiff schließlich in eine kleine Bucht, hinter der sich sumpfige Niederungen erstreckten.
»Warum halten wir an?«, fragte Woolf.
»Wir sind am Ziel«, erklärte der Schiffsführer. »Dies ist der Arthur Kill Canal.«
»Das soll ein Kanal sein?« Das Gewässer glich eher einem Bach, der sich durch einen Park wand, als der tiefen Schifffahrtsstraße, die sie auf der Karte gesehen hatten. »Sind Sie sicher?«
»Vertrauen Sie mir!«, erwiderte der Steuermann. »Ich habe hier in der Gegend gelebt. Dort drüben im Westen ist der Raritan River, und dies hier ist der Arthur Kill Canal. Es ist eine künstliche Wasserstraße, die vor dem Zusammenbruch jedes Jahr ausgebaggert werden musste. Das ist lange her, und inzwischen hat sie sich wohl mit Schlick gefüllt.«
»So sehr, dass an beiden Seiten das Schilf wächst«, meinte Woolf. »Kommen wir trotzdem durch?«
»Ich kann’s versuchen.« Der Steuermann ließ das Schiff langsam weiterfahren. Fast gemächlich tuckerte es durch die schmale Passage. Sumpfvögel kreischten, sangen und riefen ringsum. Marcus hatte den Eindruck, sich auf einer Safari in einer riesigen Schlucht aus Metall zu befinden. Auf beiden Seiten ragten bedrückende Industriebauten auf – ganz anders als im einstmals strahlenden Manhattan dominierten hier die von der Witterung angegriffenen Zweckbauten chemischer Fabriken. Das Wasser hatte einen Ölfilm, und Marcus fragte sich, wie die Vögel in dieser Umgebung überleben konnten. Dicht vor ihnen sprang ein großer Fisch in die Höhe und schnappte nach irgendeiner Beute. Unwillkürlich stellte Marcus sich vor, im Schilf würden Horden hungriger mutierter Krokodile lauern.
Der Steuermann fuhr bis zum Rahway River hinauf, bevor er einen Umweg einschlagen musste. Der Rahway entließ genügend Wasser in den Kanal, um ihn südlich der Mündung frei zu halten, doch die Nebenflüsse im Norden waren weniger ergiebig, und der folgende Abschnitt bis zur Newark Bay war mit Sedimenten und Schilf verstopft. Deshalb bogen sie am Rahway nach Westen ab und fuhren zwischen hohen Chemietanks entlang, bis sie eine Reihe riesiger Brücken erreichten, die das Gewässer überquerten: eine Eisenbahnstrecke und ein Highway mit vielen Fahrspuren, die auf insgesamt vier einzelne Brücken verteilt waren. »Das ist der New Jersey
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