Freimaurer, Illuminaten und andere Verschwörer
überlagern sich durchaus: Die meisten Sprachen kennen sowohl das Wort Konspiration als auch das Wort Komplott.
Im englischen und amerikanischen Verständnis bedarf es nicht einmal einer Verabredung, um eine
conspiracy
entstehen zu lassen. Der stehende Ausdruck »conspiracy of silence« bezeichnet beispielsweise den Konsens, ein bestimmtes Thema nicht anzusprechen. Im Deutschen setzt eine Verschwörung im allgemeinen Sprachgebrauch dagegen eine explizite Absprache zwischen den Verschwörern voraus. Die Übersetzung des englischen Wortes
Conspiracy
als
Verschwörung
verengt deshalb die Aussage des Originaltextes und spitzt sie zu.
Verschwörung als Rechtsbegriff
In einem seltsamen Gegensatz zum allgemeinen Sprachgebrauch steht die rechtliche Würdigung. Während das Wort im deutschen Recht nicht einmal vorkommt, hat es im amerikanischen Recht den Rang eines eigenen Verbrechens. Im deutschen Strafrecht heißt es lapidar: »Begehen mehrere eine Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft« (Paragraph 25 ( 2 ) St GB ). Dem amerikanischen Rechtsbegriff der Verschwörung kommt der Paragraph 30 am nächsten.
St GB Paragraph 30 Versuch der Beteiligung
( 1 ) Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch des Verbrechens bestraft. Jedoch ist die Strafe nach Paragraph 49 Abs. 1 zu mildern. Paragraph 23 Abs. 3 gilt entsprechend.
( 2 ) Ebenso wird bestraft, wer sich bereit erklärt, wer das Erbieten eines anderen annimmt oder wer mit einem anderen verabredet, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften.
Die Strafe für den Versuch der Beteiligung entspricht also im deutschen Recht der Strafe für den Versuch eines Verbrechens. Daneben kennt das Strafrecht einige weitere Tatbestände, die sich mit dem allgemeinen Begriff der Verschwörung in etwa decken. Die Paragraphen 84 , 85 sowie 86 a und b befassen sich mit verfassungswidrigen Organisationen und Parteien. Paragraph 84 stellt das Fortführen einer für verfassungsfeindlich erklärten Partei unter Strafe, Paragraph 85 den Verstoß gegen das Vereinigungsverbot einer solchen Partei, Paragraph 86 a das Verbreiten von Propagandamitteln dafür und schließlich Paragraph 86 b das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Diese Paragraphen bilden
den Anfang des dritten Teils im ersten, dem politischen Abschnitt des deutschen Strafrechts. Er steht unter dem Titel: »Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates«.
Wäre es nicht einfacher gewesen, wenn der Gesetzgeber jede Verschwörung gegen den Rechtsstaat unter Strafe gestellt hätte? Da käme man doch mit einem oder zwei Sätzen aus. Warum stattdessen gleich vier Paragraphen mit je drei bis fünf Artikeln? Das hat seinen guten Grund. Die politische Betätigung ist ein Grundrecht; ebenso das Recht, sich zu versammeln. Eine pauschale Einschränkung dieses Rechts ist nicht zulässig. Ein Gesetz darf ein Grundrecht nur einschränken, um andere Grundrechte zu wahren. Deshalb darf die Fortführung einer Partei nur dann verboten werden, wenn das Bundesverfassungsgericht entschieden hat, dass sie verfassungswidrige Ziele verfolgt und ihre Fortführung den Bestand des Rechtsstaates gefährdet.
Die Bildung
krimineller
Verschwörungen hingegen wird durchaus bestraft.
In Deutschland ist es verboten, eine kriminelle oder terroristische Vereinigung zu gründen oder ihr anzugehören (Paragraph 129 St GB , Paragraph 129 a, Paragraph 129 b St GB ).
Doch hier ist nirgendwo von einer Verschwörung die Rede. Das verschwörungstypische Element der Heimlichkeit oder der Verabredung spielt vor dem deutschen Gesetz keine Rolle. Die Ziele und Methoden einer Gruppe, nicht ihr konspirativer Aufbau, bestimmen die Einordnung als kriminell oder terroristisch.
Ganz im Gegensatz dazu spielt der Begriff der Verschwörung im US -amerikanischen Recht eine außerordentlich wichtige Rolle. Das Strafrecht aller Bundesstaaten betrachtet eine Verschwörung als eigenständige Straftat. Ursprünglich bedeutete »Verschwörung« bis ins achtzehnte Jahrhundert hinein im angelsächsischen Recht eine Verabredung zum Meineid, um gegen jemanden eine falsche Beschuldigung vor Gericht vorzubringen. Diese Definition war Teil des ungeschriebenen, auf Präzedenzfällen beruhenden
Common
Law
. Erst Ende des neunzehnten Jahrhunderts begannen die Bundesstaaten, ihre Strafgesetze in
Penal Codes
(Strafgesetzbüchern) festzulegen. Auch
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