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Frau Schick macht blau

Frau Schick macht blau

Titel: Frau Schick macht blau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Jacobi
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Pracht entsetzt und eilt mit reich gefülltem Tablett vor der Brust auf sie zu.
    »Papperlapp, an der frischen Luft wird mir nie schwindelig«, wehrt sich Frau Schick. »Sagen Sie mal: Wofür genau ist Herr Engels eigentlich Professor?«
    »Darüber reden wir später.« Frau Pracht setzt das Tablett auf einem Gartentisch ab, stoppt die Hängematte und reißt ein Glas vom Tablett. »Sie stehen eindeutig noch unter Schock. Trinken Sie das. Ich habe noch mal eine Auswahl Bachblüten hineingetropft. Rock Rose , das ist das Sonnenröschen, hilft gegen Panik, und Star of Bethlehem , also doldiger Milchstern, ist eine sehr schöne Trostblüte nach allen erschütternden Erlebnissen.«
    »Nein danke«, lehnt Frau Schick ab. Jeder Mensch hat natürlich ein Recht auf seinen eigenen Knall, und Glaube versetzt Berge, aber dieses esoterische Blumenwasser schmeckt nach rein gar nichts.
    »Es hilft wirklich«, insistiert Frau Pracht. »Denken Sie nur daran, wie schnell meine Notfallmischung Sie vorhin auf die Beine gebracht hat. Sie scheinen für die feinstofflichen Schwingungen und Energien der Blüten einzigartig empfänglich zu sein. Ihre Aura hat sich schon ganz wunderbar harmonisiert.«
    Wer’s glaubt, wird selig, denkt Frau Schick und nippt aus Höflichkeit dann doch am Glas. Immerhin soll ein Hauch Brandy mit drin sein, zwecks Haltbarmachung vom Blumenwasser, hat Bettina Blauauge, die auch gern esoterisch entgleist, ihr erst kürzlich erklärt.
    »Können wir jetzt über Herrn Engels reden?«, fragt sie.
    Frau Pracht schüttelt den Kopf. »Erst wird lecker gefrühstückt. Sie werden es nicht bereuen, ich bin gelernte Köchin. Zurzeit bin ich zwar nur für unser Vereinsheim zuständig, aber bei mir schmeckt es allen.«
    Frau Schick lässt sich widerstrebend zu einem Gartenstuhl führen. Völlig invalide kommt sie sich vor. Kissen werden ihr auch in den Rücken gestopft, fehlt nur noch eine Schnabeltasse. Sie muss ihre Schwindelanfälle demnächst genauer dosieren. Homöopathisch sozusagen.
    »So«, gurrt Frau Pracht im schönsten Puppenmuttiton, »jetzt sitzen wir bequem.«
    Nein, die Schaukel war besser, findet Frau Schick, aber das Frühstück sieht wirklich gut aus. Und das ist es auch.
    Frau Pracht bestreicht Brot mit ordentlich Butter und schneidet es in kleine Streifen, die sie Reiterchen nennt. Jedes Reiterchen belädt sie mit einer anderen Marmelade und serviert sie zum Kranz geordnet Frau Schick, die hungrig zulangt.
    In Sachen Marmelade ist die gelernte Köchin Pracht unschlagbar, stellt Frau Schick nach diversen Kostproben fest. Die Erdbeermarmelade mit Rhabarber und Waldmeister ist köstlich, und die Honigreiterchen, die Frau Pracht nachlegt, sind schlicht göttlich.
    »Das ist Rosenhonig«, verkündet die Walküre stolz. »Früher habe ich meine Wildrosen mit Detlevs Beeren zu Gelee gekocht, aber jetzt stelle ich sie selbstverständlich nur noch Herrn Engels’ Bienen zur Verfügung! Er hat drei Stöcke mit Rückzüchtungen der echten Apis mellifera mellifera . Das ist die fast schon ausgestorbene dunkle europäische Honigbiene. Ihr Honig ist etwas ganz anderes als ordinärer Johannisbeergelee.«
    Armer Popesch, denkt Frau Schick bestürzt, armer, armer Popesch. Aber der Honig ist so gut, dass sie der Walküre beinahe den Ingwertee verzeiht. Nach drei scharfen Schlucken kippt sie ihn allerdings heimlich unter dem Gartenstuhl aus. Frau Pracht schaut nicht hin, weil sie unter einer Schalwolke nach einem Insekt fahndet, das ihren Busen brummen und vibrieren lässt. Hoffentlich wird sie bald fündig. Frau Schick will ihr endlich Fragen zum Weihnachtsmann stellen. »Und jetzt zu Herrn Engels«, beginnt sie erneut.
    »Pardon«, unterbricht Frau Pracht und zieht ein vibrierendes Handy aus einem perlenbestickten Brustbeutel, »ich muss da rangehen.« Die Empfangstaste drückend raunt sie: »Ist ein neuer Nebenerwerb. Ich will unserem Professor doch helfen.«
    Na, da ist Frau Schick aber mal gespannt.
    » Tarot für alle! Guten Morgen – Du sprichst mit Persephone«, schmettert Frau Pracht ins Handy. Merklich kleinlauter fährt sie fort. »Oh, Gundula, du mal wieder.« Sie angelt sichtlich nervös nach einem Kartenstapel, der sich auf dem Tablett hinter Marmeladengläsern versteckt hat.
    Tarot? Ach du liebes Himmelchen. Und Persephone? Ein wenig anders hat sich Frau Schick die griechische Frühlings- und Fruchtbarkeitsgöttin, die dem halben Olymp, samt Zeus und seinem Bruder Hades, den Kopf mit ihrer sagenhaften

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