Franziskus - Zeichen der Hoffnung: Das Erbe Benedikts XVI. und die Schicksalswahl des neuen Papstes (German Edition)
Mercedes Benz Papst Benedikt XVI. nur wenige Tage vor dessen Rücktritt ein nagelneues Papamobil geschenkt, inklusive eines absolut kugelsicheren Glaskastens, der perfekt klimatisiert ist. Das Auto ist ein Wunderwerk der Technik, auch wenn das Papamobil auf den ersten Blick schlicht wirkt. Wegen des tonnenschweren Panzerglasaufbaus ist an dem Fahrzeug alles eine Sonderanfertigung: Spezialreifen, abgestimmtes Automatikgetriebe, individuell konfigurierter Motor. Doch Papst Franziskus sitzt nicht in dem schicken brandneuen Modell. Er hat die Vor-Vor-Vorgänger-Version des Papamobils ausgesucht. Das stand jahrelang ungenutzt in der Garage des Papstes, weil es über keine Sicherheitsverglasung verfügt. Statt den Menschen wie in einem Aquarium durch Glas getrennt zu begegnen, steht Papst Franziskus auf diesem alten Papamobil völlig ungeschützt an ein schlichtes, weißes Stahlrohr gelehnt hinter dem Fahrer. Es ist ein Albtraum für die Sicherheitsleute. Ein Attentäter wie Mehmed Ali Ag˘ca hätte auch 32 Jahre nach dem Anschlag auf Johannes Paul II . wohl kein Problem, einen sich so arglos und ungeschützt präsentierenden Papst niederzuschießen. Doch es geht Franziskus nicht darum, sein Leben zu schützen, es geht ihm darum, die Menschen auf dem Petersplatz zu grüßen, mit ihnen zu sprechen, Kinder zu segnen, auch wenn das lebensgefährlich ist.
Die Kirche Jorge Mario Bergoglios ist aber nicht nur eine Kirche, die an die Seite der Armen, der Häftlinge, der Ausgeschlossenen zurückkehrt, sondern auch an die Seite der Arbeiter. Karol Wojtyła hatte die katholische Kirche ganz nah an die Arbeiter herangeführt und den Kampf der streikenden Werftarbeiter der Solidarno ść in Polen unterstützt. Papst Franziskus prangerte schon 1992 vor der Lateinamerikanischen Bischofskonferenz in Santo Domingo an: »Es sind die ungerechten ökonomischen Strukturen, die Ungleichheit und eine extreme Armut schaffen.« Die Priester der Theologie der Befreiung haben das genauso gesehen. Vor Streikenden forderte Bergoglio im Jahr 2001 Gerechtigkeit ein für die »Armen, die auch noch verfolgt werden, weil sie ihr Recht auf Arbeit einklagen«.
Mit den ultrakonservativen Gruppen der Kirche hat Bergoglio nichts zu tun. Er kennt zwar die Bewegung der »Brüderschaft Pius X.«, die Anhänger von Marcel Lefebvre, auch den Holocaust-Leugner Bischof Richard Williamson, der in Argentinien ein Seminar leitete und dessen Rehabilitierung durch Papst Benedikt XVI. einer der größten Skandale des Pontifikates des Deutschen war. Aber Bergoglio stellte immer klar, dass er mit den Pius-Brüdern nichts zu tun haben wollte. Der Versuch des Joseph Ratzinger, die Lefebvrianer wieder in die Kirche zurückzuholen, dürfte mit der Wahl Bergoglios gescheitert sein. Auch eine andere Gruppe Ultrakonservativer hat Bergoglio bekämpft: Priester, die sich weigern, Kinder unverheirateter Mütter zu taufen. Er rief sie zur Ordnung und gemahnte sie daran, dass alle Kinder von Gott geliebt würden.
Unter Papst Franziskus scheint auch eine revolutionäre Wende der Situation von Geschiedenen möglich, die wieder heiraten wollen: Bisher sind sie von den Sakramenten ausgeschlossen. Papst Benedikt XVI. hat noch kurz vor seinem Rücktritt klargestellt, dass das auch für die Beichte gelte. Damit behandelt die katholische Kirche einen Menschen, der sich von seinem Ehepartner trennt und wieder heiratet, schlechter als einen Mörder. Ein Mörder kann von einem Priester die Absolution, die Vergebung der Sünden, erlangen und danach wieder an den Sakramenten wie der Kommunion teilnehmen. Eine Frau, die sich freundschaftlich von ihrem Mann trennt und dann wieder heiratet, kann das nicht. Viele der rund 5000 Bischöfe auf der Welt empfinden das als einen Skandal. Papst Franziskus könnte hier ein Zeichen der Hoffnung setzen.
Die revolutionäre Botschaft, die Franziskus in den Vatikan getragen hat, lautet, dass es keiner hohen Theologie bedarf, um zu zeigen, was Gott den Menschen sagen will: Seid barmherzig, schützt die Schwachen, die Kinder, die Kranken, liebt die Menschen so, wie Gott die Menschen liebt, stiftet Frieden, und hört nie auf, euch nach Gerechtigkeit zu sehnen.
Doch bevor ihr Gott um Hilfe bittet: Krempelt eure eigenen Ärmel hoch und macht die Welt besser!
BILDTEIL
1 Papst Franziskus grüßt nach seiner Wahl am 13. März 2013 vom Balkon des Petersdoms. Der 266. Papst ist der erste Nicht-Europäer und der erste Jesuit auf dem Thron Petri.
2 Als Papst Benedikt
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