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Fremde Gäste

Fremde Gäste

Titel: Fremde Gäste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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Bewunderung für Miranda suchte er nicht zu verbergen.
    Sein schärfster Rivale war
sozusagen ein »Neuer« namens Graham Ford. Er betreute eine große Schaffarm in
Abwesenheit des Besitzers. Es hieß, er sei äußerst geschickt und zuverlässig.
Er war sehr nett, wenn auch für meinen Geschmack ein wenig zu selbstbewußt, und
in unserer Gegend sehr beliebt. »Wenn er in den Laden kommt, vergißt man alle
Müdigkeit und fängt gleich an zu lachen«, erzählte Tony. Er hatte eine
großartige Mimik; ich hatte erlebt, wie er den Colonel noch besser als Larry
imitierte und dann eine Strafpredigt von Tantchen haargenau in Art und Ton zum
besten gab. Immer und überall war er auf Vergnügen aus, und der biedere, etwas
schwerblütige Joe schien mir im Vergleich zu ihm bei den Mädchen wenig Chancen zu haben. Für unsere Gegend jedoch war er
entschieden ein Gewinn, denn er überzeugte das junge Volk allmählich davon, daß
man auch auf dem Lande Unterhaltung finden kann.
    Larry mochte Ford gut leiden,
sie war aber nicht der Meinung wie ich, daß Miranda sicherlich ihn wählen
werde. »Mir persönlich gefällt Joe besser, aber das liegt an meiner
altmodischen Auffassung: >Der starke, ruhige Mann< und so weiter. Um der
Wahrheit die Ehre zu geben: Graham arbeitet genauso tüchtig und betreut die
Farm ausgezeichnet — und ohne Zweifel hat man mit ihm mehr Spaß als mit Joe .«
    Ich selbst hätte auch dem
starken, ruhigen Mann den Vorzug gegeben, doch konnte ich mir nicht vorstellen,
daß auch ein junges Mädchen so dächte. Tony zum Beispiel sagte: »Joe ist ein
feiner Kerl, aber ein bißchen still und ernsthaft. Und Graham bringt einen zum
Lachen, wenn man ihn nur anschaut .«
    »Aber genügt das auch für ein
ganzes Leben ?« fragte ich skeptisch. »Stell dir vor,
dein Mann erzählt dir schon morgens um sechs Uhr Witze !« Tony erwiderte, ich sei zwar ein Schatz, aber wer mache sich schon Gedanken
über die frühen Morgenstunden, wenn er verliebt sei? Dem mußte ich allerdings,
wenn auch widerstrebend, zustimmen.
    Es war ein Segen, daß Larrys
und mein Anhalter hier nicht beteiligt waren. Sie hatten zwar die Gewohnheit
angenommen, sich freitags abends mit Joe und Graham und einigen anderen
Gleichgesinnten im Supermarkt zu treffen. Selbstverständlich bewunderten sie
Miranda und Tony, hielten sich aber aus dem Wettstreit heraus, der zwischen
Mirandas beiden ernsthaften Verehrern entbrannte. Sie waren nett und
unbeteiligt und neigten eher dazu, sich zeitig in Toms Häuschen zurückzuziehen.
Mrs. Hepburn hatte David seinen Plattenspieler und eine Anzahl seiner Lieblingsplatten
geschickt. Seltsamerweise festigte das die Freundschaft noch mehr, die zwischen
ihnen gleich im ersten Augenblick entstanden war. Sehr oft kehrte David in Toms
Kate ein; sie spielten Platten, manchmal moderne, manchmal klassische, und
versanken in ein tiefes, glückliches Stillschweigen. Es war eine seltsame
Bindung zwischen den beiden. Larry hatte einmal durchs Fenster geschaut und
erzählte, die beiden Burschen seien beim Zuhören gänzlich vertieft gewesen. Tom
hatte Rufus neben sich, und David sah nicht so spöttisch aus wie sonst. »Er sah
aus, als sei er in weiter Ferne und irgendwie jung und verletzlich«, berichtete
Larry. Sie hatte aber doch kein Fenstergucker sein mögen; sie hatte also
angeklopft, war eingetreten und hatte auch zugehört.
    »Sie machten keinerlei
Anstalten, sich mit mir zu unterhalten, ehe die Musik zu Ende war. Dann wagte
ich, David zu fragen, ob es wohl etwas Modernes gewesen sei. Er zuckte bloß die
Achseln und sagte: >Es war eine Haydn-Symphonie .< Eigentlich war ich gekränkt. Es sind doch wunderliche Kerle, findest du nicht ?«
    »Sie sind seltsam und nett«,
gab ich zu. »Wie kommt David eigentlich so leicht zu Toms Häuschen ?«
    »Der Colonel überläßt ihm das
Motorrad, wenn er nicht lieber reitet. Ohne Zweifel hält der alte Herr große
Stücke auf ihn. Ein Segen, daß er nicht seine Schattenseiten kennt.«
    David neckte Tony gern, und sie
ging gewöhnlich auch darauf ein. Er bezeugte ihr eine leicht gönnerhafte
Bewunderung, wies boshaft auf ihre Fehler hin und verglich diese würdevoll mit
ihren guten Seiten, ihrer Vitalität und ihrem Charme.
    »Nach längerer Überlegung kann
ich Ihrem Peter wohl gratulieren. Er hat zwar ein ziemlich aufregendes Leben
vor sich, aber manche mögen das ganz gern .«
    »Sie wohl nicht ?« fragte Tony herausfordernd, und ihre Augen funkelten vor
Angriffslust.
    »Ganz gewiß nicht.

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