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Fremd fischen

Fremd fischen

Titel: Fremd fischen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Giffin
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geschlafen?»Ich bin froh, dass es dunkel ist.
    « Was meinst du mit ‹vorher›?»
    Bevor er mir gesagt hat, dass er mich liebe. «Vor dem Vierten.»
    « Mal mehr, mal weniger. Aber wenn alles gut geht, schlafen wir jeden Tag miteinander. Manchmal sogar zweimal.»
    Gewaltsam vertreibe ich die scheußlichen Bilder aus meinem Kopf und überlege krampfhaft, was ich sagen soll.«Vielleicht setzt die Hochzeit ihn unter Druck?»
    « Ja …», sagt sie.
    Vielleicht liegt es auch daran, dass er eine Affäre mit mir hat. Ich habe plötzlich Gewissensbisse, die sich verzehnfachen, als sie abermals das Thema wechselt und aus heiterem Himmel fragt:«Kannst du es glauben, wie lange wir schon Freundinnen sind?»
    « Ganz schön lange, ich weiß.»
    « Überleg bloß mal, wie oft wir schon zusammen übernachtet haben. Was meinst du? Ich kann so was nicht gut schätzen. Meinst du, es sind tausend Mal?»
    « Ist wahrscheinlich nah dran», sage ich.
    « Das letzte Mal ist ’ne Weile her.»
    Meine Augen haben sich an die Dunkelheit gewöhnt, und ich kann sie undeutlich sehen. Mit ihrem frisch geschrubbten Gesicht und dem Pferdeschwanz sieht sie fast aus wie ein Teenager. Es ist, als lägen wir während der High-School-Zeit in ihrem Bett, kichernd
und tuschelnd, während Annalise in ihrem Garfield-Schlafsack neben dem Bett leise schnarcht. Darcy hat Annalise erst einschlafen lassen. Ich glaube, sie hat beinahe gehofft, dass sie einschliefe. Ich weiß, dass ich es manchmal gehofft habe.
    « Sollen wir ‹Zwanzig Fragen› spielen?», schlage ich vor. Das war damals unser Lieblingsspiel.
    « O ja. Du fängst an.»
    « Okay. Ich hab was.»
    « Die alten Regeln?»
    « Die alten Regeln.»
    Unsere Regeln waren einfach: Du nimmst eine Person (das wurde festgelegt, nachdem Annalise Haustiere aus der Nachbarschaft ins Ratespiel einführen wollte), jemanden, den wir persönlich kennen, und dann musst du Ja-oder-nein-Fragen stellen.
    « Von der High School?», fragt sie.
    « Ja.»
    « Männlich?»
    « Nein.»
    « Abschlussklasse?»
    « Nein.»
    « Eine Klasse über oder unter uns?»
    « Das sind zwei Fragen.»
    « Nein, das ist eine zusammengesetzte Frage», sagt sie.«Wenn du mit Ja antwortest, muss ich eine weitere Frage stellen, um sie aufzulösen. Vergessen?»
    « Okay, du hast Recht.»Ich erinnere mich wieder an diese Regelnuance.«Die Antwort ist Nein.»
    « Student?»
    « Nein. Das waren fünf Fragen. Noch fünfzehn.»
    Darcy sagt, sie wisse, dass es fünf waren, weil sie mitzähle.«Ein Lehrer, den wir beide hatten?»
    « Nein.»Ich verberge sechs Finger unter der Decke.
Es ist schon vorgekommen, dass Darcy sich bei diesem Spiel«verzählt»hat.
    « Ein Lehrer, den du hattest?»
    « Nein.»
    « Ein Lehrer, den ich hatte?»
    « Nein.»
    « Ein Studienberater?»
    « Nein.»
    « Der Direktor?»
    « Das waren zehn. Nein.»
    « Anderes Personal?»
    « Ja.»
    « Hausmeister?»
    « Nein.»
    « Aufsicht?»
    « Nein.»Ich muss lächeln, als ich daran denke, wie die Aufsicht Darcy dabei erwischte, als sie die Schule verließ, um mit Blaine ins«Subway»zum Lunch zu gehen. Er solle sich einen ordentlichen Job suchen, sagte sie zu ihm, als er sie zum Büro des Direktors eskortierte.« Wie alt bist du – dreißig? Wird’s nicht Zeit, dass du mal fertig wirst mit der High School?»Dieser Kommentar brachte ihr zwei Extra-Strafpunkte ein.
    « Oooh! Ich glaube, ich hab’s!»Sie fängt an, hemmungslos zu kichern.«Ist es ’ne Lunch Lady?»
    Ich lache.«Ja.»
    « June!»
    « Ja! Stimmt.»
    June war eine Ikone unserer High School. Sie war ungefähr achtzig Jahre alt, eins zwanzig groß und unglaublich runzelig vom jahrelangen Kettenrauchen. Ihr Ruhm beruhte hauptsächlich darauf, dass sie einmal einen falschen Fingernagel in Tommy Baxters Lasagne verloren hatte. Tommy marschierte feierlich zurück zur
Lunchtheke und überreichte June den Fingernagel.« Ich glaube, der gehört Ihnen, June.»June grinste, wischte Sauce und Käse von dem Nagel und drapierte ihn wieder auf ihrem Finger. Alle jubelten und klatschten und skandierten:«Go, June! Go, June!»Vom Fingernagel abgesehen weiß ich nicht genau, wodurch sie den Respekt der Schüler erworben hatte. Ich glaube eher, einer der Stars unter den Schülern hat einfach irgendwann entschieden, es sei cool, June gut zu finden. Vielleicht war es sogar Darcy. Das war die Sorte Macht, die sie hatte.
    Darcy lacht.«Die gute alte June! Ob sie inzwischen gestorben ist?»
    « M-m. Ich bin sicher, die ist immer noch

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