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Fremde Gäste

Fremde Gäste

Titel: Fremde Gäste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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eine andere Frage.
    Er sprach wenig und nur, wenn
er angeredet wurde. Er hatte eine angenehme Stimme, aber seinen Dialekt hätte
der Colonel mit Bedauern als »typisch kolonial« bezeichnet. Im Hinblick auf die
Redewendungen meines eigenen Sohnes und auch die des Colonelschen Enkels störte mich das nicht sonderlich. In einer kurzen Gesprächspause fragte
ihn Sam: »Hat man Sie wohl schon mal mit >Tom< angeredet? Oder muß man
immer >Thomas< zu Ihnen sagen ?«
    Es war rührend, wie freudig und
verwirrt der Junge errötete. »Ich wurde immer >Thomas< genannt«,
antwortete er. »Sie — sie hielten nichts von Abkürzungen. Aber ich fände es
sehr nett, wenn Sie >Tom< zu mir sagten; es klingt so vertraulich .«
    Wer waren »sie«, und warum
bestanden »sie« auf dem vollen
    Namen? Als wir allein waren,
fragte ich Larry, was Tom von seinen eigenen Leuten erzählt hätte. »Nur ganz
wenig. Ich habe das Gefühl, daß eine Tragödie dahintersteckt .«
    Das machte mir keinen tiefen
Eindruck, da ich Larrys »Gefühle« kenne. »Der arme Kerl hat nur gesagt, daß er
keine Verwandten habe«, fuhr sie mitleidig fort. »Man brauche also auch
niemanden von seinem jetzigen Aufenthalt hier zu benachrichtigen. Es hörte sich
schrecklich einsam an .«
    »Na, na, das ist nicht so
sicher. Die meisten jungen Leute verleugnen heutzutage ihre Angehörigen. Ich
erwarte nicht, daß David vor Ablauf einer Woche an seine Mutter schreibt. Und
dann wird er ihr höchstens mitteilen, daß er >in der Wildnis< ist und für
>einen komischen alten Heini< arbeitet .«
    »Ach, aber David ist ganz
anders. Der hat kein Herz. Er kommt mir vor wie ein großer Schmetterling .«
    Ich mußte diesen Abstecher ins
Reich der Naturkunde erst kurz verdauen, um zu verstehen, was sie meinte: David
sei ein Typ, der überall herumschwirrt, von jedem nimmt, was er bekommen kann,
um dann alles wieder zu vergessen. Zu meinem Ärger meinte Larry, sie sei froh,
daß ich mir keine Illusionen über diesen Jüngling mache. Aber sei es nicht
seltsam, daß Tom noch nie auf einem Pferd gesessen habe?
    »Nicht besonders. Die meisten
Stadtjungen kennen das nicht. Die Mädchen reiten, die Buben aber sind wild auf
Motorräder oder altmodische Riesenautos. Ich glaube auch nicht, daß David
reiten kann .«
    »Bestimmt nicht, darauf kannst
du dich verlassen. Er sieht ganz so aus, als ob er überhaupt nichts von Tieren
verstünde und eher Angst vor ihnen hätte .«
    Einige Tage später mußte sie
das zurücknehmen. Da kam David ganz gemütlich über die Koppeln angeritten. Vor
sich im Sattel hielt er einen Sack voll Grassamen, den der Colonel Larry
versprochen hatte. »Es war nur so ein Gaul von der Farm, nicht gerade einer von
den ruhigsten. Und dazu mußte er noch den großen Sack balancieren. Ums Haar
hätte ich ihm meine Verwunderung gezeigt .«
    »Und warum tatest du das nicht ?«
    »Ach, ich wollte ihm nicht die
Möglichkeit geben zu sagen: >Ihr Frauen vom Lande bildet euch ein, einen
Burschen zu kennen, wenn ihr ihn ein paarmal gesehen habt .< Du weißt ja, wie er ist.«
    »Vermutlich war es bei ihm das
Übliche: Als Sohn eines Arztes war er in einem Ponyklub und hatte sein eigenes
Pferd, das irgendwo untergebracht war .«
    »Das glaube ich auch. Ich
fragte ihn nicht weiter, weil ich ihm nicht zu seiner Befriedigung zeigen
mochte, wie überrascht ich war. Er wartete schon darauf .«
    »Ich glaube, du irrst dich. Ich
bin überzeugt, daß David sich nicht im geringsten darum kümmert, was wir von
ihm denken .« Trotzdem mußte ich im stillen zugeben,
daß zwischen Larry und David von Anfang an eine seltsame Mischung aus
Wohlwollen und Feindseligkeit bestand. Ihr gegenüber war er stets ausweichend
und sehr reserviert. Mir selbst erzählte er bereitwillig, wie er zum Reiten
gekommen sei.
    »In der Schule hatten die
meisten Jungen ein kleines Motorrad oder ein Pony. Meine Eltern hatten die
verrückte Idee, daß Maschinen für einen jungen Menschen schädlich seien.
Deshalb schenkten sie mir ein Pony und meldeten mich in einem Klub an. Ob es
mir gefiel? O ja, es gefiel mir ganz gut, besonders weil ich mich den anderen
gegenüber großtun konnte, die kein Pony hatten, sondern nur ein Motorrad. In
Wahrheit beneidete ich sie anfangs, denn mit einem Pony kommt man nicht so
schnell vom Fleck, und das war ärgerlich. Aber dann gewann ich das Pony lieb,
das sie mir geschenkt hatten .«
    Er schwieg, und ich fragte ganz
harmlos: »Und wie ging es weiter ?«
    Er stand auf und wandte sich
ab, so

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