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Freimaurer, Illuminaten und andere Verschwörer

Freimaurer, Illuminaten und andere Verschwörer

Titel: Freimaurer, Illuminaten und andere Verschwörer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Grüter
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erbitterten und lang anhaltenden Streit aus, weil er nicht anerkennen wollte, dass seine Talmudauslegung (die zum Großteil aus einem älteren antisemitischen Buch stammte) vollkommen unhaltbar war. Die Universität Münster verweigerte Rohling eine Professur, und so ging er 1874 erst in die USA , dann nach Prag und schließlich nach Österreich. Trotz des unsinnigen Inhalts verkaufte sich sein Buch ausgezeichnet und wurde in mehrere Sprachen übersetzt.
    Rohling war kein Sonderfall in der katholischen Kirche: Mit Beginn der Restauration (der Neuordnung Europas auf dem Wiener Kongress 1814 / 15 nach der Niederringung Napoleons) hatten höchste katholische Kreise begonnen, bösartige Pamphlete gegen die Juden herauszugeben. Napoleon hatte den Kirchenstaat 1798 aufgehoben und durch die römische Republik ersetzt, einen französischen Vasallenstaat. Die immer noch bestehenden jüdischen
Ghettos löste er auf, ebenso viele der Beschränkungen gegen die Juden.
    Nach der Niederlage Napoleons stellte der Wiener Kongress den Kirchenstaat im Jahre 1815 wieder her, und bald zeigte sich, dass der Papst als weltlicher Herrscher nicht bereit war, der neuen Zeit Rechnung zu tragen. Er bestand auf absoluter Herrschaft, und 1826 wies er die Juden in jene Ghettos ein, die Napoleon 28  Jahre zuvor aufgelöst hatte. Das jüdische Ghetto Roms beispielsweise lag dicht am Tiber, in feuchtem und ungesundem Klima. Dort pferchte man auf engem Raum etwa 3500 Menschen zusammen. In jeder Nacht wurden die Tore des Ghettos geschlossen.
    Aber auch der Papst konnte die Zeit nicht zurückdrehen. Selbst im Kirchenstaat konnte er den Umzug der Juden in die Ghettos nicht mehr wirksam durchsetzen. Viele wohnten auch weiterhin außerhalb, wenn auch unter der ständigen Drohung eines erzwungenen Umzugs ins Ghetto.
    In anderen europäischen Staaten fand das Modell des Vatikanstaates keine Nachahmer. Trotzdem bestand die Leitung der katholischen Kirche unnachgiebig darauf, die Juden von den Christen zu trennen, und zeichnete ein finsteres Bild des jüdisches Charakters. Ferdinand Jabalot, der Generalprokurator der Dominikaner, schrieb im Jahre 1825 in einem Beitrag für das
Giornale ecclesiastico
über die Juden:
»Sie waschen ihre Hände in Christenblut, setzen Kirchen in Brand, treten geweihte Hostien mit Füßen … , entführen Kinder und nehmen ihnen das Blut, vergewaltigen Jungfrauen … «
Jabalot hat diese Schrift nicht geschadet; der Papst ernannte ihn kurz darauf zum Generalmeister der Dominikaner. Im Mittelalter hatten der Papst und der hohe Klerus die Juden gegen die Ritualmordvorwürfe noch verteidigt (zuletzt im Jahre 1759 auf Bitten der polnischen Juden). Die Kirche sah dies als Teil ihres Auftrages an, die Juden vor den Übergriffen der Christen zu schützen. Doch das war jetzt vorbei. In den achtziger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts verstärkte die katholische Kirche ihre antijüdische Agitation. Die Jesuiten-Zeitschrift
Civiltà Cattolica
begann im Dezember 1880 mit einer mehrjährigen scharfen antijüdischen Kampagne. Die Zeitschrift stand unter direkter Kontrolle des Papstes. Der Kardinalstaatssekretär musste jede Ausgabe vor dem Druck billigen. Die antisemitischen Artikel bestätigten die unhaltbaren Thesen von Rohling und enthielten unter anderem folgende Passagen: Die Juden beklagen sich,
»sobald es jemand wagt, die Stimme gegen diese barbarische Invasion einer feindlichen Rasse zu erheben, die der Christenheit und der Gesellschaft im Allgemeinen ablehnend gegenüber steht. (…) Denn die Juden sind nicht nur aufgrund ihrer Religion Juden … , sie sind Juden auch und besonders aufgrund ihrer Rasse.«
(Zitiert nach Kertzer, 2004 )
    Auch die These von der jüdischen Weltverschwörung findet sich in der Artikelserie. Johannes Rogalla von Bieberstein und David I. Kertzer haben in ihren Büchern die katholische Agitation gegen die Juden zwischen 1850 und 1945 ausführlich untersucht und kommen unabhängig voneinander zu dem Schluss, dass die katholische Kirche der Theorie der freimaurerisch-jüdischen Weltverschwörung ein wichtiges Forum und hohe Glaubwürdigkeit verschafft hat. Die Verschwörungsthese, schreibt Rogalla von Bieberstein, sei keine Propaganda-Konstruktion nationalsozialistischen Ursprungs.
»Vielmehr ist sie von den deutschen Faschisten unmittelbar aus dem Arsenal der klerikal-konterrevolutionären Agitation übernommen und lediglich aktualisiert worden.«
    Diese These scheint mir etwas überspitzt, denn die

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