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Freiwild Mann

Freiwild Mann

Titel: Freiwild Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edmund Cooper
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weg vom Fenster, um das Frauto zu hören. Aber Rotbart hörte es. Er flutschte aus mir raus und versuchte, den Hügel herunterzurennen, während er seine Hosen hochzog. Ich bin aus meiner Trance erwacht und habe mich gerade noch rechtzeitig zusammengerissen, um zu sehen, wie meine eifrigen Kameradinnen ihm den Hinterkopf wegbrannten. An viel mehr kann ich mich nicht erinnern. Ein paar Tage lang haben sie mich betäubt gehalten. Die wirklichen Schwierigkeiten fingen aber erst an, als ich merkte, daß ich schwanger war. Abtreibung, klar. Kein Problem. Aber der große Witz, mein Küken, war, daß ich nicht abtreiben wollte. Folglich habe ich meinen Abschied eingereicht und die erste Stelle genommen, die sich mir angeboten hat – als Arbeiterin in einer Spargelplantage. Und der Spaß hatte noch kein Ende. Im fünften Monat hatte ich eine Fehlgeburt. War natürlich ein Junge. Wie findest du das?“
    Rura antwortete nicht, hatte nicht genug Vertrauen in sich selbst, um zu antworten.
    Wieder lachte die Frau. „Seitdem bin ich auf Achse. Kann mich irgendwie nicht zur Ruhe setzen. Keine Ahnung, vielleicht warte ich immer noch auf ein zweites Mal mit einem nicht existenten rothaarigen Piraten. Findest du das nicht auch lustig?“
    Rura konnte ihr nicht ins Gesicht schauen. Sie wandte sich ab, schaute auf den Serpentinen-See, auf das klare, saubere Wasser.
    „Ja, sehr lustig.“
    „Ich hab dir doch gesagt, daß die Geschichte zehn Euros wert ist.“
    Mit mechanischen Bewegungen tastete Rura nach ihrer Brieftasche. Sie konnte die Frau einfach nicht mehr anschauen. „Hier. Nimm – nimm, was du brauchst.“
    „Danke. Du hast anscheinend ein hübsches Finanzpolster, mein Küken, deshalb habe ich mir drei Fünfer genommen. Gut?“
    „Gut, gut.“ Als die Frau ihr die Brieftasche zurückgab, fühlte sie die rauhen Finger; aber sie drehte sich nicht um.
    „Erfolgreiche Jagd, Frau Vernichterin.“
    „Viel … Viel …“ Rura war nicht imstande, den Satz zu beenden. Sie konnte jetzt unmöglich das Wort Glück in den Mund nehmen. Sie konnte überhaupt nichts sagen. Ihr Kopf war völlig leer.
    Sie hörte, wie die Schritte sich entfernten. Sie stand dort bei der Serpentine, starrte in das Wasser und sagte sich selbst still und verzweifelt, wie sauber es aussah. Sie stand eine ganze Zeitlang dort, bis die Sonne hoch über dem Horizont stand.
     

8
     
    Rura konnte Kayt einige Tage lang ausweichen. Während dieser Zeit tat sie nichts, als ziellos in London umherzuirren, zu trinken und zu denken. Oder sie versuchte, nicht zu denken.
    An dem Morgen ihrer Begegnung mit der ehemaligen Hauptfrau der walisischen Truppen ging sie zurück in ihr Hotel und würgte irgendwie ihr Frühstück herunter. Es war ein gutes Frühstück. Aber es schmeckte nach nichts. Es war nur etwas, das sie beschäftigt hielt. Es war immerhin etwas, was sie tat. Sie saß allein an einem Tisch, beobachtete die anderen Gäste und versuchte sich normal zu verhalten. Zwei oder drei Mädchen, die offensichtlich auf Uniformen versessen waren, versuchten, ihre Aufmerksamkeit zu erwecken, und lächelten immer dann einladend, wenn sie dachten, daß Rura in ihre Richtung blickte. Eine bezaubernd schöne Frau mit glattem weißem Haar kam an ihren Tisch und fragte, ob sie allein sei. Die Frau trug einen großen Diamantring und gutgeschnittene Kleider und sah viel zu wohlhabend aus, um eine Hotel-Prostituierte zu sein. Rura sagte, sie erwarte in Kürze Gesellschaft. Die Frau lächelte sie süß an und entfernte sich.
    Nach dem Frühstück ging Rura in ihr Zimmer. Das Zimmermädchen hatte alles sauber und ordentlich hinterlassen, und der Raum war wieder völlig unpersönlich. Rura schaute sich selbst im Spiegel an. Langes Gesicht, aber nicht unattraktiv. Glattes, braunes Haar, Länge nach Vorschrift. Dunkle Flecken unter den Augen. Hohe Backenknochen. Volle Lippen. Völlig ausdruckslos. Das Gesicht einer Fremden. Einer Fremden, die Unruhe hervorrief.
    Sie wollte von dieser seltsamen Person wegkommen, die ausdruckslos auf sie zurückstarrte. Also verließ sie das Hotel und fing an herumzulaufen. Sie fand sich selbst im Piccadilly-Circus wieder. Am Piccadilly-Circus stand eine Statue. Früher, vor langer Zeit, war es Eros gewesen. Jetzt war es Aphrodite.
    Konnten wirklich nur Frauen lieben? Waren Männer wirklich nichts als Zerstörer? Natürlich wußte jeder, daß Shakespeare und Leonardo nur verkleidete Frauen gewesen waren. Frauen, die in einer Männerwelt mithalten

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