Frank Bsirske macht Urlaub auf Krk: Deutsche Helden privat (German Edition)
jemand in der geöffneten Heckklappe des Transportflugzeugs und lässt sich fotografieren. Nein, nicht der schon wieder. Aus der Traum vom dreilagigen Toilettenpapier, kein Brief von Mutter, keine neue Lebensgeister weckenden Magazine. Sofort bricht im Lager der Alarm aus. Manch einer wünscht sich mittlerweile, die Taliban kämen zu Besuch statt K. T. zu Guttenberg, auf die dürfte man wenigstens schießen. Wenn der oberste Chef einschwebt, alle zehn Tage etwa, verwandelt sich das Feldlager in die «Kunduz Fashion Week», wie die Soldaten hinter vorgehaltener Hand spotten.
Mittlerweile ist die Transall gelandet, ein Wolf von der Fahrbereitschaft rast zur Maschine, um den Minister abzuholen. Doch er ist nicht allein. Neben ihm steht Stephanie Freiin zu Guttenberg dekorativ in der Tür der Transall, die beige Chinohose keck in die Schäfte der Desert Boots gesteckt, zur leichten sommerlichen Splitterschutzweste trägt sie das Haar nach oben gesteckt, gehalten nur durch die Dolce-&-Gabbana-Brille aus der aktuellen Eyewear-Kollektion. Auch ihr Gatte ist in den Ausgehdress eines eleganten NGO-Vorsitzenden gewandet: beige Gabardine-Beinkleider, dazu einen Camouflage-Sweater lässig über die Schultern geworfen und die Stahlhelm-Plastikattrappe am langen Arm tätschelnd.
Mazār-i-Scharif, und das Haar sitzt perfekt.
Dieses Foto von Ken und Barbie in Afghanistan wird am nächsten Tag die ersten Seiten der bundesdeutschen Tageszeitungen beherrschen. Eigentlich können beide jetzt schon wieder abfliegen, denn die Bilder sind im Kasten: Mission erfüllt. Doch anstandshalber sollte K. T. mindestens einen Tag dableiben, vielleicht ergäben sich noch ein paar Bilder mit Soldaten hinter Sandsäcken oder so. Außerdem hat K. T. Gastgeschenke für die Einsatzkräfte im Gepäck: achthundert Reclam-Hefte Thukydides’ «Geschichte des Peloponnesischen Krieges». Er selbst hat das Werk im griechischen Original verschlungen und zitiert seiner Gemahlin noch heute gern nach vollzogenem Beischlaf die schönsten Stellen.
Die Hitze beginnt schon zu dieser Stunde unerträglich zu werden, Stephanie quengelt einen herumstehenden Gefreiten an: «Ich will ein Eis, Stracciatella und Amarena ohne Sahne.» Unter den Achseln des adligen Oberbefehlshabers bilden sich die ersten Schweißränder. «Um Himmels willen, wenn das die Presse mitkriegt.» Zu Guttenberg wird kreidebleich. «Sofort fertigmachen zum Start!», brüllt er nach vorne in die Pilotenkanzel. «Wir fliegen nach Hause, duschen.» – «Au ja, duschen!», hört man auch Stephanie Freiin zu Guttenbergs Stimme im Getöse der Rolls-Royce-Turboprops langsam untergehen. Der mitfliegende Unteroffizier kann gerade noch die achthundert Thukydides-Bände durch die bereits halbgeschlossene Ladeluke werfen, da hat die Transall auch schon kehrtgemacht und rollt wieder in Richtung Startpiste.
Mit gerunzelter Stirn blickt der wachhabende StUffz auf Hunderte von gelben Toilettenpapier-Abrissblöcken. «Verdammter Mist, taktisches Scheißpapier, das Bedrucken hätten sie sich wenigstens sparen können.»
Karl-Theodor zu Guttenberg legt den Zeitungsartikel zurück in die Klarsichtmappe. «Kaputtgeschrieben haben sie mich, ja, kaputtgeschrieben, die Pinscher von der Hauptstadtpresse», schreit er den daran vollkommen unschuldigen Weimaraner-Rüden an, der sich devot an seinen Knien reibt – oder ist es Stephanie? Egal, K. T. ist jetzt nicht nach Kuscheln zumute, er wird wiederkommen, und zwar noch größer und erhabener, als er gegangen ist. Nur jammerschade, dass die Truppe ihm nicht mehr gehorcht. «Burg Guttenberg ist nicht St. Helena, ihr elenden Heloten und Hypokriten», brüllt er seinen Weimaraner an, oder ist es Stephanie? Egal, denn beide verstehen kein Griechisch.
Karl-Theodor zu Guttenberg – Vorerst immer noch gescheitert
Halifax, Kanada, ein deutscher Dissertationsfälscher sitzt im Morgenmantel bei seiner zweiten Tasse Pure Ethiopian Coffee. Aus dem Paisley-Muster des reinseidenen Morgenmantels heraus streut eine dezent behaarte Hand den zertifizierten Rohrzucker in die Kaffeetasse. Die andere hält die Druckfahnen des soeben eingetroffenen Schundromans «Vorerst gescheitert». Darin erzählt der Autor – um selbigen handelt es sich übrigens hier am Frühstückstisch – von einem blutjungen Adelsspross aus Franken, den es in die weite Welt der Politik hinausträgt. Wie einst Odysseus auf seiner Heimfahrt aus Troja muss auch dieser Held härteste Prüfungen bestehen,
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