Freddie Mercury : Ein intimer Einblick von dem Mann, der ihn am besten kannte. (German Edition)
anging. Das alles begann damit, dass er ein Bild davon im Kopf hatte. Er betrachtete es als seine Aufgabe, diese Bilder in die Realität umzusetzen. Es gibt allerdings einige ziemlich überzeugende Beispiele für seine grafischen Fähigkeiten, auch wenn meines Wissens keines davon der Öffentlichkeit zugänglich ist. Außer einem: Freddie konnte wirklich zeichnen.
Hinter einer seiner Zeichnungen verbirgt sich eine ziemlich lustige Geschichte. Als Freddie einmal den Katalog einer Kunstauktion durchblätterte, entdeckte er einige Zeichnungen von Matisse, dem berühmten französischen Impressionisten. Er sah nach, was darunter stand, und der veranschlagte Preis lag zwischen zehn- und zwölftausend Pfund. Er schrie auf: „Lächerlich! Ich könnte so etwas auch zeichnen, aber es wäre nicht einmal einen Bruchteil davon wert. Gib mir ein Blatt Papier!“
Dann fertigte er innerhalb von zwanzig Sekunden ein Kopie dessen an, was er da vor sich sah. Wenn er Bilder kaufte, dann war seine Auswahl immer ziemlich eklektisch. In Brasilien erstand er ein wunderbares abstraktes Gemälde, das jahrelang über der Bank neben dem Küchentisch hing. Es dauerte lange, ehe es durch einen Druck des Katalanen Joan Mirò ersetzt wurde, an dem er Gefallen gefunden hatte. Aber keine Sorge — das brasilianische Kunstwerk wurde nicht etwa entsorgt, sondern nur an eine andere Stelle verfrachtet. Oder es landete dort, wo etliche von Freddies und unseren Besitztümern schließlich hinkamen, nämlich irgendwo im Loft versteckt! Er besaß mehr japanische Drucke, als er im Haus gleichzeitig aufhängen konnte, und so hatte er sich unter der Treppe, die zu seiner Suite führte, einen Lagerraum einrichten lassen, wo Kunstwerke aufrecht in eigens dafür angefertigten Fächern untergebracht werden konnten, bis er das Gefühl hatte, es sei an der Zeit, sie wieder einmal aufzuhängen. Die Rahmen für die japanischen Drucke waren ebenfalls so angefertigt, dass man die Drucke ohne großen Aufwand austauschen konnte. Großen Gefallen fand er an einem Holzschnitt von Goya, der in Garden Lodge oben am Treppenabsatz hing.
Als er als Teenager nach England kam, muss er gewusst haben, dass sein Leben sich in Richtung Kunst entwickeln würde. Wenn er schon aufs College gehen musste, so würde er mit Grafikdesign zumindest etwas lernen, das ihm Spaß machte. Es gibt eine bestimmte Sache, die einen Künstler zum Künstler macht: Wahrnehmung. Ein Bankier, der die Straße entlang läuft und die Risse im Gehweg betrachtet, wird wohl überlegen, wie hoch die Kosten für Austausch und Reparatur der kaputten Platten sein mögen. Wenn ein Mensch mit Kunstverstand denselben Weg entlang geht, sieht er hingegen verblüffende Muster und fantastische Formen.
Um schöpferisch tätig sein zu können, muss man jedoch seltsamerweise sowohl Bankier als auch Künstler sein. Freddie scheute nie die Kosten, die ein Design mit sich brachte, welches er für vollendet erachtete. Wenn es etwas teurer wurde, der Perfektion so nahe zu kommen wie nur irgend möglich, dann gab er das Geld dafür mit Freuden aus. Er war einer der wenigen Glücklichen, die in der Lage waren, sich als vollendete Künstler zu betätigen. Man muss sich nur Garden Lodge ansehen, dann versteht man, was ich meine. Ich mag mich irren, aber ich glaube nicht, dass Freddie es je darauf angelegt hatte, der berühmteste Rockstar zu werden oder der größte oder beste im Vergleich zu anderen. Freddie war nie ein ehrgeiziger Mensch im eigentlichen Sinne. Sein Ehrgeiz war immer nur darauf gerichtet, das nächste Projekt zu vollenden, mit dem er gerade beschäftigt war — sei es ein Album, ein Video oder eine Tournee. Mag sein, dass das Endziel dabei nicht in Stein gemeißelt war, weil er die Enttäuschung vermeiden wollte, es eventuell nicht erreicht zu haben. Jedes vollendete Ziel führte direkt weiter zum nächsten. Wenn er das Gefühl hatte, ein Projekt nicht nur zu seiner eigenen Zufriedenheit sondern auch zu der der Band abgeschlossen zu haben, dann spornte ihn das an, sich dem nächsten Ziel zuzuwenden.
Er glaubte fest daran, dass das Werk — egal wessen Werk — für sich selbst sprechen sollte. Deswegen maß er auch Plattenhüllen eine so große Bedeutung bei, denn der Käufer sah das Cover, noch ehe er die Musik auf dem Album komplett gehört hatte. Wenn man sich ein Album einmal als Weihnachtsgeschenk vorstellt: Würde man sich nicht dasjenige unter dem Baum aussuchen, das am schönsten
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