Franziskus - Zeichen der Hoffnung: Das Erbe Benedikts XVI. und die Schicksalswahl des neuen Papstes (German Edition)
Montoneros. Dass Pater Franz Jalics aus Ungarn stammt, macht ihn noch zusätzlich verdächtig: Die Militärs halten ihn für einen Spion des sowjetischen Geheimdienstes KGB .
Nach ihrer Freilassung verbreiten die Patres natürlich, was sie gehört haben: Bergoglio habe sie denunziert. Sie wissen nicht, dass es eine Lüge ist und eine Lüge bleiben wird. Die juristischen Untersuchungen ergeben keine Anhaltspunkte für diesen Vorwurf. Eine der großen moralischen Autoritäten Argentiniens, der Bürgerrechtler und Friedensnobelpreisträger und Künstler Adolfo Pérez Esquivel, sagte über Bergoglio: »Es hat Bischöfe gegeben, die mit der Militärjunta unter einer Decke steckten. Jorge Mario Bergoglio war nicht darunter.« Der Bildhauer und Architekt Pérez Esquivel ist kein Katholik, er war 1977 selbst inhaftiert und 14 Monate lang gefoltert worden. Auch die Menschenrechtsaktivistin Graciela Fernández Meijide, Mitglied der Menschenrechtsorganisation APDH (Asamblea Permanente por los Derechos Humanos), die in der Zeit der Militärdiktatur Hunderte von Anzeigen gegen Verräter und Unterstützer der Militärjunta erhalten hat, erklärte: »Der Name Jorge Mario Bergoglio war nie dabei.«
Es gibt heute juristisch und historisch keinen Zweifel daran, dass Bergoglio unschuldig ist. Am 20. März 2013 wird Pater Franz Jalics in einer öffentlichen Erklärung bekräftigen, dass er nunmehr sicher wisse, dass Bergoglio mit seiner Verhaftung nicht das Geringste zu tun gehabt hat. Im Gegenteil: Bergoglio habe versucht, ihn und Yorio frei zu bekommen.
In seiner Zeit als Provinzial der Jesuiten hat sich Bergoglio immer vor seine Priester gestellt und sie stets in den Slums unterstützt. Dennoch: In der Politik, aber auch in der Kirche kommt es vor, dass Menschen mit Dreck beworfen werden, in der Hoffnung, dass irgendetwas hängen bleibt, und seien die Anschuldigungen auch noch so aus der Luft gegriffen. Immer wieder wird Bergoglio des Verrats an den beiden Priestern beschuldigt, immer wieder betont die Justiz, dass er unschuldig ist. Es gibt nicht den geringsten Beweis für seine Schuld.
Doch dieser Verdacht ist auch Ursache des größten Schmerzes im Leben des Jorge Mario Bergoglio. Obwohl ihn selbst seine Gegner in Argentinien verteidigen, gab es in Rom einen Mann, der Bergoglio nicht restlos glaubte, einen sehr wichtigen Mann, der fast selbst Papst geworden wäre: Die Rede ist von Carlo Maria Kardinal Martini, langjähriger Erzbischof von Mailand, der 2012 starb. Martini war Jesuit, ebenso wie Bergoglio, und er schätzte diesen ohne jeden Zweifel sehr. Der Mailänder Kardinal legte in seinen Schriften den Fokus immer wieder auf das Thema der sozialen Gerechtigkeit und lobte Bergoglio für seinen für Jesuiten so typischen Einsatz in Argentinien.
Vor dem Konklave 2005 galt Martini als Kandidat für den Thron des Papstes, doch er winkte ab, er litt unter der Parkinson-Krankheit. Er konnte und er wollte nicht mehr und schlug Bergoglio für das Amt des Papstes vor. Doch in diesem Vorschlag war auch ein furchtbarer Stachel verborgen. Kardinal Martini sagte, dass Bergoglios Rolle während der Zeit der Militärdiktatur »zweideutig« gewesen sei. Jetzt war es also wieder so weit. Der alte Vorwurf gegen Bergoglio, an dem definitiv nichts dran war und ist, traf ihn sehr. Aber dieses Mal aus dem Mund eines Mannes, den Bergoglio für einen engen Freund hielt. Während des Konklaves im Jahr 2005 bat Bergoglio die Kardinäle, von deren Stimmen er knapp 40 auf sich vereinen konnte, ihn nicht mehr zu wählen.
Doch im Konklave des März 2013 sitzt kein Carlo Maria Martini mehr, der Weg für Jorge Mario Bergoglio ist frei. Der Vorwurf wird aber auch den Amtsantritt von Papst Franziskus trüben. Wieder tauchen aus Argentinien angeblich neue Unterlagen zu den alten, längst entkräfteten Vorwürfen auf. Wenn die Ankläger wirklich etwas in der Hand hätten, würden sie vor Gericht ziehen, doch das tun sie nicht. Es ist einfach, zu erfahren, woher diese Anschuldigungen kommen, denn die Papstwahlen 1978 und 2013 gleichen sich in einem Punkt: Damals ist die Wahl Wojtyłas für den kommunistischen Machthaber Polens, Edward Gierek, eine Katastrophe, und heute ist es die Wahl Bergoglios für die argentinische Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner.
Die letzte große Schlacht: Bergoglio gegen Kirchner
Die Wahl von Carlos Menem am 14. Mai 1989 zum argentinischen Präsidenten änderte alles im Leben des Jorge Mario Bergoglio. Er wird eine
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