Fremde Gäste
meine ich, nicht Sam. Aber als der Junge, der
natürlich Thomas heißt, erzählte, er wolle für geringen Lohn arbeiten, wenn er
nur seinen Hund bei sich behalten könne, schmolz das Herz meines Mannes .«
»Das kann ich mir denken. Aber
warum heißt er natürlich Thomas ?«
»Das wirst du begreifen, wenn
du ihn siehst. Er sieht aus wie Thomas und benimmt sich auch so. Ganz und gar
nicht wie dein Findling, Susan. Er ist nicht so ein überheblicher,
herablassender junger Herr, der von Wildnis redet. Dieser Junge ist ein
einfacher Mensch .«
»Ich dachte, du fändest auch
David leicht zu begreifen. Jedenfalls schien es mir so .«
»Ja, ja, aber doch wieder ganz
anders. Wenn man mit David gerade in Fahrt kommt, steckt er zurück. Thomas ist
anders. Man möchte ihn um keinen Preis verletzen .«
»Das hört sich an, als ob er so
weichlich wäre, wie wir zuerst David eingeschätzt hatten. Ich nehme an, er hat
auch lange Haare und so weiter .«
»Keine Spur. Ich glaube, sein
Haar wächst überhaupt nicht in die Länge .«
»Er ist doch nicht etwa kahl?
Wieso redest du dann von einem Jungen, wenn es ein älterer Mann ist ?«
»Das ist er gar nicht. Er ist
ungefähr einundzwanzig. Ich weiß gar nicht, was heute mit dir los ist, Susan!
Du bist heute so fad! Hast du Ärger? Ist dein David beim Colonel rausgeflogen?
Das sollte mich nicht wundern. Na, Thomas gehört zu den Ausdauernden .«
»David — übrigens nicht mein David! — ist noch an Ort und Stelle, und alles ist bestens in Ordnung. Nach dem
Abendessen rief er mich an und berichtete, daß ihm dort alles gut gefalle,
besonders die Leute, mit denen er arbeitet. Wie du siehst, ist er nicht so
weichlich wie dein Thomas .«
»Weichlich!! Nein, warte erst
mal ab, bis du ihn gesehen hast. Ein großer starker Kerl wie ein Fußballer! So
weichlich wie ein Felsbrocken, wenigstens, solange es nicht um seinen Hund
geht.«
»Gut, er ist eben ein völlig
anderer Typ. Die Haare braucht man ihm nicht abzuschneiden, da er keine hat .«
»Du willst schon wieder eine
Mißgeburt aus ihm machen. Selbstverständlich hat er Haare, aber so dicke, daß
sie ihm nie über den Rücken fallen würden, und wenn er sie noch so lang wachsen
ließe. Sie würden weit weg stehen, ganz anders als Davids seidiger Schopf.
Thomas’ Haare passen zu seinem Namen, sie sind stark und widerspenstig und
stehen ihm in ihrer ganzen Länge starr um den Kopf... Er soll in der Hütte des
Schafscherers wohnen; da kann er nachts seinen Hund bei sich behalten. Tagsüber
kann er den Männern bei den Zäunen helfen. Das ist doch eine famose Idee .«
»Das bedeutet, daß dein Thomas
seinen Hund wenigstens behalten kann. Was ist es denn für eine Rasse?
Hoffentlich kein Wolfshund. Die kann ich zwar ganz gut leiden, aber bei anderen
Hunden sind sie gar nicht beliebt, und auf einer Schaffarm können sie
gefährlich sein .«
»Ein Wolfshund ist er bestimmt
nicht, obwohl er spitze Ohren hat. Er ist ein Mischling; er hat etwas von einem
Labrador, das erinnert mich an den guten alten Mouse;
und dann hat er etwas von einem Spaniel. Jedenfalls ist er einfach goldig. Er
ist mächtig intelligent und hängt sehr an Thomas, und der ist rührend mit ihm.
Natürlich hat ihm der Hund die Suche nach Arbeit sehr erschwert, denn die
Menschen sind so dumm und engherzig. Einen Mann mit Hund nehmen sie nicht mal
im Auto mit. Ich dagegen habe lieber einen Hund im Wagen als so einen haarigen,
bärtigen Kerl, wie sie überall herumlungern. Er hatte schon eine volle Stunde
an der Ecke gestanden, wo ich ihn auflas, und wollte gerade zu Fuß
losmarschieren .«
»Wohin wollte er denn? Er ist
hoffentlich nicht auch einer, der Arbeit auf dem Lande sucht? Das wäre ja fast
ein bißchen viel Zufall .«
»Ich glaube nicht, daß Thomas
speziell an Landarbeit gedacht hat. Er hat zwar schon einmal auf einer Farm
gearbeitet, und es hat ihm gut gefallen. Er hatte vorher eine Stelle in einer
Fabrik, aber der widerliche Vermieter hat ihn aus seiner elenden Bude
rausgeworfen, als er den netten Rufus entdeckte. Weißt du, Thomas hatte ihn
tagsüber in seinem Zimmer versteckt, nachts machte er mit ihm große
Spaziergänge. Aber ein boshaftes Ehepaar in der Nachbarschaft hat sich
beschwert. Was gibt es doch für böse Menschen auf der Welt, Susan !«
»Na, ich hätte auch nicht gern
einen Hund in der Nachbarwohnung in der Stadt. Aber sie hätten Thomas ja warnen
können .«
»Das haben sie auch getan, aber
er hat es wohl nicht so ernst genommen. Als
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