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Franzosenliebchen

Franzosenliebchen

Titel: Franzosenliebchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Zweyer
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Sorgen
machen.«
    »Warum
nicht?«
    »Hast du die
Reichstagsrede von Kanzler Cuno über die französische
Besetzung gelesen?«
    »Natürlich.«
Königsgruber stand wieder auf, kramte eine Zeitung aus einem
Papierstapel vom Sekretär und kehrte zu seinem Platz
zurück. Dort begann er, aus der Zeitung zu zitieren. Seine
Stimme war nicht mehr ganz deutlich. »Zur festesten Einigung
aller Schichten unseres Volkes, zu innigster Gemeinschaft mit dem
Staat, zur Weckung aller tiefen, offenen und verschütteten,
sittlichen und religiösen Kräfte ruft uns die
Stunde.« Mit lauter, pathetischer Stimme fuhr er fort:
»Unrecht, Not, Entbehrung - unser Schicksal heute. Recht,
Freiheit und Leben - das Ziel. Einigkeit - der Weg!«
Königsgruber fiel in seinen Sessel zurück und griff zu
seinem Glas.
    »Genau.«
Wieder spielte ein ironisches Lächeln um Trasses Mund.
»Und dann hat Cuno noch gesagt, dass die Reichsregierung
bereit sei, diesen Weg zu gehen und das Volk zu führen.
Weißt du, was das bedeutet?«
    »Selbstverständlich.
Das bedeutet … Eigentlich nicht.«
    »Ich will es dir
erklären. Du weißt, dass die Reichsregierung alle
Bürger in den besetzten Gebieten zum passiven Widerstand
aufgerufen hat?«
    Königsgruber
nickte heftig. »Wer dem Franzmann auch nur einen Finger
reicht, dem soll die Hand abfaulen!«, rief er aus.
    »Eben. Die
ersten Betriebe werden schon bestreikt. Es wird über kurz oder
lang zum Generalstreik im Rheinland und dem Ruhrgebiet
kommen.«
    »Woher
weißt du das?«
    »Ich habe so
meine Beziehungen. Im Finanzministerium in Berlin jedenfalls
rechnen sie schon kräftig.« Trasse hatte es in den
vergangenen Jahren verstanden, sich ein Netz von Kontakten bis in
die höchsten Stellen aufzubauen. Schon sein Vater hatte in
verantwortungsvoller Stellung als Beamter dem Staat gedient. Von
ihm hatte Wieland Trasse früh gelernt, dass Beziehungen
häufig besser Macht und Einfluss sicherten als Herkunft oder
Geld. Manchmal allerdings bedingte das eine auch das
andere.
    Das Gesichts
Königsgrubers drückte Unverständnis aus. »Was
hat das …«
    »Mit deinem
Kredit zu tun, willst du wissen? Warte einen Moment. Die Streiks
richten sich nicht gegen die deutschen Unternehmer, sondern gegen
die Franzosen und Belgier. Die Gewerkschaften können diesen
Streik nicht finanzieren. Ebenso wenig aber können die
Unternehmen ihren Arbeitern einfach den Lohn weiterzahlen. Dann
wären sie über kurz oder lang bankrott.«
    »Eher über
kurz.«
    »Richtig. Wenn
die Reichsregierung einen Generalstreik will, muss sie also
dafür sorgen, dass die Streikenden Geld bekommen. Sonst
fällt der Streik binnen kürzester Frist in sich zusammen.
Das heißt, dass der Staat die Streikgelder bezahlen muss.
Deswegen rechnen die Beamten in Berlin. Dummerweise aber ist
Deutschland faktisch pleite.«
    »Die uns in
Versailles auferlegten Reparationskosten!«, bekräftigte
Königsgruber.
    »Auch. Aber
nicht nur. Vier Jahre Krieg waren nicht gerade billig. Der Staat
wird, um die Streikgelder zahlen zu können, neues Geld drucken
müssen.«
    »Na und? Das
macht er doch jetzt auch schon.«
    »Leider. Bei
Kriegsausbruch war eine Papiermark noch tatsächlich eine
Goldmark wert. Im letzten Dezember betrug dieses rechnerische
Verhältnis bereits etwa eins zu eintausendsiebenhundert. Das
nennt man Inflation, mein Lieber. Und man muss kein Prophet sein,
sondern nur etwas von den volkswirtschaftlichen Zusammenhängen
verstehen, um zu erkennen, wohin diese Politik führt. Direkt
zum endgültigen Zusammenbruch unserer Währung. Verstehst
du jetzt, was ich meine?«
    »Ich glaube
schon.« Königsgruber griff erneut zum Glas. Seine
Züge waren vor Aufregung und vom Alkohol gerötet.
»Du meinst also, ich könnte meinen Kredit ohne
große Anstrengungen zurückzahlen?«
    »Wenn der
Vertrag keine Klausel enthält, dass der Kreditbetrag in
Goldmarkäquivalenten zu tilgen ist, ja. Die Reichsmark ist
bald das Papier nicht mehr wert, auf dem sie gedruckt ist. Das
kannst du mir glauben.«
    »Und wie viel
müsste ich noch aufbringen?«
    »Kann ich dir
nicht sagen. Vielleicht ein Tausendstel, vielleicht ein Millionstel
der ursprünglichen Summe? Wer weiß.«
    Königsgruber rieb
sich die Hände. »Das wäre meine Rettung. Allerdings
…«
    »Ja?«
    Der Fabrikant hob
theatralisch beide Hände, als wollte er einen imaginären
Feind abwehren, und antwortete klagend: »Schafenbrinck
vertreibt in seinem Kaufhaus auch Haushaltswaren aus Metall, so wie
ich sie produziere.

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