Freddie Mercury : Ein intimer Einblick von dem Mann, der ihn am besten kannte. (German Edition)
sie Gold wert. Er baute mittlerweile zusehends ab. Ein kleines Stück Plastik mit ein paar Mikrochips machte einen solch großen Unterschied.
Man darf dabei nicht vergessen, dass Freddie von Ende September an zunehmend schlechter sah. Das war auch der Grund, warum er nicht mehr so oft ausging. Eines Tages in Bonham hatte er auf einer weißen Marmortreppe, die zum Montpellier Square führte, eine Stufe verfehlt und es gerade noch geschafft, sich an meinem Arm festzuhalten. Dort bemerkte er zum ersten Mal, dass er den Abstand der Stufen nicht mehr richtig einschätzen konnte. Er hatte seine Fähigkeit zum perspektivische Sehen verloren. Ich schätze, es braucht ein unerwartetes Ereignis wie dieses, um einen Menschen in seine Schranken zu weisen und ihm schmerzhaft vor Augen zu führen, wie weit sein körperlicher Verfall in Wahrheit bereits vorangeschritten ist. Für Freddie bestand ein Teil seiner großen Lebensfreude darin, dass er alles sehen konnte. Für sein Durchhaltevermögen war die Sache daher ein deutlicher Rückschlag. Er wusste, dass er seine Krankheit nie ganz würde besiegen können, aber er war fest entschlossen, mit aller Kraft dagegen anzukämpfen.
Am Samstag, den 9. November 1991, kam Freddie aus der Schweiz zurück. Er hatte beschlossen, die Medikamente, die ihn am Leben erhielten, komplett abzusetzen. Er würde kein Ganciclovir mehr nehmen, kein Septrin und nichts dergleichen. Er sah ein, dass er wohl auch weiterhin Schmerzmittel würde nehmen müssen. Bislang hatte er Dihydrocodein (DF118) genommen, aber nach einigen Diskussionen hatten die Ärzte beschlossen, dass er nötigenfalls lieber Diamorphin nehmen sollte. Nach der ersten Dosis davon wurde Freddie extrem schlecht, so dass er zusätzlich noch ein Mittel gegen Brechreiz verschrieben bekam. Und wieder klärte man Joe und mich über die Menge und die Zeitabstände der Dosierung auf. Das Anti-Brechmittel schlug einigermaßen an, aber mit dem Morphin hatte Freddie bis zum Ende seine Schwierigkeiten.
Schon einige Monate zuvor war er über Nacht ins Cromwell Hospital in der Cromwell Road eingeliefert worden, wo man ihm einen Hickman-Katheter legte. Bei dieser einfachen Operation wird eine Kanüle in eine Nackenvene eingeführt. Die Gummiröhre am oberen Ende der Kanüle wird unter der Haut verlegt und vorne links am Hals herausgeführt. Dort kann man dann ein Infusions-Ventil anlegen. Der einzige sichtbare Beweis für das Vorhandensein dieser Kanüle ist ein winzige Narbe unten am Hals in der Nähe des Schlüsselbeins. Dieser Zugang erleichterte die Medikation ganz ungemein. Damit musste nicht jedes Mal, wenn ein Zugang zur Vene benötigt wurde, eine Krankenschwester zur Hand sein, die einen Venflon einführte. Zu dieser Zeit war das mindestens zwei Mal pro Tag der Fall. Eine solche Belastung hätten die Venen bei keinem Patienten lange mitgemacht. Ein Hickman-Kathe-ter konnte einfach dort bleiben, wo er war, und das bis zu einem Jahr lang. In Sachen Hygiene war extreme Vorsicht vonnöten, da eine etwaige Infektion direkten Zugang zum Körper gehabt hätte. Eine solche Infektion kann schon binnen weniger Sekunden zu extremen Reaktionen führen.
Ohne uns selbst loben zu wollen, ist es wohl im Wesentlichen Joe und mir zu verdanken, dass der Katheter so sauber blieb. Wenn er erst einmal geöffnet wurde, kann man ihn niemals völlig steril halten. Später hatte ich es auch mit Patienten zu tun, deren Zugänge nicht länger als zwei oder drei Wochen hintereinander offen gelassen wurden, um Infektionen vorzubeugen. Wenn man bedenkt, dass Freddies Bett praktisch mit Katzen übersät war und sich all das in einem häuslichen Umfeld abspielte — und nicht etwa in einem Krankenhaus —, dann hatte er großes Glück.
Es war im Gespräch, Freddies Hickman-Katheter an eine Diamorphin-Pumpe anzuschließen, aber Freddie legte dagegen Veto ein, weil diese Droge solche Übelkeit bei ihm hervorrief. Gegen Ende verlangte er immer seltener nach Diamorphin, und ganz am Schluss beschränkte er sich auf solche Schmerzmittel, die oral verabreicht werden konnten.
Sein Verzicht auf lebensverlängernde Medikamente lag darin begründet, dass er innerhalb der Mauern von Garden Lodge zum Gefangenen geworden war, weil die Presse inzwischen rund um die Uhr vor den Toren lauerte und so verhinderte, dass er jemals das Haus verlassen oder seine Freunde unbehelligt zu Besuch kommen konnten.
In der ersten Woche nach seinem Entschluss schien sich
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