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Franz Sternbalds Wanderungen

Franz Sternbalds Wanderungen

Titel: Franz Sternbalds Wanderungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Tieck
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fortschenkte, jetzt erst verstand ich den Sinn dieser Redensart. Ich vermied die Gräfin, ihre Schönheit lockte mich wieder an, ich verachtete mich, daß ich zu keinem Entschlusse kommen konnte. Der Hochzeitstag war indes ganz nahe herangerückt, meine Braut machte alle Anstalten, ich hörte immer schon von den künftigen Einrichtungen sprechen; mein Herz schlug mir bei jedem Worte.
    Man erzählt, daß man vor dem letzten Unglück des Markus Antonius wunderbare Töne wie von Instrumenten gehört habe, wodurch sein Schutzgott Herkules von ihm Abschied genommen: so hört ich in jedem Lerchengesange, in jedem Klang einer Trompete, jeglichen Instruments das Glück, das mir seinen Abschied wehmütig zurief. Immer lag mir die gründämmernde Laube im Sinne, das blaue Auge, der volle Busen. Ich war entschlossen. ›Nein, Ludovico‹, rief ich aus, ›ich will dir nicht untreu werden, du sollst mich nicht als Sklav wiederfinden, nachdem du mich von der ersten Kette losgemacht hast. Soll ich ein Ehemann werden, weil ich liebte? Seltsame Folge!‹
    Ich nahm Abschied von ihr, ich versteckte mich in die Kleidung eines Mönchs, so streifte ich umher, und so traf ich auf jenen Bildhauer Bolz, der eben aus Italien zurückkam.
    Ich glaubte in ihm einige Züge von meinem Freunde anzutreffen, und entdeckte ihm meine seltsame Leidenschaft. Er ward mein Begleiter. Wie genau lernte ich nun Laube, Haus und Garten meiner Geliebten kennen! Wie oft saßen wir da in den Nachtstunden Arm in Arm geschlungen, indem uns der Vollmond ins Gesicht schien! In der Kleidung eines gemeinen Bauern machte ich auch mit den Eltern Bekanntschaft, und schmeckte nun nach langer Zeit wieder die Süßigkeiten meiner sonstigen Lebensweise.
    Dann brach ich plötzlich wieder auf; nicht weit von hier wohnt ein schönes Mädchen, die die Eltern dem Kloster bestimmt haben, sie beweint ihr Schicksal. Ich war bereit, sie in dieser Nacht zu entführen; ich vertraute dem Gefährten meinen Plan, dieser Tückische, der sie anbetet, lockt mich hierher in den dichten Wald, und versetzt mir heimlich diese Wunde. Darauf verließ er mich schnell. Seht, das ist meine Geschichte.
    Unaufhörlich schwebt das Bild der Gräfin nun vor meinen Augen. Soll ich sie lassen? kann ich sie wiederfinden? soll ich einem Wesen mein ganzes Leben opfern?«
    Franz sagte: »Eure Geschichte ist seltsam, die Liebe heilt Euch vielleicht einmal, daß Ihr Euch in der Beschränkung durchaus glücklich fühlt, denn noch habt Ihr die Liebe nicht gekannt.«
    »Du bist zu voreilig, mein Freund«, sagte Florestan, »nicht alle Menschen sind wie du, und genau genommen, weißt du auch noch nicht einmal, wie du beschaffen bist.«
    Der Einsiedler kam, um nach der Wunde des Ritters zu sehn, die sich sehr gebessert hatte.
    Franz Sternbald suchte den Ritter wieder auf, nachdem Florestan ihn verlassen hatte, und sagte: »Ihr seid vorher gegen meinen Freund so willfährig gewesen, daß Ihr mich dreist gemacht habt, Euch um die Geschichte jenes alten Mannes zu bitten, dessen Ihr an dem Morgen erwähntet, als wir uns hinter Straßburg trafen.«
    »So viel ich mich erinnern kann«, sagte der Ritter, »will ich Euch erzählen. – Auf einer meiner einsamen Wanderungen kam ich in ein Gehölz, das mich bald zu zwei einsamen Felsen führte, die sich wie zwei Tore gegenüberstanden. Ich bewunderte die seltsame Symmetrie der Natur, als ich auf einen schönen Baumgang aufmerksam wurde, der sich hinter den Felsen eröffnete. Ich ging hindurch, und fand einen weiten Platz, durch den die Allee von Bäumen gezogen war, ein schöner heller Bach floß auf der Seite, Nachtigallen sangen, und eine schöne Ruhe lud mich ein, mich niederzusetzen und auf das Plätschern einer Fontäne zu hören, die aus dichtem Gebüsche herausplauderte.
    Ich saß eine Weile, als mich der liebliche Ton einer Harfe aufmerksam machte, und als ich mich umsah, ward ich die Büste Ariosts gewahr, die über einem kleinen Altar erhaben stand, unter dieser spielte ein schöner Jüngling auf dem Instrumente.« –
    Hier wurde die Erzählung des Ritters durch einen sonderbaren Vorfall unterbrochen.

Viertes Buch
Erstes Kapitel
    In der Klause entstand ein Geräusch und Gezänk, gleich darauf sah man den Eremiten und Pilgrim beide erhitzt heraustreten, aus dem Walde kam ein großer ansehnlicher Mann, auf den Roderigo sogleich hinzueilte, und ihn in seine Arme schloß. »Oh, mein Ludovico!« rief er aus, »bist du wieder da? Wie kömmst du hierher? geht es dir wohl?

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