Frauenheld: Frauenheld
Zwanzig-Liter-Kölsch-Fässchen. Irgendwo bin ich auch käuflich. Und so habe ich Kim pünktlich um 19 Uhr abgeholt und mich mit ihr auf den Weg zur Schwangerschaftsgymnastik gemacht.
Kaum angekommen, erblicke ich lauter schwangere Frauen, was ja auch logisch ist, und die dazugehörigen männlichen Partner. Sicherlich denken alle, dass ich Kims Mann bin. Um Himmels willen. So kann ich mir das Flirten mit der sehr attraktiven Kursleiterin Christiane auch sparen.
Der Kursraum, oder besser gesagt die Mehrzweckhalle, ist hell und hat auf der einen Seite eine große Fensterfront, die den Blick auf eine Wiese freigibt. Gut, an so einem Winterabend kann man die grüne Fläche bestenfalls ahnen. Die Beleuchtung ist typisch für eine Sporthalle: Neonröhren. Die Wände sind mit Gummibeschichtung versehen und hinter den Rolltoren, gegenüber der Fensterfront, verstecken sich die diversen Sportgeräte. Alles schön ordentlich. Nur die Luft in der Halle ist typisch schlecht: ein Mix aus dem Geruch nach Schweiß und Gummischuhen. Es gibt kein Fenster, das man schnell zum Lüften öffnen kann.
»Jetzt nehmen wir erst mal jeder eine Matte, und Ihre bald gebärende Frau legt sich flach auf diese«, erklärt uns die einzige weibliche Person im Raum, die keinen kugelrunden Bauch hat. Allerdings sehen auch einige Männer recht schwanger aus. Bei den Fressattacken sind sie wohl auch ganz vorne mit dabei. Ich schnappe mir eine Matte und bette Kim auf sie.
»Du weißt schon, dass ich keine Ahnung von den ganzen Sachen hier habe?«, frage ich sie.
»Ach, das ist gar nicht so schwer. Und ich danke dir trotzdem total. Dass Nils auch ausgerechnet jetzt krank werden muss … Das hat er doch mit Absicht gemacht!«
»Im Büro klang er wirklich sehr erkältet. Wehe ihm, wenn er das nur gespielt hat!«
»Jetzt setzen sich die Männer mit gespreizten Beinen hinter ihre Partnerin und nehmen sie dabei vorsichtig hoch!«, ruft die Kursleiterin und betätigt die Start-Taste eines CD -Players. Es erklingt eine Mixtur aus sphärischer Musik und Café del Mar.
Ich wusste ja, dass ich diese Sache nicht ohne Körpereinsatz erledigen kann, aber dass Kim jetzt in meinem Schoss liegt, ist schon sehr befremdlich. Generell finde ich es nicht schlecht, wenn eine Frau mir so nahe kommt, aber erstens sollte sie nicht schwanger sein, und zweitens zumindest eine Frau, auf die ich stehe.
Ich spüre ihren warmen Körper. Kim trägt einen hellblauen Fleece-Jogginganzug. Durch die Schwangerschaft hat sie nicht nur an Gewicht gewonnen, nein, es fehlen auch Schminke und Parfum. Aber bei den anderen Paaren sieht es ähnlich aus. Basti, jetzt beruhige dich. Du bist hier nicht im Fitnessstudio oder in der Disco. Hier geht es nur um eine gute Geburtsvorbereitung.
Auf Christianes Anweisung hin sollen wir, und damit sind die Männer gemeint, erst einmal den Nacken unserer Partnerin massieren, um einen Moment der Ruhe und Entspannung zu schaffen. Mein Tipp dazu: Stell diese bekloppte Musik aus! Ich denke an die Fußballkarten und beginne vorsichtig, Kims Nacken zu kneten.
»Mmmmhhhh!«, schnurrt sie. Ich fasse es nicht. Jetzt gefällt ihr auch noch, wie ich das mache! Oder ist sie einfach ausgehungert nach Zärtlichkeit? Eine gefühlte Ewigkeit lang drücke und presse ich meine Hände an ihren Körper. Endlich kommt die Erlösung.
»So, danke, sehr schön. Und nun versuchen Sie, Ihrer Frau das Gewicht des Babys abzunehmen. Dabei gleiten Sie mit ihren Armen unter ihren Körper und heben sie ganz leicht an«, erklärt Christiane.
Ich frage mich, für wen dieser Kurs eigentlich ist. Für die Frau oder den Mann? Kim wiegt jetzt sicherlich über achtzig Kilo. Und die soll ich heben? Warum denn? Ich habe doch schließlich nicht dafür gesorgt, dass sie dick wird. Warum habe ich mich nur bestechen lassen?
»Alles in Ordnung bei dir?«, fragt mich Kim, die wohl merkt, dass mir das hier nicht so ganz geheuer ist.
»Jaja, passt schon. Ist für mich halt nur alles sehr befremdlich.«
»Kann ich mir vorstellen, aber du machst das echt gut. Und die Massage hätte ich gern öfters! Du hast zugleich zarte und männliche Hände!«
Kann es sein, dass Kim auf mich steht? Sie flirtet doch mit mir. Hallo? Die erwartet ein Kind von meinem Arbeitskollegen Nils und macht hier eine auf Boxenluder. Unglaublich.
Ich versuche ihre Avance zu übergehen und erfülle die gestellte Aufgabe. Dabei schaue ich mir die anderen Paare noch einmal genauer an. Glücklich sieht nur eines davon aus.
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