FreeBook Das Geheimnis von Mikosma - Geblendet
nur Terratus kennt. Bitte quäle mich nicht weiter, denn ich kann dir nicht weiterhelfen, obwohl ich das gerne tun würde.«
Er neigte den Kopf und sah Leandra wieder mit seinem gewinnbringenden Lächeln an. »Komm, lass mich dir dein Zuhause zeigen.« Leandra griff langsam nach den kleinen Fingern, die sie in die Höhe zogen.
»Wo werde ich wohnen? Wie finde ich bei diesen vielen Häusern mein Zuhause?«, staunte Leandra, während sie sich in das lebendige Treiben einreihten.
Erlas erklärte geduldig: »Der Spiegel weist dich dem Haus der sehenden Herzen zu. Die rote Fahne auf dem Dach mit der Zeichnung des Spiegels zeigt dir immer den Weg. Du wirst zusammen mit anderen Kindern dort wohnen. Der gläserne Korb hat in euren Herzen dieselben Charakterzüge erkannt. So hat er euch zusammengewürfelt und ich sage dir eines: Er hat sich noch niemals geirrt«.
Ungeschickt tippelte Leandra zwischen den schnell gehenden Kindern hin und her, nicht aber ohne dem einen oder anderen auf die Zehen zu treten. Da Leandra es gewohnt war, sich sofort für ihre Fehler zu entschuldigen, sah sie beschämt zu Boden. Aber keines der Kinder rügte sie deswegen. Vielmehr lachten sie Leandra an und riefen ihr zu: »Das hätte mir auch passieren können«. Dieses Verhalten zauberte allmählich ein glückliches Lachen auf das Gesicht des Mädchens.
»Es tut so gut, wenn man für Missgeschicke nicht verspottet wird. In meiner Klasse bin nämlich ich immer der Sündenbock. Es macht meinen Mitschülern Spaß, mich zu quälen. Keinen interessiert es, wie ich wirklich bin«, sagte Leandra traurig.
Plötzlich verlangsamte der Wicht seinen Schritt und blieb vor einem Häuschen mit orangefarbenen Fensterläden stehen. Aus den Fenstern lugten neugierige Augen heraus.
»Das ist dein Zuhause. Spiegelgasse 12«.
Erlas schob Leandra mit ausgestreckten Armen in Richtung Haustüre, die sofort geöffnet wurde.
»Das ist Luca!«, rief Leandra, als sie den Jungen wiedererkannte, der ihr die Tür aufgemacht hatte.
Peinlich berührt über diesen heftigen Gefühlsausbruch, trat Luca von einem Bein aufs andere und blickte verlegen zu Boden. Als er seinen Kopf wieder anhob, merkte Leandra, dass auch er froh war, sie wieder zu sehen.
»Warum bist du schon da? Ich bin doch vor dir durch den Wasserfall gelaufen!«, fragte Leandra verwundert.
Luca hob ahnungslos die Schultern. »Wahrscheinlich hat mein Kobold eine Abkürzung benutzt. Und übrigens: Danke, dass du dieses Mal auf Körperkontakte verzichtet hast«, flüsterte er mit einem leichten Lächeln auf den Lippen.
Nachdem Leandra die Schwelle übertreten hatte, wurde sie von sechs Kindern umringt, die sie aufgeregt in die Mitte des Zimmers schoben.
Jeder quasselte wild auf das Mädchen ein, das den Kopf einmal nach links, das andere Mal nach rechts drehte, um seinen Mitbewohnern zu signalisieren, dass es versuchte, zuzuhören. Erlas hatte schließlich Erbarmen mit Leandra und gebot der Kindermenge mit einem lauten Pfiff Einhalt.
»Bitte nicht so stürmisch, meine Damen und Herren! Ihr habt noch viel Zeit, euch kennen zu lernen. Eine kleine Elfe wird nachher zu euch kommen und eure Fragen beantworten. Ich werde mich nun verabschieden. Wenn du mich brauchst, Leandra, denke einfach fest an mich und flüstere meinen Namen. Im Nu bin ich bei dir, wo immer du auch gerade sein magst«.
Leandra lächelte Erlas dankbar an. Er verbeugte sich kurz, schnippte mit den Fingern und war wie eine zerplatzte Seifenblase verschwunden.
»Jenny wohnt auch bei uns im Haus der sehenden Herzen«, erklärte ein großes Mädchen mit kurzen, braunen Haaren und Brille auf der Nase, das sich als Mary vorstellte.
Seine Zwillingsschwester Terry, die neben ihm stand, sah Mary zum Verwechseln ähnlich und wenn sie nicht unterschiedliche T-Shirts getragen hätten, wäre eine Unterscheidung in Leandras Augen niemals möglich gewesen.
»Ich freue mich schon auf den Speisesaal im Schloss«, schwärmte ein dicker Junge mit schwarzen, glatten Haaren.
Er musste seinem Aussehen zufolge aus Asien stammen. Bei dem Gedanken ans Essen zogen sich seine sowieso schon schmalen Augen zu noch breiteren, kleinen Schlitzen zusammen. Auf seinen Pausbacken zeichneten sich kleine Grübchen ab.
»Ches' Gedanken kreisen immer ums Essen. Denke lieber einmal an die Schule. Davor graut mir jetzt schon. Vor allem, wenn ich an Alphatas strengen Blick denke, wird es mir schummrig in der Magengrube. Ich heiße übrigens Fabienne«, sprach das Mädchen, das
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