Fremde Schiffe
Liebe.« Es war Harakh, ihr Gemahl. Er trug seine Prunkuniform und roch leicht nach Teer. Er rümpfte die Nase. »Und ich glaubte, unsere Schiffe würden nach einer langen Reise schlecht riechen.«
»Es sieht viel versprechend aus«, meinte Shazad.
»Ich habe befohlen, dass jedes Boot der Küstenwache sich auf die Suche nach weiteren Schiffen macht. Ganz bestimmt war dieses Boot nicht allein unterwegs.«
»Diesen Befehl wollte ich auch geben. Du hast mir die Arbeit erspart. Vielleicht befinden sich noch weitere Schiffe in Seenot.«
»Ich mache mir Sorgen, dass sich einige von diesen fremden Schiffen in weit besserem Zustand befinden. Vielleicht haben wir es mit einer Invasion zu tun.« Sie erkannte, dass er nicht scherzte.
»Du siehst doch, dass dies kein Kriegsschiff ist.«
»Das hat nichts zu bedeuten. Es könnte sich um ein Frachtschiff handeln, das von der Hauptflotte abgetrieben wurde. Auch wir nehmen stets ein oder zwei Galeeren mit, die Vorräte transportieren, wenn wir in See stechen.«
»Daran habe ich noch gar nicht gedacht«, gab Shazad zu. Harakh war nicht besonders intelligent, was aber praktische Angelegenheiten betraf, war er überaus vernünftig.
Er beugte sich vor und fuhr mit etwas leiserer Stimme fort: »Hier bietet sich uns die Gelegenheit, die Flotte vorzubereiten, ohne großes Misstrauen zu erregen.«
Sie sah ihn an und lächelte. »Wunderbar. Kümmere dich darum. Sollten noch andere Schiffe auftauchen, müssen sie sofort hierher gebracht werden. Wenn Männer eines unbekannten Volks in unseren Gewässern reisen, möchte ich sie als Erste kennen lernen.«
Er nahm ihre Hand und küsste sie. »Wie meine Königin befiehlt.«
Shazad ging wieder an Deck und atmete die frische Seeluft ein. Aus einem langweiligen Morgen war ein höchst aufregender Tag geworden. Sie musste noch mit den fremden Seeleuten sprechen. Shazad sah sich um und erblickte den bewaffneten und gut gekleideten Mann, der auf sie zukam und sich krächzend mitzuteilen versuchte. Sie bedeutete ihm zu schweigen und wandte sich an den Arzt.
»Ich kehre zum Palast zurück. Für diese vier Männer werde ich Sänften schicken. Meine Diener werden sie baden und gegebenenfalls von Ungeziefer befreien. Lass die Speisen kommen, die du für richtig hältst. Heute Abend möchte ich mich mit ihnen unterhalten. Ich vertraue sie dir an.«
Der Arzt verneigte sich. »Ich sorge für sie, als wären sie meine eigenen Kinder.«
Die Königin verließ das Schiff und stieg in den Sattel ihres Cabos. Sie ritt vom Handelshafen zum Hafen der Kriegsmarine und erteilte Befehle, dass sich die Flotte zum Auslaufen bereithalten solle, als stünde ein Krieg bevor. Sie erzählte überall herum, dass dies eine Vorsichtsmaßnahme gegen fremde Schiffe bedeutete, die unter Umständen eine Invasion planten. Das Ganze machte ihr großen Spaß. Das Schiff hätte zu keinem günstigeren Zeitpunkt auftauchen können.
Noch während sie zusah, wurden einige der großen Schiffe aus den Trockendocks gezogen und Sklaven eilten mit Farbtöpfen und Pinseln herbei. Beamte erbrachen die Siegel der Lagerhäuser und Waffendepots. Laufplanken wurden ausgelegt und das Klirren von Metall drang an ihre Ohren. Die große Flotte von Neva, der größten Militärmacht auf dem Meer, bereitete sich auf einen Krieg vor.
Bisher war es jedenfalls die größte Kriegsflotte gewesen, dachte Shazad, als sie zum Palast zurückritt. Jetzt zweifelte sie daran. Bis sie wusste, woher dieses Schiff kam und wie groß die Flotte seines Heimatlands war, hegte sie berechtigte Zweifel. Ihr Wissen von nautischen Belangen war nicht übermäßig groß, aber selbst ihr unerfahrenes Auge hatte erkannt, dass dieses Schiff weiter entwickelt war als alles, was die nevanische Flotte ihr Eigen nannte. Drei Masten!
Im Palast legte sie die Reitkleidung ab und ließ sich ein formelles Nachmittagsgewand anlegen. Luoma schlug ein Kleid vor, in dem sie üblicherweise Botschafter fremder Länder empfing, aber die Königin schüttelte den Kopf. Bevor der genaue Rang der Neuankömmlinge geklärt war, wollte sie nichts unternehmen, was unabsehbare politische Folgen haben würde. Könige benachbarter Reiche hatten Spione an ihrem Hof, die sich auch auf den geringsten Hinweis stürzen würden. Sie musste mehr über das Land erfahren, aus dem diese Fremden stammten. Sie wollte nicht riskieren, dass sie sich mit den Anhängern der Verlierer eines Bürgerkriegs anfreundete und sich so die Feindschaft der Sieger zuzog. Die
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