Freizeichen
las s j a nichts aus!»
E s folge n dreißi g Minuten , i n dene n ic h genüsslic h m eine Erlebniss e de r letzte n Stunde n schildere . Vo m Harndran g bis zu m KUSS . Alles . Haarklein.
«Und , Mona , wa s sags t du ? Wa s sol l ic h tun?»
A m andere n End e de r Leitun g hör e ic h nu r rhythmisches Piepen.
«Sa g was , Mona . Weiß t du , ic h kan n mic h zwische n den beide n einfac h nich t entscheiden.»
Jetz t ha b ich' s gesagt . Ic h genieß e jed e einzeln e Silb e wi e eine Kuge l ungeheue r sahnige s Vanille - Eis.
«Mona?»
«Ic h hör e dich , abe r wa s is t da s fü r ei n Piepen?»
«Ic h dachte , dei n Patientenher z mach t di e Geräusche.»
«Nee, der ist auf Station gebracht worden. Kann es sein, dass dei n Akk u gleic h lee r ist?»
«Oh , nein , d u has t Recht!»
«Pas s auf , Belle , ic h sa g di r was : D u kenns t di e richtige Entscheidung. Ich schicke dir jetzt eine SMS, solange dein Handy noch funktioniert. Die schreibst du dir groß auf einen Zettel . Un d de n klebs t d u di r au f di e Stirn . Verstanden?»
«Was meinst du damit, ich würde die richtige Entscheidung kennen ? Mona , ic h bi n wirklic h völli g hi n un d he r gerissen, ich.. . Mona ! Mona?»
Sie hat aufgelegt. Im selben Moment höre ich einen schrillen Schrei.
«Kiiiiiindchen ! Wa s tus t d u hier ? Ic h hab e ein e Stunde gebraucht, dich zu finden, und mir die Seele aus dem Leib g ehupt!»
Mein e Tant e Ges a entsteig t eine m cremefarbene n offenen Jaguar . Si e träg t ei n bodenlange s Chiffonklei d mit Leopardenmuster und Stilettos, die so hoch sind, dass ich mich automatisch an die Szene in «Weiblich, jung, ledig sucht...» erinner t fühle , w o die Untermieterin einen Typen mit ihrem Pumps umbringt. Gesa Matuschke sieht schrecklich aus. Wunderba r schrecklich . Gena u s o hatt e ic h si e i n Erinnerung, gena u s o lieb e ic h sie : klapperdürr , brau n gebrann t wi e ei n alter Fische r un d bi s a n di e Zähn e mi t G oldschmuc k bewaffnet.
Gesa kommt, wie mein Vater eben auch, aus einfachen Verhältnissen . Bevo r si e zu m erste n Ma l reic h heiratete , wa r sie Fußpflegerin , un d bi s z u ihre m dreiundzwanzigste n Lebensjahr wohnt e si e be i ihre n Eltern , wei l si e sic h kein e eigen e Wohnung leiste n konnte . Seithe r lieb t si e alles , wa s teue r ist . Vo n ihr bekam ich als Kind Puppen geschenkt, die besser angezogen ware n al s ich . Ihr e Geburtstagspaket e ware n imme r di e größten, de r Inhal t meis t beschämen d kostspieli g un d beschämend kitschig . Erwähn t seie n nu r di e ros a Frisierkommode , das monströs e Puppenhaus , da s jahrelan g be i un s i m Wohnzimmer stand , wei l e s i n mei n Zimme r nich t reinpasste , und , z u meinem Achtzehnten , di e Cartie r - Uhr , di e nich t ma l mein e Mutte r tragen wollte , wei l si e fand , si e mach e alt.
Ges a träg t dre i Ring e a n eine m Finge r un d Kostüm e i m Wert eines Mini Cooper, aber sie ist nach wie vor die Fußpflegerin au s Wilhelmshaven . Dafü r ha t si e sic h ni e geschämt . Si e ha t ein große s Herz , ein e leide r ziemlic h unverblümt e Art , hört eigentlic h ni e au f z u rede n un d zeig t immer , wa s si e fühl t und wi e e s ih r geht . Al s Giann i Versac e erschosse n wurde , wa r sie tagelan g nich t i n de r Lag e z u sprechen . Wohingege n si e sich demonstrativ einen Termin bei ihrer Kosmetikerin zum Ausreinige n gebe n ließ , währen d di e Wel t Prinzessi n Dianas Beerdigun g verfolgte.
«Waru m sitz t d u den n hie r i n diese r Kaschemme?»
Ges a umarm t mic h überschwänglich , küss t mic h recht s und links , was , wi e ic h späte r vor m Spiege l feststellte , zwei flammen d rot e Mal e au f mi r hint erließ . Si e häl t nicht s von diesen Pseudobussis, die schräg am Wangenknochen vorbei ins Nirgendw o gehen . Wa s si e tut , tu t si e richtig . Ansonste n läss t sie e s liebe r gleich.
«Hie r konnt e ic h dic h natürlic h nich t finden ! Weiß t d u denn nicht , das s ma n i n And r at x nu r z u Do n Giovann i gehe n kann? Hoffentlic h has t d u hie r nicht s gegesse n un d di r womöglic h den Mage n verdorben ! Bis t d u den n pünktlic h gelandet ? U m neun, sagtest du, oder? Tut mir Leid, dass ich dich nicht vom Flughafe n abhole n konnte.»
«Mach t nichts . Ic h hatt e eine n ereignisreiche n Tag.»
«Wies o Tag?»
«Na ja, ich war um elf bei dir, und weil keiner da war, habe ic h mi r di e Zei t ander s vertrieben.»
«U m elf ?
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