Frau Schick macht blau
aufmunternd. »Er hat noch sehr schönes altes Küchenmobiliar für Sie. Von seiner Schwiegermutter. Alles in Eiche rustikal. Das hält ewig. Ich könnte es für Sie bunt anmalen.«
Nicht sonderlich getröstet legt Frau Schick einen Schritt zu, um Kubuleit nicht aus dem Blick zu verlieren. Vorbei an Kalles Sprenggrube, die Frau Schick einen Seufzer entlockt, geht es in immer dichteres Gestrüpp und über viel Morast auf den Waldsumpf zu. Bei Bloggers Baumdomizil ist Endstation.
Dr. Kubuleit geht am Tümpelsaum in die Knie. »Hm«, macht er. »Ein recht bemerkenswertes Feuchtwaldbiotop.«
Blogger nickt begeistert. »Im Wasser siedeln allein vier verschiedene Armleuchteralgen!«
Himmel, wer denkt sich nur solche Namen aus?
Kubuleit verlangt nach einem Käscher und fischt ausgiebig im braunen, blasigen Wasser herum. »Könnte sich tatsächlich um ein Habitat von Bufo viridis handeln«, murmelt er. Unter den gespannten Blicken aller Anwesenden wirbelt er mächtig Schlamm auf, findet aber leider keine Wechselkröten.
Kubuleit zückt ein Notizbuch. »Eine Verifizierung durch Fotomaterial, Video- und Tonaufnahmen der Wechselkröten ist unabdingbar. Im Frühjahr wird die Beurteilung dank Laichablagerungen sicher möglich sein.«
»Bis zum Frühjahr können wir keinesfalls warten«, empört sich Frau Schick.
»Die wollen morgen mit den Baggern loslegen«, ergänzt Frau Pracht. »Und die Baustellenzufahrt soll mitten durch den Sumpf gehen.«
Kubuleit klappt ungerührt das Notizbuch zu und gibt Blogger den Käscher zurück. »Sie können zusammenpacken«, sagt er. Ganz so, als sei es das gewesen.
»Die Caltha palustris stehen in vielen Bundesländern längst auf der roten Liste«, weist Blogger ihn mit hilfloser Geste auf einen prächtigen Sumpfdotterblumenhorst hin.
»Nicht in Nordrhein-Westfalen«, bescheidet Kubuleit knapp. »Nun, ich will sehen, was sich machen lässt.« Er sieht nicht aus, als sei das sonderlich viel. »Für zwei Wochen Baustopp kann ich sorgen, aber dann …« Er zuckt mit den Schultern.
»Oben auf meiner Plattform gibt es wirklich mehrere Mulmhöhlen«, verspricht Blogger verzweifelt und holt seine Kletterausrüstung hinter der Ulme hervor.
»Ich halte überhaupt nichts von Ihrem Hang zu Baumbesetzungen«, schimpft Kubuleit.
»Wir brauchen die Hamster«, raunt im Hintergrund Frau Schick der Walküre zu. »Sofort!«
»Die sind doch erst später dran«, flüstert die zurück.
»Später ist zu spät«, wispert Frau Schick. »Suchen Sie Popesch, er muss die Hamster hier in Stellung bringen! Herr Kubuleit scheint ein entschiedener Gegner von Leibesübungen und nicht schwindelfrei zu sein.«
Frau Pracht nickt und schlägt sich heroisch ins Gebüsch, während Frau Schick mit wildem Handgewedel Becky zu einem Vorstoß in Kubuleits Richtung auffordert.
»Ich hab da hinten in Bodennähe einen interessanten Käfer gesehen«, drängelt sich Becky neben Kubuleit, der mit zunehmend abweisendem Gesichtsausdruck Bloggers Ulme und die Kletterausrüstung betrachtet. »Einen Riesenbrummer mit Hörnern«, lenkt sie seine Aufmerksamkeit auf sich und zeigt – knapp über ihrem entzückend gefüllten Dekolleté – mit Daumen und Zeigefinger die beachtliche Größe des Insekts an. »Sie müssen mir unbedingt sagen, was das ist, Herr Doktor«, bittet sie mit einem Blick voll jugendlichem Forscherdrang und unverhohlener Bewunderung für Kubuleit. »Blogger sagt, Sie seien der Fachmann für Käferkunde.«
Das Häkelkleidchen macht wirklich eine Menge her, freut sich Frau Schick. Kubuleit zeigt eindeutige Anzeichen von Wohlgefallen, und Becky schnappt ihn dem verdutzten Blogger wie einen Koffer vom Gepäckkarussell vor der Nase weg. Sie zerrt den Doktor zu einer Eiche, die ihre besten Jahre hinter sich zu haben scheint. Krumm und bucklig wie eine alte Gewitterhexe aus längst vergangenen Jahrhunderten steht sie da, übersät von rostfarbenen Flechten und in Moospelz gehüllt.
Frau Schick folgt Becky voll Erwartungsfreude, Blogger mit skeptisch gerunzelten Brauen. Bei der Eiche angekommen, beugt Becky sich mit strategischem Kalkül über einer Eichenwurzel und unter Kubuleits Augen so gewagt vor, dass unmissverständlich klar wird, wo es für ihn etwas zu gucken gibt.
Manche Tricks kommen nie aus der Mode, freut sich Frau Schick. Mit dieser Kombination aus etwas Busenblitzen und großen Unschuldsaugen hat schon sie als junge Frau gearbeitet. Natürlich nicht, um Umweltschutz zu betreiben, sondern um heikle
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