Fremde Schiffe
verstehen uns, meine Königin.«
»Ausgezeichnet. Triff deine Vorbereitungen und ich übernehme alle Unkosten. Du musst so schnell wie möglich segeln. Geh jetzt.« Sie hätte sich gern noch länger mit diesem charmanten Gauner unterhalten, aber es gab viel zu tun. Das Letzte, was sie jetzt brauchte, war Ilas, der sich auf irgendwelche Vertraulichkeiten etwas einbildete.
Am nächsten Morgen traf der Bote des Hafenmeisters ein, während sie sich gerade in den Ställen aufhielt und ein Cabo für den morgendlichen Ausritt aussuchte. Sie wurde gebeten, zum Handelshafen zu eilen, um Zeugin eines höchst ungewöhnlichen Vorfalls zu werden. Shazad rief ihre berittene Leibwache und sprang in den Sattel des Cabos. Sie war stolz, dass sie noch immer ohne Hilfe aufsteigen konnte und fürchtete den Tag, wenn ihr jemand behilflich sein musste. Das Cabo schüttelte den Kopf mit den vier Hörnern und tänzelte unruhig hin und her, ehe es sich nach einer Weile beruhigte. Sie ritten zum Hafen.
Die Stadtbewohner waren daran gewöhnt, ihre Königin durch die Straßen reiten zu sehen. In früheren Zeiten hätte der Anblick einen Skandal hervorgerufen, aber sie hatte alte Traditionen und Sitten so radikal abgeschafft, dass ihr lockeres Auftreten niemanden mehr empörte. Das Volk jubelte bei ihrem Anblick und dieser Jubel war ungezwungen und kam von Herzen. Shazad war bei ihren Untertanen sehr beliebt, denn man sah in ihr die Retterin des ganzen Landes. Sie hatte eine dekadente Nation zurück auf den Pfad der Tugend gebracht und sich den Respekt aller Nachbarländer verdient. Sie war streng, aber gerecht und ging bedeutend energischer mit den Adligen als mit ihren einfachen Untertanen um.
Sie ritt die steilen, mit bunten Steinen gepflasterten Straßen hinab, vorbei an Tempeln, die mit farbenprächtigen Girlanden und bunten Blumen geschmückt waren, um den Frühling willkommen zu heißen. Aus den Springbrunnen stiegen hohe Wasserfontänen zum wolkenlosen Himmel empor. Gegen Nachmittag würden dunkle Wolken vom Meer über die Stadt ziehen, es würde regnen und ein heftiger Wind wehen.
Aber um diese Jahreszeit war jeder Morgen vollkommen und Shazad genoss die Schönheit, die sie umgab. Genüsslich sog sie die frische Luft ein.
Sie ritt die breite Strandpromenade entlang, die zum Hafen von Kasin führte, zwischen hohen Lagerhäusern hindurch. Im Norden lag der Kriegshafen, wo die Schiffe auf die kommende Saison vorbereitet wurden.
Der Geruch von Pech und der angenehme Duft von frisch gesägtem Holz lagen in der Luft. Die Arbeiter am Kai brachen in Jubelrufe aus, als die Königin in ihrer Mitte auftauchte.
Eine Gruppe Beamter hieß sie willkommen, als sie aus dem Sattel stieg. Sie führten die Königin zum Dock.
»Welche Überraschung hast du für mich, Meister Elvon?«, fragte Shazad.
»Etwas höchst Ungewöhnliches, Majestät«, antwortete der fette Hafenmeister und wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Sieh nur, da ist es!«
Er deutete auf die Hafeneinfahrt, wo ein langes Ruderboot ein größeres Schiff in das stille Gewässer des Hafenbeckens zog. Ein kleines Boot ruderte ihnen entgegen.
Erstaunt betrachtete Shazad die kurzen Masten und zerfetzten Segel. »Ein halb zerstörtes Boot? Ein unglücklicher Anblick, aber nicht ungewöhnlich. Warum hast du nach mir geschickt?«
»Aber Majestät, das ist ein völlig unbekanntes Schiff! Die Küstenwache hat es gestern gefunden. Beinahe wäre es an den Felsen im Süden zerschellt. Es muss in einen Sturm geraten sein und die Mannschaft war nicht in der Lage, sich zu helfen. Die Küstenwache nahm es in Schlepptau und sandte einen Kutter voraus, um mir Bericht zu erstatten. Den Bericht habe ich hier.« Er reichte der Königin ein Pergament. Sie überflog den lakonischen und hastig hingekritzelten Bericht.
»Völlig unbekannt!«, stieß sie hervor. »Was hat das zu bedeuten?«
»Das weiß ich nicht«, antwortete der Dicke. »So etwas habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht erlebt. Schiffe aus Mezpa oder von weiter weg sind selten, wir kennen jedoch ihre Bauweise und die Takelage. Aber ein solches Schiff hat noch niemand jemals zuvor gesehen.«
Jetzt sah Shazad ein paar bleiche Gestalten, die an der Reling des fremden Schiffes lehnten. »Sie sehen krank aus. Wenn eine Seuche an Bord ist, dürfen sie mit niemandem hier in Berührung kommen.«
»Der Hafenmedikus ist bereits auf dem Weg, Majestät«, versicherte ihr Elvon. »Wenn eine Seuche ausgebrochen ist, wird er die gelbe
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