Frank Bsirske macht Urlaub auf Krk: Deutsche Helden privat (German Edition)
allein reicht. Was Wunder, dass insbesondere Parteien und Gewerkschaften, die sich volksnah geben wollen, auf die Bratwurst als Imageträger setzen. Während des Wahlkampfs müssen die Kandidaten bei jedem Stadtfest unzählige von den Dingern verdrücken. Wer das Pech hat, sich in Thüringen zur Wahl zu stellen, sieht sich mit der dortigen Spielart des Geschmacksträgers konfrontiert. Da bedarf es schon eines sehr unempfindlichen Magens, um diese Herausforderung anzunehmen. Insgesamt gilt Deutschland als bratwurstfreundlich und wird deshalb besonders von Franzosen für ein barbarisches Land gehalten. Doch wer Schnecken aus dem Eigenheim lutscht, der möge bitte den Ball flachhalten.
71. JOSEPH BLATTER
Stellvertreter des Gottes Fußball auf Erden
Joseph Blatter bricht das Siegel des Heiligen Vaters auf der Rückseite des Kuverts und entnimmt dem braunen Umschlag einen Scheck in Höhe von achtzig Millionen Euro, ausgestellt vom Istituto per le Opere di Religione, gemeinhin als Vatikanbank bekannt. «Schon wieder ein Deutscher, der sich die WM kaufen will, aber nicht mit mir, nicht für schlappe achtzig Millionen», entfährt es dem Größten Fußballvorsitzenden aller Zeiten. Joseph Blatter hasst Korruption, es kommt einfach nicht genug Geld dabei zusammen, schon gar nicht von den deutschen Geizkragen. Milliarden geben sie aus für diese nichtsnutzigen Griechenlümmel und haben noch nicht mal die Fernsehrechte an den Ausschreitungen – alles Dilettanten, Friseure und Sitzpisser.
Joseph Blatter fürchtet nur zwei Dinge auf Erden, sich selbst und seinen Schatten. Und eins ist so gewiss wie das Wimbledon-Tor: dass die Welt, wenn er sie dereinst verlassen hat, nicht mehr dieselbe sein wird. «Eine Erde ohne Blattern ist wie das Mittelalter ohne Pest – ein blöder Vergleich», denkt Josephus Gigantus Blatternus, aber dabei fällt ihm sein Unfehlbarkeitsgesuch an Benedikt XVI. wieder ein. «Na gut, wird die WM 2022 eben quasi posthum sowohl an Katar als auch an den Vatikanstaat vergeben. Dafür muss Ratzi aber noch mindestens ’ne Heiligsprechung für mich rausrücken, meine drei Ehen annullieren und eine Fatwa gegen Franz Beckenbauer aussprechen – oder macht sein Verein das gar nicht?»
Joseph Blatter ist für diesen Tag schon wieder bedient. Bereits nach elf und erst achtzig Millionen eingenommen, für das Reiterdenkmal am Zürcher See ist immer noch keine Genehmigung da, was aber das Schlimmste ist: Es gibt einen Haufen missgünstiger Ratten im Weltfußballverband, der mit seiner Abwahl droht oder ihn zumindest nicht mehr wiederwählen will. Was denn überhaupt für eine Wahl, wovon reden diese Schmiergeldzecken denn? Hat er nicht in einer E-Mail an alle ganz deutlich gesagt, dass er dieses Amt auf Lebenszeit auszuüben gedenkt?
Herr Tur Tur, der Scheinriese von der FIFA.
«Wiederwahl, Buckelwal, Karneval, das ist doch alles lächerlich.» Joseph Blatter keckert lauthals los, als freue er sich über dieses kleine Wortspiel. Aber ein Joseph Blatter kennt keine Freude, sondern nur die Pflicht und die Verantwortung gegenüber dem Weltfußball. «Verdammt, schon halb zwölf, heute trifft sich doch die Korruptionsselbsthilfegruppe bei Platini, Michel will sogar grillen, hoffentlich kein Schwein, halb Vorderasien ist schließlich da.» Eilig verlässt Joseph Blatter das Blatternäum, seinen Einhundertachtzig-Millionen-Dollar-Eigentumspalast in der schicken Reihenpalastsiedlung am Rande Zürichs, und eilt zum Heliport.
Kurz erklärt: Schweiz
Die Schweiz ist zugleich Ort bundesdeutscher Sehnsüchte (stabiler Nicht-Euro) und der Verachtung (alpine Hobbits, die von Schwarzgeld leben, Vignetten-Raubritter). Immer wieder sendet sie ihre merkwürdigsten Söhne und Töchter nach Norden ins Reich (schwyzerdütsch: «nach Schwaben»), um uns zu demoralisieren und sich für die deutsche Geringschätzung zu rächen («Wärr hatz erfundänn, häää?»): Josef Ackermann, Sepp Blatter, Paola und Kurt Felix. Dabei ist die Schweiz das einzige Land in direkter Nachbarschaft, das wir noch nie überfallen haben – da wäre etwas mehr Dankbarkeit (Daten-CDs) durchaus angebracht.
70. WOLFGANG KUBICKI
Möllemann Reloaded
Ein regnerischer Vormittag in einer Kieler Villengegend. Wolfgang Kubicki tippt fünfzehn Buchstaben in das Suchfenster von Google ein, sie lauten wolfgang kubicki. Minuten später hat die Einhundert-Kilobits-per-Second-Downloadrate im fernen Osten Schleswig-Holsteins ganze Arbeit geleistet: «650
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