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Freiwild Mann

Freiwild Mann

Titel: Freiwild Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edmund Cooper
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die gewaltige Lautstärke zum Einsturz gebracht werden. Dann erhob sie ihre Hand, und es wurde still.
    „Ihre Päpste haben ihnen gesagt, sie sollten unsere Körper mißbrauchen, um Kanonenfutter zu produzieren“, sagte sie.
    „Ja, ja“, war die Antwort. „Die Päpste seien verflucht, die Priester verdammt. Verdammt die männliche Gottheit.“
    „Ihre Diktatoren haben ihnen befohlen, Gewehre und Bomben herzustellen, um Frauen und Kinder zu zerstören.“
    „Ja, ja! Napoleon, Hitler, Stalin, Mao Tsetung – alles Männer.“
    „Ihre Schriftsteller haben die Frauen schwach, verantwortungslos und minderwertig dargestellt.“
    „Ja, ja! Lawrence, Zola, Tolstoi – alles Betrüger.“
    „Wollt ihr ihresgleichen noch einmal sehen?“
    „Nein, nein, niemals! Tötet die Schweine! Nie wieder sollen sie zurückkommen. Nie mehr!“
    Das Staatsoberhaupt wartete gelassen auf das Abschwellen der Unruhe, der Hysterie.
    „Nie wieder sollen sie zurückkommen“, wiederholte sie. „Das, meine Schwestern, ist meine feste Überzeugung. Ich glaube leidenschaftlich daran. Ich glaube es mit meinem ganzen Herzen. Und deshalb ist dieser Letzte und Erste Tag ein ganz besonderer Tag für mich. Auf dieser unserer Insel sinkt die Anzahl der Regressiven langsam, aber sicher. Und die Anzahl der ausgebildeten Vernichterinnen – wie wir es heute an den vielen Goldschädeln und Kreuzknochen feststellen können – nimmt ständig zu.
    Das College der Vernichterinnen ist eine fabelhafte Einrichtung. Aber ich sage euch jetzt, und ich sage euch ehrlich: Ich freue mich auf die Zeiten, wenn die Schülerinnen im Haus der Befreiung sich nicht mehr länger um das Töten kümmern müssen und sich einzig der Befreiung widmen können. Das können wir erreichen, meine Freundinnen und Schwestern. Wir können es bald erreichen. Ich glaube, daß diese Generation der Novizinnen, mit etwas Willenskraft, daß diese Generation der Novizinnen – diese engagierten Mädchen, die wir in ihren weißen Gewändern vor uns sehen – und die schwarzgekleideten Vernichterinnen, die ihre Ausbildung jetzt abgeschlossen haben, die letzten sind, die wir brauchen, um diese Insel vom Ungeziefer zu befreien. Hiernach, so glaube ich, brauchen wir uns nicht mehr vor diesem gefährlichen Tier zu verteidigen, das Mann heißt. Weil es den Mann dann nicht mehr gibt. Diesem Ziel habe ich mein Amt gewidmet. Diesem Ziel haben sich alle hier Anwesenden verschrieben. Wer, frage ich, soll uns jetzt noch im Wege stehen?“
    Die Beifallsbekundungen dauerten länger als fünf Minuten.
    Das Mädchen neben Rura lachte und weinte und schrie. „Ist sie nicht toll? Ist Curie Milford nicht einfach klasse?“
    „Ja“, sagte Rura dumpf. „An sie reicht niemand heran.“
    Sie dachte an Olane, die nicht hatte töten wollen – und an Diarmid MacDiarmid, der nicht hatte leben wollen.
     

7
     
    Rura wurde der dritten Grenzkompanie zugeteilt, deren Hauptquartier in Carlisle war, nördlich des Lake-Distrikts, südlich der Förde von Solway. Bevor sie sich zum Dienst melden mußte, hatte sie beinahe eine Woche Zeit. Sie wollte diese Zeit nicht mit Kayt verbringen – zumindest nicht die ganze Zeit. Sie wollte diese Zeit mit niemandem verbringen. Was sehr seltsam war.
    Die Zeit nach dem Ende der Ausbildung sollte an sich eine Zeit des Feierns sein. Das Ende der Ausbildung und der zwanzigste Geburtstag. Eine Zeit für Partys und Freunde. Eine aufregende und erwartungsvolle Zeit. Ich bin jetzt eine wirkliche Frau, dachte Rura. Ich bin jetzt berechtigt, zu töten und zu wählen. Das sollte eigentlich eine ganze Menge bedeuten. Es schien überhaupt nichts zu bedeuten.
    Es hatte eine Zeit gegeben, in der ihr der Gedanke, Männer umzubringen, romantisch und erfreulich vorgekommen war. Aber Rura hatte dem Tod von vier Menschen beigewohnt; und sie hatte immer noch den Gestank brennenden Menschenfleisches in der Nase. Und sie hatte Alpträume. Und in ihrem Gehirn tauchten Fragen auf. Fragen, die ketzerisch waren, obszön … nicht zu beantworten.
    Traditionsgemäß fand in der Nacht nach dem Ersten und Letzten Tag im Haus der Befreiung ein kolossales Fest statt, in dessen Verlauf jene, die ihre Ausbildung gerade begannen, jene anderen, die sie abgeschlossen hatten, und auch das Personal ihre Stellung vergaßen und sich gegenseitig als entspannte, gefühlsbetonte und ansprechbare Frauen behandelten. Traditionsgemäß wurde dieser Tanz, der die Ausbildung beendete und einläutete, ohne Ansehen von Rang und

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