Frauenheld: Frauenheld
Strecke. Alle Onlinebekanntschaften, die ich bisher hatte, haben offen und freizügig über Sex und ihre Vorlieben geredet und waren kokett und offensichtlich sehr selbstbewusst. Aber sobald man dann mehr einfordert, kommt die Ablehnung.
Ich stehe wieder auf und mache meinen Rechner an. Ich klicke auf Sarahs Profil und schreibe ihr eine Nachricht:
Schade! Fand den Abend trotzdem schön. Wenn du es dir anders überlegst … Hast ja meine Nummer. Basti
Doch bevor ich die Nachricht abschicke, lösche ich sie wieder. Ich laufe der doch nicht hinterher!
Als ich mich ausloggen will, sehe ich, dass Bella229 online ist. Ich versuche erneut, sie anzuschreiben und sie zu einem Chat einzuladen. Doch wieder bekomme ich keine Antwort. Mann, ist das alles blöd hier!
Mit dem Alkohol im Blut und den verrücktspielenden Hormonen fällt es mir schwer, nicht Jule anzurufen. Schließlich fand die mich cool, und wir haben uns auch nicht im Internet kennengelernt. Ich könnte mich doch entschuldigen. Sie ist an Weihnachten sicherlich auch nicht gern alleine. Aber bevor ich noch einen Fehler mache, ziehe ich den Akku von meinem Handy ab und verkrieche mich im Bett.
***
Am nächsten Morgen merke ich, dass mir der Alkohol doch mehr zu schaffen macht, als gedacht. Ich bin verkatert. Gott sei Dank war das Date mit Sarah nicht an einem Montag. Ich schnappe mir Zeus und erledige das notwendige Gassigehen.
Warum können Hunde das nicht alleine? Wir gehen doch jeden Tag dieselbe Runde. Er macht sein Geschäft, und ich stehe nur dumm daneben. Wie schön wäre es, wenn er sich morgens leise aus der Wohnung schleichen und mir Brötchen holen würde. Ich würde ihm dann auch seins mit Leberwurst bestreichen. Aber leider ist das genauso utopisch, wie dass ich vor Weihnachten im Internet noch eine Freundin finde.
Meine Kumpel haben auch keine Zeit, um außerhalb auf die Jagd nach Frauen zu gehen. Entweder machen sie Pärchen-Sachen oder sie sind auf Weihnachtsfeiern. Ich beschließe, dieses Wochenende nicht weiter im Internet-Dschungel zu suchen, sondern meinem Körper Ruhe zu gönnen. Vielleicht lese ich einfach mal wieder ein gutes Buch.
***
Am Montagmorgen sitze ich erholt an meinem Schreibtisch. Ich freue mich auf die Woche, denn am Mittwoch beginnen die Dreharbeiten zum »Helden-Bier«-Spot, und ich darf dabei sein. Eine schöne Ablenkung vom Büroalltag. Meine Freude wird jäh durch Nils’ lautes Niesen unterbrochen.
»Was ist denn mit dir los?«, frage ich ihn.
»Ach hör auf, ich lag schon das ganze Wochenende flach. Am Freitag war ich noch auf dem Weihnachtsmarkt. Nach zwei, drei Glühwein merkt man die Kälte nicht mehr, und dann diese schlecht gespülten Gläser. Da hat es mich wohl erwischt«, klagt Nils.
»Du Armer! Aber dann bleib doch im Bett, bevor du noch alle ansteckst!«
»Das würde ich ja gerne, aber Kim hat mich ins Büro geschickt, damit sie es sich nicht einfängt.«
»Na, toll! Wie uneigennützig!«, sage ich und stehe auf, um in die kleine Küche zu gehen. Ich koche ihm jetzt erst einmal einen Tee. Ich habe keine Lust, auch krank zu werden. Später lauf ich dann noch zur Apotheke und kaufe Vitamin C und Zink. Weihnachten alleine bekomme ich ja noch hin, aber wenn ich dann auch noch flach liege, muss ich überlegen, ob ich mir nicht doch die Kugel gebe.
Mit einer großen Kanne Tee betrete ich wieder das Büro und stelle sie Nils auf den Tisch.
»So, trink. Und zwar, solange er noch heiß ist!«
»Du, Basti, das ist echt lieb von dir. Kannst du mir noch einen Gefallen tun?«
»Übertreib es nicht. Ich mach das hier nur aus Selbstschutz! Was willst du denn noch?«
»Heute Abend ist doch die Schwangerschaftsgymnastik …«, sagt Nils kleinlaut.
»Hau ab, damit habe ich nun wirklich nichts zu tun!«
»Bitte, Basti, ich mach das auch wieder gut. Du siehst doch, wie schlecht es mir geht.«
Nils schnieft lauthals in ein Taschentuch. Er hört sich an, als wäre er die Stimme von Benjamin Blümchen. Das muss doch auch leiser gehen.
»Da kannst du tun, was du willst, eher laufe ich nackt über den Weihnachtsmarkt, als mit deiner Freundin zur Schwangerschaftsgymnastik zu gehen. Punkt«, sage ich bestimmend.
***
»Du bist wirklich ein toller Mann«, höre ich Kim sagen.
Knappe acht Stunden später ist von meinem souveränen Auftritt im Büro nichts mehr vorhanden. Nils hat mich belabert und manipuliert. Schließlich bekomme ich zwei VIP -Tickets für das Spiel 1. FC Köln – Bayern München und auch noch ein
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