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Franzosenliebchen

Franzosenliebchen

Titel: Franzosenliebchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Zweyer
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Dummerweise bezieht er seine Produkte nicht von
mir, sondern von einem meiner Konkurrenten aus Hagen. Und in
Geschäftskreisen erzählt man sich, dass
Schafenbrinck demnächst auch hier in Recklinghausen wieder
eine Filiale eröffnen will. Der Einzelhandel, an den ich einen
Großteil meiner Produktion liefere, könnte bei seinen
Preisen vermutlich nicht mithalten und wird sicherlich auf den
Vertrieb meiner Waren verzichten. Dann käme der Hagener zum
Zuge und ich könnte einpacken.«
    »Es geht doch
nichts über Geschäfte unter guten Freunden.« Trasse
schien wirklich amüsiert.
    »Du hast gut
spotten. Aber mir geht es an den Kragen.«
    Nach kurzem Nachdenken
antwortete Trasse: »Was wäre es dir wert, wenn ich dir
dabei helfe, dieses Problem zu lösen?«
    »Du willst
Geld?«
    Trasse wehrte ab.
»Ach was. In diesen Zeiten haben nur Sachwerte
bestand.«
    Es dauerte einen
Moment, bis Königsgruber das Anliegen seines Freundes richtig
einordnen konnte. »Du willst einen Anteil an der
Firma?«
    Wieland Trasse
nickte.
    »Wie
viel?«
    »Dreißig
Prozent, wenn ich dir einen Weg zeige, wie du Schafenbrinck aus dem
Geschäft drängen kannst.«
    Königsgruber
wurde schlagartig nüchtern. Seine Gedanken überschlugen
sich. Sein Freund verfügte als Regierungsrat über
exzellente Kontakte, das wusste er. Trasse im Boot zu haben, konnte
für ihn vorteilhaft sein. Und wenn er ihm dann auch noch
Schafenbrinck aus dem Weg räumen würde … Sein
eigenes Unternehmen war faktisch pleite. Was hatte er zu verlieren?
Aber dreißig Prozent waren zu viel.
    »Einverstanden.
Du kannst mein Teilhaber werden. Ich biete dir fünfundzwanzig
Prozent. Nicht mehr.«
    Als Königsgruber
das Glitzern in den Augen seines Freundes bemerkte, wurde ihm klar,
dass Trasse auch mit weniger zufrieden gewesen wäre.
Ärgerlich über sich selbst setzte er hinzu: »Mit einer
Einschränkung. Du bekommst die Anteile erst dann, wenn
Schafenbrinck mit seinen Absichten gescheitert ist und sich die
Auftragslage meiner Firma stabilisiert
hat.«         
    »Einverstanden.«
    Königsgruber
streckte Trasse kurz entschlossen die Hand hin. Der schlug
ein.
    »Und jetzt
verrate mir, wie du Schafenbrinck dazu bewegen willst, auf die
Filiale in Recklinghausen zu verzichten.«
    »Das weiß
ich noch nicht«, antwortete Trasse. »Aber mir
fällt schon etwas ein.«

3
    Samstag, 27. Januar
1923
    Wilhelm Gleisberg
stürmte die drei Stufen hoch und riss, ohne anzuklopfen, die
Haustür auf. Nach zwei Schritten stand er in der Küche
und stieß dann aus: »Wir haben Agnes
gefunden.«
    Erna Treppmann fuhr
herum, einen Teller in der Hand. Die Frau suchte den Blick des
wesentlich jüngeren Mannes. Der stand schwer atmend im
Türrahmen, senkte den Kopf und schwieg.
    »Was ist mit
ihr?«, fragte sie. »Was ist mit meinem
Mädchen?«
    Gleisberg schluckte.
Seit frühester Kindheit ging er im Haus der Familie Treppmann
ein und aus, war mit Agnes zur Schule gegangen und hatte mit ihr am
Kanal und bei den Bahngleisen gespielt. Und jetzt musste gerade er
diese Nachricht überbringen.
    Erna Treppmann griff
mit der Linken zur Stuhllehne. »Nun sag
schon.«
    »Agnes ist
tot.«
    Der Porzellanteller
fiel zu Boden und zerbrach. Erna Treppmann wankte, drohte zu
fallen, hielt sich dann aber auch mit der anderen Hand am Stuhl
fest, zog sich näher Richtung Tisch und stützte sich
schließlich mit beiden Händen ab. »Wo?«,
fragte sie tonlos und fixierte Gleisberg, als ob sie die Antwort in
seinem Gesicht lesen könnte.
    »In der Ruine
kurz vor der Siedlung.«
    Sie nickte. »In
der Ruine also.«
    Im Gang waren Schritte
zu hören. Ein junges Mädchen drückte Wilhelm
Gleisberg zur Seite und rief mit tränenerstickter Stimme:
»Mama!«
    Lisbeth lief zu ihrer
Mutter und umarmte sie weinend. Langsam hob Erna Treppmann ihren
rechten Arm und legte ihn um ihre jüngste Tochter. Für
einige Minuten war nichts außer leisem Schluchzen zu
hören. Dann schob die ältere Frau ihre Tochter sanft von
sich, trocknete mit einem Zipfel ihrer Schürze die Tränen
der Siebzehnjährigen und sagte heiser: »Nimm Besen und
Kehrblech und räume die Scherben weg. Dann holst du Brot und
etwas frische Wurst. Die Männer haben die halbe Nacht gesucht.
Sie werden Hunger haben. Und setz Kaffee auf. Und du
…« Sie zeigte mit ihrem Finger auf Wilhelm Gleisberg.
»Du bringst mich jetzt zu meinem
Mädchen.«
    »Aber
…«
    Erna Treppmann legte
ihre Schürze ab und faltete sie sorgfältig zusammen.
»Nichts aber. Ich hole

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