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Franziskus, der neue Papst (German Edition)

Franziskus, der neue Papst (German Edition)

Titel: Franziskus, der neue Papst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Biallowons
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1963 mit Joseph Ratzinger in Kontakt, hatte nach dessen Rücktritt der »Zeit« erklärt: »Benedikt XVI. ist überhaupt kein Machtmensch. Natürlich muss jeder, der ein Amt hat, auch mal Macht ausüben. Aber das ist weder sein Anliegen noch seine Stärke.«
    Nun ist Desinteresse an Macht nicht per se verkehrt. Schwierig wird es nur dann, wenn eine Person, die nicht an Macht interessiert ist, genau diese erhält. Und Oberhaupt von mehr als einer Milliarde Menschen zu sein, ist eine besonders große Macht. Nachdem Benedikt XVI. diese Macht mehr oder weniger gegen seinen Willen übertragen bekommen hatte, hat er versucht, sie auf seine Weise auszuüben. Er wollte zum Beispiel eine neue Kollegialität mit den Bischöfen und Kardinälen einführen und damit eine der Grundforderungen des Zweiten Vatikanischen Konzils einlösen. Nur wollten das einige Bischöfe und Kardinäle nicht. Die Skandale um die Vatikanbank, die Kommunikationsdesaster wie im Fall des Piusbruders und Holocaust-Leugners Richard Williamson, die Intrigen beim Übernahmekampf um das italienische Krankenhaus San Raffaele und natürlich der Vatileaks-Skandal haben bewiesen, dass Benedikts Demut und Desinteresse an Macht menschlich bewundernswert sein mag, administrativ indes problematisch war. Benedikt XVI. hat das Steuer der Kirche tatsächlich »in milder Festigkeit«, wie er einmal sagte, gehalten. Der Heilige Vater hat gewissermaßen die »Ent-Weltlichung«, die er seinen deutschen Landsmännern bei seinem letzten Besuch als Papst ins Stammbuch geschrieben hatte, im Apostolischen Palast selbst vorgelebt. »Ent-Weltlichung« meint, dass die Kirche in der Welt nur wirken könne, wenn sie nicht von der Welt wäre. Heruntergebrochen auf den Vatikan heißt das, dass Benedikt XVI. nicht von der Welt des vatikanischen Hofstaates war. Das Problem: Er war nicht nur nicht von dieser Welt der Vatikanadministration, sondern auch nicht in dieser Welt. Er, der mehr als ein Drittel seines Lebens am Heiligen Stuhl verbracht hat, sah die Fallstricke entweder nicht ausgelegt oder er wollte nicht darüberspringen. Und in manchen Fällen wäre etwas weniger Milde und mehr Festigkeit sinnvoller gewesen. Der einfache Arbeiter im Weinberg des Herrn hat sich um die Reben gekümmert, manchen Wildwuchs jedoch einfach wachsen lassen.
    Die Abneigung gegen patriarchale und kuriale Kraftmeierei hat für Benedikt XVI. persönliche Gründe, sie entspricht einfach nicht seinem Charakter. Es wäre daher falsch, seine Zurückhaltung auf geringes Interesse oder gar Desinteresse an der Welt und den Menschen zurückzuführen. Benedikt XVI. hat während seines Pontifikats und bereits zuvor in seiner Zeit als Professor und Präfekt zu nahezu allen Bereichen des Lebens Stellung bezogen. Nicht nur zu Ethik oder Theologie. Der angeblich so unpolitische Papst hat zum Beispiel unzählige Aufsätze oder Predigten über Europa verfasst. Man geht nicht zu weit, Johannes Paul II. einen »Welt-Papst« und Benedikt XVI. einen »Europa-Papst« zu nennen. So verriet er bei seiner ersten Generalaudienz nach seiner Wahl am 27. April die Motive für seine Entscheidung, sich Benedikt zu nennen: »Der Name Benedikt erinnert auch an die herausragende Gestalt des großen ›Patriarchen des abendländischen Mönchtums‹, an den heiligen Benedikt von Nursia, der zusammen mit den Heiligen Cyrill und Methodius Patron von Europa ist. Die zunehmende Ausbreitung des von ihm gegründeten Benediktinerordens hatte großen Einfluss auf die Verbreitung des Christentums in ganz Europa. Deshalb wird der heilige Benedikt in Deutschland und besonders in Bayern, meinem Geburtsland, sehr verehrt; er ist ein grundlegender Bezugspunkt für die Einheit Europas und ein nachdrücklicher Hinweis auf die unverzichtbaren christlichen Wurzeln der europäischen Kultur und Zivilisation.« Diese Worte sind ein klares und starkes Bekenntnis zum europäischen Kontinent und zur europäischen Kultur. Bereits in seinem Buch »Werte in Zeiten des Umbruchs«, übrigens sein letztes als Kardinal, hatte Ratzinger deutlich erklärt: »Die gläubigen Christen sollten sich als eine solche schöpferische Minderheit verstehen und dazu beitragen, dass Europa das Beste seines Erbes neu gewinnt und damit der ganzen Menschheit dient.« Indem er sich dann nach seiner Wahl bewusst in die Nachfolge Benedikts von Nursia stellte, indem er in die Fußstapfen des großen Abtes von Monte Cassino und offiziellen Patron Europas trat, hatte der deutsche Papst

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