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Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho

Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho

Titel: Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Überraschung fest, dass es dunkel war und wir immer noch segelten. Segelten diese Menschen auch bei Nacht? Die alten Ägypter waren bekannt dafür, dass sie ihre Schiffe in der Abenddämmerung vertäuten, das wusste ich aus eigener Erfahrung. Der Nil war auch so heimtückisch genug, man brauchte das Problem nicht zusätzlich durch mangelnde Sicht zu verschärfen. Doch die Ägypter besaßen auch keine solchen Schiffe.
    Hinter meinen Schultern und meinem Rücken machte sich Geschäftigkeit bemerkbar. Die Seeleute hasteten über das Deck, Befehle wurden gerufen - Segel reffen, Schlagzahl verdoppeln, danach, wie vorherzusehen, Anker werfen.
    Sterne sprenkelten das Schwarz der Nacht. Die Temperatur war deutlich zurückgegangen, inzwischen war mir kalt. Die Fesseln, die man mir angelegt hatte, wärmten beinahe. Ich lag bibbernd da, während die Männer hin und her eilten. Das Klatschen eines zu Wasser gelassenen Kahns schreckte mich auf. Nur wenige Sekunden später wurde ich auf eine weitere Männerschulter gewuchtet und die nächste Strickleiter hinuntergetragen. Ich machte lieber die Augen zu. Was als Aufstieg bei Tage schon reichlich Nerven gekostet hatte, bereitete mir als Abstieg bei Nacht auf der Schulter eines Seemannes, dessen Alkoholfahne sich aufs Unvorteilhafteste mit seinem Fischgeruch vermengte, Todesangst.
    Stehend segelten sie das kleine Beiboot in den Hafen. Konsequenterweise war mein erster Blick auf die Stadt ein auf dem Kopf stehendes Bild zwischen zwei haarigen Knien hindurch. Lichter tupften die Hügel, wodurch die Szenerie zweidimensional wirkte wie die gemalte Kulisse eines Theaterstücks. Wieder sammelte sich das Blut in meinem Hirn, bis mein Kopf im Takt zu seinen Bewegungen pochte. Die Kombination von dröhnendem Schädel, seiner knochigen Schulter in meiner Magengrube und dem Wissen, dass ich mich kopfunter auf einem kleinen Boot auf dem kabbeligen Meer befand, bewirkte, dass mir wirklich schlecht wurde.
    Gerade als mir der widerwärtige Geschmack warmer Magensäure in den Mund schoss, legten wir, rums, an. Fürsorglich wie ein Sack Kartoffeln wurde ich weitergereicht. Wie durch Watte hörte ich, wie die herumstehenden Matrosen und Kaufleute die Männer beglückwünschten, die mich gefangen hatten. Als ich hinten auf einen Karren geladen wurde, klingelten mir immer noch die Ohren. Das Haar hing mir schon wieder ins Gesicht, und der Geschmack der Magensäure hatte meinen Knebel durchtränkt. Ich lag auf der Seite, ohne dass ich mich irgendwie hochziehen konnte. Der Karren rumpelte langsam los, über ausgewaschene Feldwege hinweg. Katzen, was bei unserem Fischgeruch wenig überraschte, schlichen uns nach und schlugen mit den Pfoten nach meinen über die Karrenwand baumelnden Haaren.
    Ein Karren. Denk nach, Chloe, vielleicht kommst du ja drauf, wo du bist. Wieso zum Teufel sollte das eine Rolle spielen?, nölte ich vor mich hin. Cheftu ist nicht da, wenigstens noch nicht, und ich stecke in meinem eigenen Körper, ohne irgendeinen geistigen Fremdenführer für diese Gegend. Und damit nicht genug, man hat mich auch für irgendein Opfer ausersehen.
    Das Wort Sühne ließ mich einfach nicht los. Ich hatte zu viele Sommerferien in der Bibelschule verbracht, um nicht nervös zu werden. Sühnen musste man für etwas, das man falsch gemacht hatte, und man tat es in dem Versuch, wieder in Gnade aufgenommen zu werden.
    Trotz alledem fiel mir auf, dass ich hinten in einem dem Streitwagen ähnlichen Zweimannkarren lag. Ich konnte nicht feststellen, wie viele Pferde uns zogen, ich konnte sie nicht sehen. Doch irgendwie passte alles zusammen. Männer in Kleidern, Sandalen, Götter und Streitwagen.
    Ich war wieder im Altertum.
    Ganz bestimmt war Cheftu irgendwo in der Nähe. Ganz bestimmt. Ich musste nur die Augen aufhalten -
    Das Gefährt bremste so unvermittelt, dass ich in den Dreck hinunterkugelte. Ich spürte, wie ich mein Gesicht und meine Schulter aufschürfte. Am liebsten hätte ich losgeheult; ich war noch keine vierundzwanzig Stunden hier, und schon bekam ich die ersten Verletzungen ab. Ganz zu schweigen davon, dass ich müde, hungrig und durcheinander war.
    Der nächste Kerl warf mich über die Schulter - allmählich begann meinem Magen diese Behandlung ernsthaft aufzustoßen - und trug mich von dem Karren weg in ein Gebäude. Plötzlich änderte sich der Untergrund, genau wie das Licht, der Geruch und die Geräusche. Er ließ mich fallen, wobei ich so laut mit dem Schädel auf den Boden knallte, dass

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