Fremde Gäste
doch ziemlich abgelegen .«
»Kein Ort ist so abgelegen, daß
man für alle Zeit ein Geheimnis wahren könnte. Es war eben ganz großes Pech.
Tom war im Laden, ebenso Mrs. Knight und ihre Freundin Mrs. Elder. Die beiden
standen hinter einem Regal mit Konservendosen. Tantchen war hinausgegangen, um
etwas zu holen; es sah daher so aus, als ob Tom allein im Laden sei. Da hielt
draußen ein Wagen. Eine Frau kam herein; sie begrüßte Tom sehr freundlich und
sagte: »Du hast dich brav gehalten, Tom! Ich habe immer gewußt, daß du
anständig bist. — In dieser Gegend gibt es nicht so viele Autos, die einen in
Versuchung führen könnten«, fügte sie hinzu. Da trat Tantchen wieder ein und
gab sich große Mühe, die Frau zum Schweigen zu bringen. Sie gab Tom noch ihren
Segen und ging fort. Sie wollte nichts Böses; sie war die Frau des netten
Pfarrers. Sie hatte sich wirklich gefreut, Tom wiederzusehen — und die beiden
boshaften Weiber kamen hinter dem Regal mit weit aufgerissenen Augen zum
Vorschein. Sie konnten es kaum erwarten, überall herumzureden, daß Tom aus
einer Besserungsanstalt kommt .«
»Das ist wirklich großes Pech,
denn die beiden sind richtige Klatschbasen. Natürlich haben sie es gleich
ausgetratscht ?«
»Ja. Denn gestern riefen zwei
Männer bei Sam an und fragten, zwar sehr liebenswürdig, ob er wohl wisse, daß
sein Farmhelfer schon mal was angestellt habe und in einer Anstalt gewesen sei.
Der eine hatte sogar die Stirn zu sagen, solche Typen wolle man hier nicht
haben .«
»Und Sam antwortete sicherlich,
daß er das längst wisse, und der andere solle sich gefälligst um seine eigenen
Angelegenheiten kümmern .«
»So ungefähr. Bei dem ersten
wurde er ziemlich wild. Ehe der zweite anrief, sprach er kurz mit Tantchen und
erfuhr, wie alles zugegangen war. Als dann Joe Singer anrief, erzählte ihm Sam
ausführlicher von Tom, daß es nur eine Dummheit gewesen war — nichts, was man
>ein Ding drehen< nennt — und daß Tom um nichts in der Welt wieder
herumstreunen möchte. Er erzählte ihm, daß Tom keinen Führerschein besitzt und
niemals das Auto benutzt hat. Sam bürgte mehr oder weniger dafür, daß alles
gutgehen werde, wenn nur die Leute in der Gegend Stillschweigen bewahrten und
den armen Kerl in Ruhe ließen .«
»Er übernahm also die
Verantwortung für Tom? Paul und Tim würden das auch tun. Wir alle hassen böse
Nachreden. Aber, Larry, wo waren denn seine Angehörigen, als all das passierte?
Warum haben sie nicht auf ihn achtgegeben ?«
»Weil er keine hat. Seine
Eltern zählen nicht. Bald nach Toms Geburt zog der Vater davon. Die Mutter
kämpfte noch eine Weile, versuchte zu arbeiten und für das Kind zu sorgen;
schließlich schaltete sich die Wohlfahrt ein. Man steckte Tom in ein Heim — und
dabei blieb es. Es war kein schlechtes Heim, aber du
weißt ja...«
»Ja, er wurde aufsässig und
borniert und ließ sich nichts sagen. Der arme Kerl — und es gab keinen, der für
ihn einstand. Na, jetzt hat er wenigstens Freunde. Jeder von uns würde ihn
aufnehmen. Peter würde froh sein, wenn Sam keine Arbeit mehr für ihn hätte, und
ihn gern bei sich arbeiten lassen .«
»Uns ist er gerade recht und im
Augenblick auch eine große Hilfe. Anfangs war er ein wenig schwerfällig, und er
schien Verantwortung zu scheuen. Aber Sam kannte den Grund und behandelte ihn
mit Ruhe. David ist ein Segen für ihn, und mit Rufus ist er ganz glücklich — und
da muß dieser Blödsinn passieren !«
»Möchte er nun fort von hier,
irgendwohin, wo niemand seine Geschichte kennt ?«
»Ich glaube nicht. Er sagte zu
Sam, es würde doch überall herauskommen, und es wäre besser, hier damit fertig
zu werden. Außerdem hat er doch den Hund. Der ist wirklich ein rührendes Tier,
und wir freuen uns an ihm. Aber die meisten Farmer würden es sich zweimal
überlegen, ehe sie einen Burschen samt seinem großen Hund einstellen. Die
Menschen sind ja so dumm und engherzig. Als ob Rufus jemandem etwas zuleide
täte !«
»Paul sagt immer, daß man da
nie ganz sicher sein könne. Er weiß von einem Hund, der jahrelang gutmütig war,
aber als er schlecht behandelt wurde, wurde er plötzlich bösartig und griff die
Menschen an. Doch Rufus ist ja bei Tom gut aufgehoben .«
»Ja, wirklich. Er schläft sogar
neben seinem Bett. Niemals würde er Tom nachts verlassen oder davonlaufen.
Diese schlimmen Dinge passieren ja meist in der Nacht. Nein, wir trennen uns
nicht so bald von Tom und Rufus. Wenn wir ihm nicht mehr
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