Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Frau Schick macht blau

Frau Schick macht blau

Titel: Frau Schick macht blau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Jacobi
Vom Netzwerk:
Vergnügen‹, sagt der Professor immer. Schön nicht? Stammt von einem schottischen Dichter.«
    Viel lieber würde Frau Schick ein bisschen umherwandern, aber das kann sie sich nach ihrem gut markierten Schwächeanfall von vorhin noch nicht erlauben. Die Walküre schaut regelmäßig durchs Fenster, weil sie noch immer das Schlimmste befürchtet. Dabei hat Frau Schick diesmal auf ernsthafte Anzeichen einer Herzattacke verzichtet. Sie hat mit unklaren Symptomen gearbeitet. Nach einem Aufschrei ist sie taumelnd in den Knien eingeknickt, hat sich in Herrn Töllers Brustlatz gekrallt und krächzend an die Kehle gefasst.
    Schon beim ersten Taumeln ist die Walküre hochgegangen wie ein Knallfrosch und losgejagt, um ein Fläschchen Notfalltropfen aus ihrem Garten zu holen. Detlev hat Frau Schick derweil mit einer Plastikkehrschaufel Luft zugefächelt, Frau Pracht etwas von Rettungswagen nachgebrüllt und versucht, Frau Schick aufs Klappsofa zu hieven, um ihr dort eine stabile Seitenlage aufzuzwingen.
    Daraufhin hat Frau Schick sich zu einer Spontanheilung entschlossen und war nach drei Notfalltropfen von Frau Pracht fix wieder auf den Beinen. Sie wollte doch nicht mit Tatütata und Leuchtreklame aus ihren Gärten abtransportiert werden. Fast schämt sie sich ein bisschen, wenn sie an die besorgten Gesichter ihrer Retter denkt. Aber nur fast.
    Nach allem, was Frau Pracht über Herrn Engels’ Wald und Herr Töller über seinen Verein und das Verbot von Eseln gefaselt haben, waren Notwehrmaßnahmen völlig gerechtfertigt.
    Oh ja, nickt sie grimmig. Die beiden haben bemerkenswerte Probleme mit besitzanzeigenden Fürwörtern. Sollte der Weihnachtsmann ähnlich denken, dann kann er was erleben. Auf den ist Frau Schick besonders wütend, weil er ihr eine Menge verschwiegen haben muss.
    Sie will endlich ihre Gärten in Besitz nehmen und aufklären, was es mit dem angeblichen Herrn Professor auf sich hat! Stattdessen sitzt sie bei Frau Pracht fest und muss so tun, als sei sie malade und gebrechlich.
    Na ja, das ist immer noch besser, als sich von Herrn Töller über seine Erste-Hilfe-Pflichten als Vereinsvorsitzender belehren zu lassen. Detlev war zutiefst gekränkt, weil sie weitere Rettungsversuche in seinem Garten ausgeschlagen und eine Einladung in Frau Prachts Hängematte angenommen hat. Eben ist er losgetobt, um Herrn Engels eine nachträgliche Genehmigung für das abendliche Fest zu erteilen und ihr zu Ehren einen Akkordeonauftritt anzubieten. Er hat sogar nach ihren Musikwünschen gefragt und sah dabei erneut so rührend treuherzig wie Popesch und kein bisschen nach Feldmarschall und Napoleon aus.
    Egal, genug geschämt, entscheidet Frau Schick. Sie setzt sich in der Hängematte auf und beginnt ihre fällige Gartenbesichtigung bei Frau Pracht. So viel ist auch ohne Fernglas klar, die Liebe der Walküre gilt vor allem ihren Rosen, und die Rosen lieben sie ekstatisch zurück. In Büschen und auf Holzbögen blühen sie dem Herbst entgegen. Sie wachsen als Stachelsträucher, als wilde Hecken und als dornenlose Hochstämmchen in Terrakottatöpfen. Andere ranken sich an einem Sammelsurium von Baumarktgöttinnen in wallenden Gewändern empor. Ein Himmelsstürmer in Weiß klettert gar über das Dach von Frau Prachts Laube hinweg und ringt rechts daneben eine Sichtblende zu Detlevs Grundstück nieder. Das muss Clytemnestra sein.
    Dank ihrer Wuchsfreude gewährt Clytemnestra auch einen Einblick in Detlev Töllers Garten. Frau Schick greift zum Fernglas, stellt scharf und drückt es gegen ihre Brillengläser. Sie entdeckt sorgfältig gestutzte Johannis- und Stachelbeersträucher, dazu Erdbeerpflanzen und einen Rasen, der wie frisch gesaugt aussieht. Mitten darauf kümmert eine einsame Rose vor sich hin, für die der Beerenfreund kein Händchen zu haben scheint. Muss sich um Carolin Reiber handeln.
    Frau Schick holt die Rose mithilfe des Fernglases näher heran. Ganz geknickt sieht sie aus, dabei hat Detlev eine Phalanx aus Pflanzgittern und Stäben ins Gras gerammt, um sie zu stützen. Das schaut nach sehr verzweifelten Rettungsmaßnahmen für ein Pflänzchen aus, das – bei aller Liebe – nicht angehen will.
    Langsam tut Detlev Frau Schick leid; tief im Herzen ist er wohl tatsächlich ein zweiter Popesch. Sie nickt nachdenklich. Ja, das könnte hinkommen. So wie Pöhlwitzens Dorfschuster lebenslang vergeblich um die Liebesgunst der Schemutat geworben hat, scheint Detlev um Frau Pracht gebuhlt zu haben.
    »Und? Schon was Schönes

Weitere Kostenlose Bücher