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Franz Sternbalds Wanderungen

Franz Sternbalds Wanderungen

Titel: Franz Sternbalds Wanderungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Tieck
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Glücke festgeschmiedet: wie wenn ich in Meeresstille vor Anker läge, und nun sähe, wie Mast und Segel vom Schiffe heruntergeschlagen würden, um mich hier, nur hier ewig festzuhalten.
    ›Oh, süße Reiselust!‹ sagte ich zu mir selber, ›geheimnisreiche Ferne, ich werde nun von euch Abschied nehmen und eine Heimat dafür besitzen! Lockt mich nicht mehr weit weg, denn alle eure Töne sind vergeblich, ihr ziehenden Vögel, du Schwalbe mit deinen lieblichen Gesängen, du Lerche mit deinen Reiseliedern! Keine Städte, keine Dörfer werden mir mehr mit ihren glänzenden Fenstern entgegenblicken, und ich werde nun nicht mehr denken: Welche weibliche Gestalt steht dort hinter den Vorhängen, und sieht mir den Berg herauf entgegen? Bei keinem fremden liebreizenden Gesichte darf mir nun mehr einfallen: Wir werden bekannter miteinander werden, dieser Busen wird vielleicht am meinigen ruhn, diese Lippen werden vielleicht mit meinen Küssen vertraut sein.‹
    Mein Gemüt ward hin- und zurückgezogen, häusliche Heimat, rätselhafte Fremde; ich stand in der Mitte, und wußte nicht, wohin. Ich wünschte, die Gräfin möchte mich weniger lieben, ein anderer möchte mich aus ihrer Gunst verdrängen, dann hätte ich sie zürnend und verzweifelt verlassen, um wieder umherzustreifen, und in den Bergen, im Talschatten, den frischen, lebendigen Geist wiederzusuchen, der mich verlassen hatte. Aber sie hing an mir mit allem Feuer der ersten Liebe, sie zählte die Minuten, die ich nicht bei ihr zugebracht: sie haderte mit meiner Kälte. Noch nie war ich so geliebt, und die Fülle meines Glücks übertäubte mich. Sehnsüchtig sah ich jedem Wandersmann nach, der auf der Landstraße vorüberzog; ›wie wohl ist dir‹, sagte ich, ›daß du dein ungewisses Glück noch suchst! ich habe es gefunden!‹
    Ich ritt aus, um mich zu sammeln. Ich hielt mir in der Einsamkeit meinen Undank vor. ›Was willst du in der Welt als Liebe?‹ so redete ich mich selber an; ›siehe, sie ist dir geworden, sei zufrieden, begnüge dich, du kannst nicht mehr erobern: was du in einsamen Abenden mit aller Sehnsucht des Herzens erwünschtest, wonach du in Wäldern jagtest, was die Bergströme dir entgegensangen, dies unnennbare Glück ist dir geworden, ist wirklich dein, die Seele, die du weit umher gesucht, ist dir entgegengekommen.‹
    Wie kam es, daß die Dörfer mit ihren kleinen Häusern so seltsamlich vor mir lagen? daß mir jede Heimat zu enge und beschränkt dünkte? Das Abendrot schien in die Welt hinein, da ritt ich vor einem niedrigen Bauernhause vorbei, auf dem Hofe stand ein Brunnen, davor war ein Mägdlein, das sich bückte, den schweren gefüllten Eimer heraufzuziehen. Sie sah zu mir herauf, indem ich stillhielt, der Abendschein lag auf ihren Wangen, ein knappes Mieder schloß sich traulich um den schönen vollen Busen, dessen genaue Umrisse sich nicht verbergen ließen. ›Wer ist sie?‹ sagte ich zu mir, ›warum hat sie dich betrachtet?‹ Ich grüßte, sie dankte und lächelte. Ich ritt fort, und rettete mich in die Dämmerung des Waldes hinein: mein Herz klopfte, als wenn ich dem Tode entgegenginge, als mir die Lichter aus dem Schlosse entgegenglänzten. ›Sie wartet auf dich‹, sagte ich zu mir, ›freundlich hat sie das Abendessen bereitet, sie sorgt, daß du müde bist, sie trocknet dir die Stirn. Nein, ich liebe sie‹, rief ich aus, ›wie sie mich liebt.‹
    In der Nacht tönte der Lauf der Bergquellen in mein Ohr, die Winde rauschten durch die Bäume, der Mond stieg herauf und ging wieder unter: alles, die ganze Natur in freier, willkürlicher Bewegung, nur ich war gefesselt. Die Sonne war noch nicht aufgegangen, als ich wieder durch das Dorf ritt, es traf sich, daß das Mädchen wieder am Brunnen stand: ich war meiner nicht mehr mächtig. Ich stieg vom Pferde, sie war ganz allein, sie antwortete so freundlich auf alle meine Fragen, ich war in meinem Leben zum erstenmal mit einem Weibe verlegen, ich machte mir Vorwürfe, ich wußte nicht, was ich sprach. Neben der Tür des Hauses war eine dichte Laube, wir setzten uns nieder; die schönsten blauen Augen sahen mich an, ich konnte den frischen Lippen nicht widerstehen, die zum Kuß einluden, sie war nicht strenge gegen mich, ich vergaß die Stunde. Nachdenkend ritt ich zurück, ich wußte nun bestimmt, daß ich in dieser Einschränkung, in der Ehe mit der schönen Gräfin nicht glücklich sein würde. Ich hatte es sonst oft belacht, daß man mit dem gewechselten Ringe die Freiheit

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