Fremd fischen
Ich hab heute Abend wahrscheinlich fünf Pfund zugenommen.»
« Nie im Leben. Überleg mal, wie viel du beim Tanzen und Schwitzen wieder verbrannt hast.»
« Stimmt auch wieder.»Sie spült sich den Mund aus und macht alles nass, bevor sie hinausgeht.
« Bist du bettfertig?», frage ich, während ich ihr Geplansche mit einem Handtuch aufwische.
Sie dreht sich um und sieht mir ohne ein Wort des Bedauerns zu.«Nein. Ich will aufbleiben und quatschen. »
« Können wir wenigstens ins Bett gehen und dort quatschen?»
« Nur, wenn wir das Licht anlassen. Sonst schläfst du mir ein.»
« Okay.»
Wir steigen ins Bett. Darcy nimmt die Fensterseite. Dex’ Seite. Zum Glück habe ich das Bett heute Morgen frisch bezogen.
Wir liegen einander zugewandt, und unsere angezogenen Knie berühren sich.
« Worüber sollen wir zuerst reden?», fragt sie.
« Kannst du dir aussuchen.»
Ich mache mich auf das Thema Hochzeit gefasst, aber stattdessen fängt sie mit einer langen Klatschrunde über die Mädels auf der Party an. Was sie anhatten. Tracys neuer Kurzhaarschnitt. Jocelyns Kampf mit der Bulimie. Claires andauerndes Namedropping.
Wir reden über Hillary, die nicht zur Party gekommen ist. Natürlich ist Darcy stinkwütend darüber.« Selbst wenn sie verliebt ist – einen Abend hätte sie Julian mal versetzen können.»
Ich kann ihr natürlich nicht erzählen, dass Hillarys Boykott nichts mit ihrem neuen Lover zu tun hat.
Dann kommen wir auf Ethan zu sprechen. Ob er schwul ist, will sie wissen. Darüber spekuliert sie immer wieder und kommt mit fadenscheinigen Indizien: Er hat mit den Mädchen auf der Grundschule Ball gespielt, er hat auf der High School Hauswirtschaftskunde statt Werken genommen, er hat eine Menge Freundinnen, er kleidet sich gut, und er hat seit Brandi keine Frau mehr gehabt. Ich sage, ich sei fast hundertprozentig sicher, dass er nicht schwul ist.
« Woher weißt du das?»
« Ich glaub’s einfach nicht.»
« Es wäre ja nichts dran auszusetzen, wenn er es wäre», sagt Darcy.
« Das weiß ich, Darce. Ich glaube einfach nicht, dass er es ist.»
« Bi vielleicht?»
« Nein.»
« Du glaubst wirklich nicht, dass er es jemals mit einem anderen Typen getrieben hat?»
« Nein!»
« Es fällt mir ja auch schwer, mir vorzustellen, wie Ethan den Penis eines anderen Typen anfasst.»
« Das reicht jetzt», sage ich.
« Okay. Schön. Wie lautet die neueste Analyse zu Marcus?»
« Er gefällt mir immer besser», sage ich sicherheitshalber – nur für den Fall, dass sie einen Hauch von einer Ahnung hat, was ich für Dex empfinde.
« Tatsächlich? Seit wann?»
« Ich hab ihn Samstagabend geküsst.»Sofort bereue ich, dass ich es gesagt habe. Sie wird es Dex erzählen.
« Wirklich? Ich dachte, du warst am Samstagabend mit Hillary und Julian aus?»
« War ich auch. Aber danach hab ich mich noch mit Marcus getroffen … auf ein paar Drinks. War eigentlich keine große Sache.»
« Bist du mit zu ihm nach Hause gegangen?»
« Nein. Nichts dergleichen.»
« Wo hast du ihn denn geküsst?»
« Im ‹Aubette›.»
« Und das war’s? Ihr habt euch bloß geküsst?»
« Ja. Was glaubst du denn – dass wir im ‹Aubette› miteinander geschlafen haben? Herrgott!»
« Hm, aber das ist bemerkenswert … Ich dachte, die Sache zwischen euch hätte sich im Sande verlaufen. Und – kannst du dir vorstellen, ihn zu heiraten?»
Ich lache. Das ist die klassische Darcy – eine winzige Information, und sie dreht gleich durch.
« Wieso lachst du? Ist er kein Heiratsmaterial?»
« Ich weiß nicht. Vielleicht … Können wir jetzt bitte das Licht ausmachen? Mir tun die Augen weh.»
Sie sagt:«Okay», aber sie wirft mir einen warnenden Blick zu, als wolle sie mir sagen, dass es noch nicht Schlafenszeit ist.
Ich knipse meine Nachttischlampe aus, und kaum ist es dunkel, fängt sie von Dex und seinem Briefchen an. Sie hat es ziemlich beiläufig entgegengenommen, als ich es ihr am Anfang ihrer Party gegeben habe, aber jetzt nennt sie ihn aufmerksam.
« Hmm-mm», sage ich.
Es ist lange still. Dann sagt sie:«Es läuft irgendwie schräg bei uns in letzter Zeit.»
Mein Puls schlägt schneller.«Wirklich?»
« Wir haben schon lange keinen Sex mehr gehabt.»
« Wie lange?»Ich halte unter der Decke die Daumen.
Sie sagt, was ich hören will. Seit vor dem Vierten.
« Wirklich?»Ich habe feuchte Hände.
« Ja. Ist das ein schlechtes Zeichen?»
« Ich weiß nicht … Wie oft habt ihr denn vorher miteinander
Weitere Kostenlose Bücher