Fragmente: Partials 2 (German Edition)
ihr zu helfen, Heron sprang unterdessen hin und her und sicherte den Bereich des Kahns, der jeweils gerade vorn war.
»Sandbank!«, rief sie auf einmal und kniete nieder, um sich am Dollbord festzuhalten. Ein heftiger Ruck fuhr durch das Boot, Kira verlor das Gleichgewicht. Afa stürzte auf die Seite, schloss die Augen und umklammerte seinen Rucksack. Samm und Kira trennten sich, jeder nahm zwei Tiere an den Zügeln und führte sie voneinander weg. Als die Sandbank sie freigab, drehte sich das Boot und steuerte eine Weile geradeaus. Kira stand wieder auf und sicherte die Pferde. Da warnte Heron sie schon wieder, noch drängender als vorher. »Eingestürzte Brücke!«
»Was?«, rief Kira zurück.
»Halt dich irgendwo fest!«, schrie Heron, und schon prallte das Boot gegen vorstehende und verdrehte Stahlstreben, die von oben kaum sichtbar waren, unter Wasser aber eine massive und tödliche Gefahr darstellten. Die Pferde schrien, und der Kahn knarrte laut. Metall kratzte auf Metall. Das Boot neigte sich bedenklich und wiegte sich zur anderen Seite, als sie das Hindernis passierten. Wieder einmal hatte Kira alle Hände voll zu tun, die Pferde zu beruhigen.
»Wir müssen irgendwie steuern!«, rief sie.
»Das müssen wir«, bestätigte Samm. »Aber ich glaube nicht, dass wir im Moment dazu kommen.«
»Und noch eine!«, rief Heron. Kira hielt sich fest, als das Boot heftig wackelte und erbebte. Wasser spritzte hoch. Sie fuhren jetzt in der Flussmitte, wo die Strömung stärker und tiefer war. Zu ihrem Entsetzen sah Kira, dass sie mitten durch die Trümmer der Brücke gezogen wurden. Das Boot tanzte wie ein Korken auf dem Wasser, wurde zwischen den Steinen und den stählernen Trümmern hin und her geworfen. Als es besonders laut krachte, sah Kira sich aufgeregt um, ob irgendwo etwas geborsten war. Heron kroch über den Boden und blickte zornig nach oben. »Wir ziehen Wasser.«
»Wundervoll«, antwortete Kira. »Schmeiß es raus!«
Heron funkelte sie an, fand aber ein loses Stück Holz und versuchte, das Loch zu stopfen. Es war ein Riss in der Seitenwand, glücklicherweise nicht im Boden, denn sonst wären sie schnell gesunken. Das Brett half nicht viel, und Heron gab es auf und benutzte es lieber als Ruder. Der Kahn reagierte nicht auf ihre Bemühungen und trieb führerlos im Strom. Wieder gab es eine Erschütterung, dann eine weitere. Kira schrie auf, als sich der Boden unter ihren Füßen wellte. Das sollte ein Bootsboden nicht tun.
»Der Boden wirft Wellen!«, keuchte sie.
Samm hielt seine beiden Pferde eisern fest, obwohl sie ihn in zwei Stücke zu reißen drohten. »Wellt er sich, oder bekommt er Beulen?«
»Ich glaube, es war …« Kira konnte den Satz nicht vollenden, weil der Kahn gegen ein weiteres Hindernis prallte. Der Metallboden stöhnte unter der Belastung.
»Verbeult«, berichtete Heron, die ihr Brett auf den Boden stemmte, um das Gleichgewicht zu halten. »Das nimmt kein gutes Ende.«
»Wie ungut wird das Ende, wenn wir es zumindest auf die andere Seite des Flusses schaffen?«, fragte Kira.
»Äußerst ungut«, erwiderte Heron. »Wir verlieren Ausrüstung, vielleicht sogar den größten Teil davon. Ein Pferd, wenn wir Pech haben. Oder Afa, wenn es besser läuft.«
»Afa werden wir nicht verlieren«, widersprach Samm. »Wenn nötig, schleppe ich ihn selbst ans Ufer.«
»Das wirst du wohl müssen«, erklärte Heron. »Dieser rostige Eimer zerfällt unter unseren Füßen, und der Fluss gibt sich große Mühe, den Untergang zu beschleunigen.«
»Steuere uns näher ans Ufer!«, verlangte Kira.
Heron sah sie mit ungläubigen Augen an.
»Was glaubst du, was ich in den letzten fünf Minuten getan habe?«
»Im Moment versuchst du es jedenfalls nicht«, fauchte Kira.
»Hoffentlich kannst du schwimmen.« Heron warf ihr einen eiskalten Blick zu und eilte ans Dollbord zurück. »Samm wird nämlich Afa retten, aber ich rette dich nicht.« Sie hielt das Brett wieder ins Wasser und dämpfte das Kreiseln, schaffte es aber nicht, das Boot in eine bestimmte Richtung zu steuern. Am jenseitigen Ufer prallten sie fast gegen einen Felsvorsprung, doch die Strömung, die sie vom Ostufer weggezogen hatte, hinderte sie nun am Erreichen des Westufers. Selbst als sie aus dem Trümmerfeld heraus waren, knarrte ihr Kahn, sank langsam und ließ sich nicht aus der starken Strömung befreien. Das Wasser schwappte schon um Kiras Füße. Sie blickte nach vorn, wo der Fluss hinter der u-förmigen Kurve wieder nach Süden
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