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Freiwild Mann

Freiwild Mann

Titel: Freiwild Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edmund Cooper
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strähnige graue Haar. „Verrate mich nicht, Schätzchen. Das würde dir nichts einbringen. Ich war Hauptfrau bei den walisischen Truppen. Offiziere dürfen beim Ausscheiden aus dem Dienst Insignien und Ausrüstung behalten – wenn sie nicht unehrenhaft entlassen werden.“ „Du bist unehrenhaft entlassen worden?“
    „Ich habe mich vom Dienst zurückgezogen.“
    „Warum?“
    „Ich war schwanger, Schätzchen. Du hast das Wort wahrscheinlich schon einmal gehört. Schwanger. Ein Mann hat mich genommen.“
    Rura wollte sich übergeben. Der Whisky der letzten Nacht schien wieder in ihren Hals zu kommen. Aber Neugierde siegte über Übelkeit.
    „Wie meinst du das – ein Mann hat dich genommen?“
    „Eben das. Es ist jetzt zwanzig Jahre her – ungefähr zu der Zeit, in der du geklont worden bist, würde ich sagen.“
    „Ich bin nicht geklont. Ich bin parthenogenetisch gezeugt.“
    „Ah, die Elite. Gratuliere! Wie steht es jetzt mit dem Euro für mein Frühstück?“
    Rura wußte, daß sie ihr so oder so Geld geben würde. Aber sie tat so, als ob sie noch unentschlossen wäre. „Gebe ich dir vielleicht. Erzähl mir mehr.“
    „Du willst meine Lebensgeschichte hören? Das kostet dich mehr als einen Euro.“
    „Ich will nicht deine Lebensgeschichte hören, und ich habe mehr als einen Euro.“
    Die alte Frau lachte. „Das war vorauszusehen. Die faszinierenden, blutrünstigen Einzelheiten willst du hören? Nun gut, Frau Vernichterin. Mach mir ein Angebot.“
    Rura fühlte sich übel. Übel und schmutzig. Aber sie wollte es wissen. Sie bemühte sich, ihre Reaktionen unter Kontrolle zu halten. „Wenn die Geschichte sowohl wahr als auch gut ist“, sagte sie mit mühsam geheuchelter Gleichmütigkeit, „dann gebe ich dir fünf Euros.“
    „Mach zehn daraus. Soviel ist es wert für uns beide.“
    „Das entscheide ich dann.“
    „Gut. Du hast deine Ausbildung gerade abgeschlossen und bist noch naß hinter den Ohren, da bist du zweifelsohne eine Ehrenfrau. Hast du etwas Shit dabei?“
    „Göttin verdamme dich, du weißt genau, daß ich keinen Shit habe!“
    „Na ja. Du wirst auch noch mal schlauer … Wie gesagt, es ist jetzt zwanzig Jahre her. Damals gab es noch massenhaft Schweine in Wales. Genug jedenfalls, um uns glücklich zu machen und gewinnbringend beschäftigt zu halten … Warst du jemals in Caernarvon? Ist natürlich eine tote Stadt. Soviel ich weiß, hat die Stadt eine Art religiöse Bedeutung gehabt. Irgend etwas mit der Monarchie. Vor dem dunklen Zeitalter, glaube ich.“
    „Nein, ich war noch nie in Caernarvon.“
    „Macht nichts. Ich war dort stationiert. Verstehst du, in Wales ist man damals praktisch über Schweine gestolpert. Wir hatten unseren Spaß … Ja, wir hatten ganz schön unseren Spaß. Wenn wir uns im Morgengrauen mit dem Frauto auf den Weg machten, dann konnten wir fast sicher sein, es noch vor dem Mittagessen ein halbes Dutzend mal bluten lassen zu können. Den Rest des Tages haben wir es uns dann gutgehen lassen, abends sind wir zur Kaserne zurückgekehrt, haben die Tötungen eingetragen und sind schließlich ins Bett gestiegen. Alle Tage Sonnenschein. Etwas Ähnliches werden wir nicht mehr erleben.“ Die alte Frau schaute über den See, sah nichts und lächelte.
    „Zur Sache, bitte. Du verspielst dein Geld.“
    „Ach ja, wo war ich? Caernarvon … Es war an einem Junimorgen. Ein herrlicher Junimorgen. Ein Sommer, wie er nicht schöner sein kann … Eifrig waren wir damals. Waren auf den Beinen, noch bevor die Sonne aufging. Wir haben gedacht, wir könnten eine ihrer Feuerstellen ausmachen, verstehst du? Ich hatte eine hübsche Tour geplant, von den Gebirgsausläufern rund um Snowdon aus über die Halbinsel Lleyn und dann über das Meer nach Südwales und die Gegend von Milford Haven. Angeblich waren ein paar Schweineansiedlungen bei Milford Haven – sie konnten sich aus den stillgelegten Raffinerien noch Öl holen, und außerdem war es möglich, daß wir ein oder zwei Fischerboote auf dem Weg überraschen konnten. Die Schweine mußten auf Fischfang gehen. An Land konnten sie nicht genug Nahrung finden. Ja, es war ein schöner Morgen, das Meer war spiegelglatt …“ Sie seufzte.
    „Erzähl weiter“, fuhr Rura sie an.
    „Du kannst es wohl kaum erwarten, bis ich zum Sex komme, was?“
    Rura wandte sich ab.
    „Nein, warte. Nach dem Mittagessen ist es passiert. Auf dem Weg hatten wir ein Fischerboot ausgemacht – soweit ich mich erinnere, waren zwei Schweine drin – und

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