freeBook Kein Espresso fuer Commissario Luciani
lohnte, ihn zu retten. Da Adelchi gestanden hatte,
war die Frage nach dem Seil inzwischen hinfällig geworden.
Iannece klopfte an die Tür, trat ein und flüsterte:
»Hier draußen ist Herr Rebuffo, der schon seit einigen Stunden wartet. Er möchte mit Ihnen sprechen.«
Giampieri klopfte dem Kommissar auf die Schulter: »Den kannst du ganz für dich haben.«
»Nehmen Sie Platz, Herr Rebuffo.« Der Kommissar war gewillt, ihn möglichst lange schmoren zu lassen, aber als er ihn ins Zimmer
treten sah, konnte er ein breites Grinsen nicht unterdrücken. Der Manager witterte sofort Gefahr.
»Sie scheinen guter Laune, Herr Kommissar. Gibt es positive Neuigkeiten für Sie?«
»Hervorragende, um genau zu sein. Zumindest für mich. Ich darf Ihnen mitteilen, daß die Ermittlungen im Fall Ferretti praktisch
abgeschlossen sind. Wir wissen alles.«
Sein Gegenüber bemühte sich um Gleichmut: »Und …?«
|403| »Und es wird Sie freuen, zu hören, daß es sich tatsächlich um Selbstmord handelt.«
Auch auf Alfredo Rebuffos Gesicht zeichnete sich nun ein sattes Lächeln ab. Das der Kommissar sofort verscheuchte.
»Aber die eigentlichen Ermittlungen beginnen erst. Adelchi hat alles gestanden.«
»Alles? Was verstehen Sie unter ›alles‹?«
»Alles. Was sich zugetragen hat. Daß er es war, der die offene Umkleide betrat, den erhängten Schiedsrichter fand und die
Spuren verwischte. Er verschob die Gegenstände, ließ das Handy verschwinden und schloß die Tür ab. Ach, und natürlich nahm
er auch den Abschiedsbrief an sich. Von dem er Ihnen später eine Kopie zukommen ließ.«
Alfredo Rebuffos Gesicht wurde fahl und verzerrte sich zur Fratze. »Er ist ein dreckiger Erpresser. In dem Brief steckt kein
Funken Wahrheit.«
»Und warum haben Sie sich dann nicht an die Polizei gewandt?«
»Was für eine Frage! Ich mußte einen Skandal verhindern. Den guten Namen meines Clubs schützen. Diese Anschuldigungen sind
alle erstunken und erlogen.«
»Schwer vorstellbar, daß ein Mann unmittelbar vor seinem Selbstmord Zeit auf Lügengeschichten verschwendet, meinen Sie nicht?«
»Schwer vorstellbar, daß ein Mann unmittelbar vor seinem Selbstmord noch im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte ist.«
»Nun, darüber werden die Richter zu befinden haben.«
Alfredo Rebuffo schwieg lange. Marco Luciani kostete sein Mienenspiel voll aus.
Dann fing der Manager zu sprechen an, wobei er sich um einen gemäßigten Ton bemühte: »Herr Kommissar, Sie |404| selbst haben mir soeben gesagt, daß es sich um Selbstmord handelt. Warum also wollen Sie sich zum Sprachrohr für diese Verleumdungen
machen? Ferretti war völlig verstört, er wußte nicht, was er tat, und selbst einem mediokren Anwalt würden vor Gericht wenige
Minuten genügen, um das Schriftstück eines Lebensmüden in der Luft zu zerpflücken. Alles, was Sie erreichen würden, wäre,
sein Andenken zu beschmutzen. Wir wären gezwungen, uns über seine psychiatrische Behandlung zu verbreiten, über seinen Konsum
von Psychopharmaka und Kokain. Wir müßten über die Trennung von seiner Frau reden, müßten diese gegen ihren Mann aussagen
lassen, vielleicht würde Frau Ferrettis Affäre publik werden … und Herrn Ferrettis kleine Abenteuer. Das wäre furchtbar, glauben
Sie mir. Vor allem für das Kind.«
»Wie kommt es, daß Sie sich plötzlich um derlei Dinge sorgen?«
»Ich bin auch nur ein Mensch. Wir alle sind nur Menschen, das gilt sogar für Sie.«
Der Kommissar schüttelte den Kopf: »Seien Sie sich dessen nicht zu sicher. Und was haben Sie mir im Hinblick auf Elfmeter,
Abseitsstellungen und manipulierte Spiele zu sagen?«
»Daß da nichts Wahres dran ist. Aber – lassen Sie uns eine absurde Hypothese aufstellen – selbst wenn es so wäre? Der Hauptzeuge
ist tot, und von den anderen würde keiner den Mund aufmachen.«
»Es gibt Adelchi. Es gibt die anderen Mannschaften.«
»Adelchi steht immer auf der Seite des Meistbietenden. Er hat diese ganze Erpressung ausgeheckt, um Karriere zu machen, für
Geld und Ruhm, sicher nicht aus Wahrheitsliebe. Wir können Adelchi das verschaffen, was er sich wünscht, wir können ihn zum
Schiedsrichter machen und ihm Frauen und Autos besorgen, die schlichten Dinge, |405| nach denen er strebt. Während Sie ihm nichts zu bieten haben. Ich kenne ihn gut und weiß, auf welche Seite er sich im entscheidenden
Augenblick schlagen würde, wenn er diese Anschuldigungen vor Gericht bestätigen
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