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Freimaurer, Illuminaten und andere Verschwörer

Freimaurer, Illuminaten und andere Verschwörer

Titel: Freimaurer, Illuminaten und andere Verschwörer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Grüter
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beruhen, stöhnt immer wieder die
Frankfurter Zeitung
in die Welt hinaus: der beste Beweis dafür, dass sie echt sind.« Andere Antisemiten versuchten die
Protokolle
den verschiedensten jüdischen Organisationen anzuhängen, wirklichen oder eingebildeten, und wollten sogar beweisen, dass der katholische Maurice Joly in Wahrheit ein Jude war. Eine weitere Argumentationslinie erklärte es für unwesentlich, ob die
Protokolle
echt oder falsch seien, jedenfalls gäben sie die Ziele und Methoden der Juden richtig wieder.
Warrant for Genocide
betitelte der britische Historiker Norman Cohn sein erstmals 1967 erschienenes Buch über die
Protokolle.
Die fiktive Gefahr der jüdischen Weltverschwörung, so schreibt er darin, gab den Nationalsozialisten eines der wichtigsten Stichworte für den Massenmord an den Juden.
     
    Nach dem Zweiten Weltkrieg verschwanden die
Protokolle
in den westlichen Staaten aus der öffentlichen Diskussion. Die meisten Menschen wissen nichts mehr von ihnen. In rechtsradikalen Kreisen wurden sie allerdings nie vergessen. In Amerika hielten einige radikal-christliche Splittergruppen wie das »Christian Identity Movement«
an der Echtheit der
Protokolle
fest. In den neunziger Jahren begannen einige Autoren in Deutschland, England und Amerika, die
Protokolle
als illuminatische Schriften zu bezeichnen. Der amerikanische Verschwörungstheoretiker Milton William Cooper nahm die
Protokolle
im Jahre 1991 als Anhang in sein Buch
Behold a pale horse
auf. Er schrieb dazu, die Juden seien gar nicht gemeint gewesen, vielmehr müsse man »Juden« durch »Illuminaten« ersetzen. Der englische Journalist David Icke, der die Welt bekanntlich von außerirdischen Reptilien regiert sieht, deutet das ganz ähnlich und spricht deshalb gleich von den
Illuminaten-Protokollen
.
    In Deutschland brachte Jan Udo Holey die Illuminaten, die er für eine jüdisch-freimaurerische Verschwörung hält, mit den
Protokollen
in Verbindung. Dabei hält er es für unwesentlich, ob die
Protokolle
echt oder falsch sind. Die darin beschriebenen Pläne, so Holey, würden jedenfalls verfolgt. Holey legt übrigens, wie auch Cooper und Icke, Wert darauf, kein Antisemit zu sein. Seit der Antisemitismus gesellschaftlich geächtet ist, findet man immer mehr Autoren, die jüdischen und israelischen Organisationen alle möglichen finsteren Absichten oder Verbrechen unterstellen, aber gleichzeitig betonen, keine Antisemiten zu sein. Tatsächlich aber übernehmen sie die mit den Juden verbundenen negativen Stereotypen ebenso unkritisch wie die bekannten antisemitischen Fälschungen (zu denen neben den
Protokollen
unter anderem der
Warburg-Bericht
gehört, der eine Finanzierung der Nationalsozialisten durch die jüdische Privatbank Warburg behauptet und mit gefälschten Dokumenten zu belegen versucht).
    In arabischen Ländern wurden die
Protokolle
nach dem Zweiten Weltkrieg fester Teil der antiisraelischen Propaganda. Sie werden dort vielfach noch heute für echt gehalten. Arabische Führer wie der ehemalige ägyptische Präsident Nasser und König Faisal von Saudi-Arabien empfahlen sie zur Lektüre. Am 3 .Februar 2002 schrieb die ägyptische Zeitung
Al-Akbar
:
    »Alle Übel, die gegenwärtig die Welt heimsuchen, sind die Werke des Zionismus. Das überrascht nicht, weil die
Protokolle der Weisen von
Zion,
von ihren weisen Männern vor einem Jahrhundert angelegt, nach einem pedantischen und präzisen Schema und Zeitplan ablaufen, und sie beweisen, dass, obwohl sie [die Juden] nur eine Minderheit sind, es ihr Ziel ist, die Welt und die gesamte menschliche Rasse zu beherrschen.«
    Die
Protokolle
sind in Arabien noch immer weit verbreitet. Erst am 17 .Mai 2005 forderte die amerikanische Anti Defamation League die palästinensische Selbstverwaltung auf, die auf ihrem offiziellen Webserver angebotene arabische Übersetzung der
Protokolle
vom Netz zu nehmen. Dies geschah prompt am darauf folgenden Tag, aber damit war die arabische Übersetzung der
Protokolle
natürlich nicht aus dem Internet verschwunden.
    In Russland, dem Ursprungsland der
Protokolle
, war die Schrift während der Sowjetzeit verboten. Ihre Verbreitung konnte mit Lagerhaft geahndet werden. Es gehört zu den vielen Widersprüchen sowjetischer Herrschaft, dass Sergej Nilus, der bekannteste Propagandist der
Protokolle,
niemals ernsthaft belangt wurde. Die Behörden haben ihn wohl mehrfach verhaftet, aber niemals längere Zeit festgehalten oder verurteilt. Er starb 1929 im Alter von 66  Jahren in

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