freeBooks Thor - Die Asgard-Saga Roman
Kopfschütteln zum Schweigen. »Ich bin kein Gott«, sagte er noch einmal. »Jedenfalls nicht so, wie du glaubst.«
»Deshalb redest du auch mit Tieren, und niemand kann dich besiegen«, sagte Lif.
Thor seufzte. »Irgendwann werde ich dir vielleicht die ganze Geschichte erzählen, aber dazu muss ich sie erst einmal selbst wirklich verstehen. Da … ist etwas in mir, das ist wahr, aber das bin nicht ich. Es ist …« Er suchte nach dem richtigen Wort, ohne es zu finden. Schließlich machte er eine ausholende Geste, die die ganze Stadt einschloss, vielleicht die ganze Welt. »Ich glaube, es sind die Geister derer, die das alles hier gebaut haben.«
»Die alten Götter?«, fragte Lif.
»Ich weiß nicht, ob sie Götter waren oder nur Menschen, die es irgendwie geschafft haben, den Tod und die Zeit zu überlisten. Aber eines weiß ich: Sie waren böse.«
»So wie Mutter?«
»Wie Urd?« Thor benutzte ganz bewusst diesen Namen, nicht den, unter dem er Lifs Mutter kennen und lieben gelernt hatte. »Nein«, sagte er. »Diese Frau ist nicht mehr deine Mutter, Lif. Ihr Körper ist noch derselbe, aber sie ist nicht mehr die Frau, die dich und deine Schwester geboren hat.«
Er seufzte noch einmal und noch tiefer und machte eine Kopfbewegung auf das Schwert in Lifs Hand. »Gib das her.« Ohne auf eine Antwort zu warten, streckte er die Hand aus, nahm Lif das Schwert weg und schob es unter seinen Gürtel. Lif setzte zu einem wütenden Protest an und klappte den Mund dann wieder zu, ohne ein einziges Wort gesagt zu haben.
»Wenn das alles hier vorbei is, Lif«, sagte Thor ernst, »dann werde ich dich das Kämpfen lehren, das verspreche ich. Aber solange man nicht mit einer Waffe umgehen kann, sollte man auch keine tragen, glaub mir.«
»Weil man es schneller hinter sich hat, wenn man sich nicht wehren kann?«
»Weil niemand einen unbewaffneten Jungen tötet«, antwortete Thor ernst. »Einen jungen Krieger mit einem Schwert schon.«
»Aber ich –«
»Ich bringe es dir bei, das verspreche ich«, unterbrach ihn Thor. »Aber das kann ich nur, wenn du am Leben bleibst.« Er stand auf. »Und nun geh zu Gundri zurück, bitte. Ich möchte, dass du auf sie und deine Schwester achtgibst.«
»Du solltest froh sein, dass der Junge hier bei dir ist, Thor«, sagte eine Stimme hinter ihm. Bjorns Stimme, und es war etwas darin, das ihn alarmierte, noch bevor er sich herumdrehte und einen Ausdruck auf dem Gesicht des Jarls sah, der aus seinem unguten Gefühl Gewissheit machte. »Sonst wäre er jetzt vielleicht tot.« Bjorn schwankte vor Erschöpfung und blutete aus mehreren Wunden, aber das traf im Moment vermutlich auf jeden zweiten Mann hier zu.
»Was ist passiert?«, fragte Thor.
»Loki«, antwortete Bjorn. »Er ist entkommen und Urd ebenfalls.«
»Entkommen?«, wiederholte Thor ungläubig. »Aber wie kann das sein? Hast du ihn nicht bewachen lassen?«
»Von sechs meiner besten Krieger«, antwortete Bjorn ernst. »Sie sind alle tot, genau wie die, die Urd bewachen sollten.«
»Und Gundri?« Thors Herz begann zu klopfen, aber Bjorn machte nur eine rasche, fast erschrockene Geste. »Sie haben sie niedergeschlagen, aber sie lebt, keine Angst. Aber sie haben das Kind.«
»Lifthrasil?«, keuchte Lif.
»Ja«, antwortete Bjorn. Thor hatte das Gefühl, dass er froh war, mit Lif reden zu können, nicht mit ihm. »Sie haben sie mitgenommen. Ich weiß nicht, wann es passiert ist, aber es kann noch nicht lange her sein. Die Männer verfolgen sie, aber wenn sie vor uns am Hafen sind …«
Dann würde Loki Urd und seine Tochter an Bord des Naglfar bringen, dachte Thor. Und dann war alles verloren. Seine Hand schloss sich fester um Mjöllnirs Stiel.
»Das wird nicht geschehen«, versprach er grimmig. »Schafft den Jungen weg. Und dann folgt mir.«
Lif hob zu einem wütenden Protest an, aber er kam nicht einmal zu einem einzigen Wort, bevor ihn zwei von Bjorns Männern auch schon packten und wegzerrten.
Thor riss den Hammer in die Höhe und lief los. Ein gewaltiger Donnerschlag ließ die Erde in ihren Grundfesten erzittern. Ein einzelner, unvorstellbar gleißender Blitz spaltete den Himmel nicht nur in zwei ungleiche Hälften, sondern schien ihn auch gleichsam in Brand zu setzen, und aus dem Sturm wurde etwas Anderes, Schlimmeres, für das er kein Wort kannte, so wenig wie für das, was Mjöllnir auf dem Weg zum Hafen anrichtete.
Wer sich ihm in den Weg stellte, der wurde niedergemacht. Mjöllnir bahnte ihm und seinen Begleitern
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