Frauen, die Geschichte machten
[fünf] Schiffe sehr hoch mit den Schätzen des Landes Punt und allen schönen Pflanzen des Gotteslandes und Haufen
von Myrrhenharz, mit grünen Myrrhenbäumen, mit Ebenholz und reinem Elfenbein, mit rotem Gold vom Lande Amu, mit wohlriechenden
Hölzern und Augenschminke, mit Pavianen, Meerkatzen und Windhunden, mit Leopardenfellen, mit Sklaven und ihren Kindern.« Als
Fazit heißt es dort: »Niemals ist etwas dem Gleiches irgendeinem Könige gebracht worden seit Ewigkeit.«
Und aus Punt ließ sich etwas beziehen, das aufgrund der knappen Anbaufläche an den Nilufern in Ägypten schon längst weitgehend
verschwunden war: Holz. Als Baumaterial und Grundstoff für die begehrte Holzkohle war es zur Kostbarkeit geworden. So kostbar,
dass die Ägypter Schiffe in waldreichen Länder bestellten, sie bis oben hin mit Holz beladen ließen und bei der Ankunft Ladung
und Schiff zu Bauholz und Holzkohle verarbeiteten.
Von der Expedition sind viele Darstellungen erhalten, die frühesten überhaupt über Ostafrika, denn die Königin ließ sich offenbar
von Künstlern begleiten, die festhalten sollten, wie das große Unternehmen verlief. Unter den Bildern sind besonders bemerkenswert
die Reliefs über den Aufbruch der einmastigen kombinierten Ruder- und Segelschiffe, aber auch über das, was unterwegs an Exotischem
angetroffen wurde: viele tropische Tiere oder seltsame, wie Bienenkörbe |19| geformte, aus Palmwedeln geflochtene Pfahlbauten der Menschen in Punt. Das gipfelt in der Begegnung Hatschepsuts mit dem Fürsten
von Punt und seiner dicken, mit einem Esel dargestellten Frau, die wohl so unvorteilhaft gezeigt wurde, damit die eigene Anführerin
in umso günstigerem Licht erschien.
Aber auch die Weitsicht der Königin sollte betont werden. Häufig wurde die reiche Ausbeute der Expedition dargestellt. In
diesem Sinn sind wohl auch die seltsamen Abbildungen zu verstehen, die den Transport von Weihrauchbäumen mit Wurzeln in Wasserkrügen
und -schläuchen zeigen. Offenbar wollte die Königin die Pflanzen, die das duftende Harz für Kulthandlungen liefern, in Ägypten
heimisch machen. In größerem Stil scheint das nicht gelungen zu sein. Im Totentempel der Königin aber haben sich Reste des
Wurzelwerks erhalten. Denn hier wurden einige der mitgebrachten Kostbarkeiten Amun geweiht. Auch das wieder ein demonstratives
Anknüpfen der Herrschaft an den Himmel, dessen Segen für jedermann sichtbar auf dem von Hatschepsut regierten Land ruhte.
Mit dem Tempel ehrte man eine Frau, die mit etwa fünfzig Jahren im Jahr 1468 v. Chr. starb und die Ägypten eine Kulturblüte,
friedliche Zeiten und einen der ersten Beweise geschenkt hatte, dass zu kluger Politik Männlichkeit keineswegs erforderlich
ist. Nach den damaligen mythischen Vorstellungen dürfte sie jedenfalls die Prüfung vor dem Totengericht würdig bestanden haben:
Vor ihm und seinem Vorsitzenden Osiris hatte sich jeder, also auch der Pharao zu verantworten und musste darlegen, aufgrund
welcher Verdienste er zum Jenseits zugelassen werden sollte.
Dann wurde sein Herz auf eine Schale einer Balkenwaage (Symbol der Gerechtigkeit) gelegt, auf der anderen lag eine Feder,
das Symbol für Maat, die Wahrhaftigkeit der göttlichen Ordnung. Maats Zeichen als Göttin nämlich war der Kopfschmuck mit einer
Straußenfeder. Neigte sich die Schale mit dem Herz nach unten, handelte es sich um eine sündenbeladene Seele, und der um Einlass
Bittende wurde abgewiesen und einem krokodilsköpfigen Ungeheuer, der »großen Fresserin«, vorgeworfen. Blieben Feder und Herz
jedoch im Gleichgewicht, dann erhielt der Verstorbene Zutritt zur Ewigkeit. Bei Hatschepsut dürfte für die Ägypter das Ergebnis
dieser strengen Prüfung nicht zweifelhaft gewesen sein.
Ihr Nachfolger Thutmosis III. begann zwar nach ihrem Tod mit der Tilgung ihres Namens von Inschriften und von Abbildungen
auf vielen Reliefs. Er ließ dabei aber höchst oberflächlich verfahren und stellte das Zerstörungswerk nach kurzer Zeit ein.
Daher sind doch recht reichhaltige Nachrichten über Hatschepsut und ihre Regierungszeit erhalten geblieben, vor allem ihr
prachtvoller Tempel, dem wir ein detailliertes Bild der Kultur jener Zeit verdanken. An ihm lässt sich auch ein Herrschafts-
und Gestaltungswillen ablesen, der bei den großen männlichen Pharaonen nicht ausgeprägter sein konnte.
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Kleopatra
Die ägyptische Traumfrau
|22| Schon wenige Jahrhunderte nach
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