Franka
an den alten Brauch halten. Gute Nacht.«
Um acht Uhr bin ich schon fertig geduscht und trinke einen Espresso, als Knut in der Küche erscheint und mir einen Kuss gibt. Am liebsten würde ich ihn mit aller Kraft von mir wegstoßen und ihn anbrüllen, aber ich setze mein Pokerface auf.
»Aufgeregt, Liebling?«
»Ein wenig. Und du?«
»Ich kann es kaum erwarten.«
»Es bleibt doch dabei? Du besorgst den Brautstrauß und holst danach deine Eltern ab. Tine und Jette kommen um neun und helfen mir mit den Haaren. Wir treffen uns dann direkt vor dem Standesamt.«
»Genau, wie wir es besprochen haben.«
»Hast du die Ringe?«
»Hab ich. Bis später, Liebling.«
Ja, genau. Auf nimmer Wiedersehen, du Schuft. Als sein Wagen die Auffahrt verlässt, packe ich erst meinen und dann seine Koffer. Meine Haushaltshilfe bekommt eine SMS mit dem Hinweis, dass sie bis auf Weiteres bezahlten Urlaub hat. Danach rufe ich in der Firma an und sage, dass ich für die nächsten Wochen verreist und für niemanden zu sprechen bin.
»Sollte Herr Carstensen auftauchen, so rufen Sie sofort die Polizei. Er hat ab sofort Hausverbot.«
Punkt neun Uhr bekommt meine Haustür einen neuen Schließzylinder. Um 9.15 Uhr sitze ich in meinem Wagen und mache mich auf den Weg zur Autobahn. Ich wähle die A7 in Richtung Süden. Tegernsee, Bodensee oder Lago Maggiore? In Höhe Hannover stelle ich mein Handy aus. Ich weiß genau, wer der Anrufer ist, der mich seit elf Uhr bereits acht Mal angerufen hat. Als ich in Kassel die Tankstelle anfahre, melde ich mich bei Tine.
»Ja, seine Koffer sind weg. Er scheint verstanden zu haben. Wohin geht die Reise?«
»Italien. Ich brauche Sonne.«
Späte Erkenntnisse
Gibt es etwas Schlimmeres als die Erkenntnis, einem Menschen auf den Leim gegangen zu sein, dem man blind vertraut hat. Knut Carstensen hat mich schon einmal durch die Hölle geschickt, als ich von seiner Affäre erfuhr. Aber das, was er nun mit mir vorhatte, schlägt dem Fass den Boden aus.
»Schuft, Lump, Heuchler, Lügner, Betrüger, elendiger Heiratsschwindler. Wie kann man nur so durchtrieben sein?« Aber was war ich? Dumm, gutgläubig und blind, weil der Gedanke, endlich Mutter zu werden mich völlig berauscht hat. Diese Idee kann ich erst einmal begraben. Von Männern habe ich die Nase voll. Gestrichen voll! Werde ich jemals wieder vertrauen können? Was hat dieser Kerl mir nur angetan? Ich bade in Selbstmitleid und heule mir seit Tagen die Augen aus dem Kopf. Kein Problem. Hier am Garda See kennt mich niemand und es wird mich auch kaum jemand kennenlernen, denn ich verbringe die meiste Zeit auf meinem Zimmer. Den Kontakt zur Außenwelt halte telefonisch. Täglich telefoniere ich mit Jette, Tine und der Firma. Mittlerweile hat sich Knuts Dauerbombardement bei meinen Freundinnen auf zwei Anrufe täglich reduziert. Sie wissen nicht, wo ich mich aufhalte, lügen sie für mich und er soll doch bitte aufhören, ihnen ständig die gleichen Fragen zu stellen. »Franka wird schon ihre Gründe haben«, hat Tine ihm geantwortet und Jette meinte »Sie ist dir rechtzeitig auf die Schliche gekommen. Das sollte doch wohl als Antwort genügen.«
Ich kann mich nicht auf Dauer verkriechen. Einige meiner Kunden werden bereits ungeduldig.
Es ist Anfang Mai und Hamburg erstrahlt im jungen Grün der Bäume, die auch meine Wohnstraße säumen. Mein japanischer Garten steht in voller Blüte und ich öffne das erste Mal mit dem neuen Schlüssel meine Haustür. Der Briefkasten quillt fast über. Die meisten Briefe sind von Knut. Der Anrufbeantworter zeigt zwanzig aufgezeichnete Nachrichten. Mehr passen nicht drauf. Vermutlich sind sie auch alle von ihm. Ich öffne das große Schiebefenster zum Garten und lasse frische Luft ins Haus. Bis auf ein Glas Oliven und ein Stück verschimmelter Parmesankäse befindet sich nichts im Kühlschrank. Jette hat angeboten, für mich zu kochen. Und sollte mir nicht der Sinn nach Pasta stehen, würde sie mich auch zu Leo in unsere Stammkneipe begleiten. Aber nach der langen Autofahrt steht mir weder der Sinn nach dem einen noch nach dem anderen Vorschlag. Ich bestelle mir eine Pizza und eine Flasche Rotwein beim Lieferservice. Danach melde ich mich bei Milena und sage ihr, dass ihre Dienste ab morgen wieder benötigt werden.
»Bitte kommen Sie schon gegen acht Uhr, dann kann ich Ihnen gleich den neuen Schlüssel geben. Alles Weitere besprechen wir morgen früh.
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