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Fremde

Fremde

Titel: Fremde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gardner R. Dozois
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brüchig geworden. »Bitte – laß mich jetzt mit deinem Segen und deiner Liebe gehen. Das würde sehr viel für mich bedeuten.«
    »Setz dich hin«, sagte Farber.
    Lirauns Lippen verzogen sich ergrimmt. Sie ging auf die Tür zu.
    »Du bist meine Frau!« schrie Farber.
    »Und du bist mein Mann«, sagte Liraun mit ihrer neuen, harten Stimme, während sie langsam, geduldig und unter Schmerzen ihren Weg durch den Raum fortsetzte. »Aber meine Kinder gehören meinem Volk, werden ihm immer gehören. Nichts kann sie ihm wegnehmen. Auch du nicht.«
    Farber vertrat ihr den Weg, aber sie ging weiter. Er fühlte sich müde, mutlos und bitter, und für einen Augenblick, als er an den emotionalen Kampf dachte, den es bedeuten würde, sie hierzubehalten, war er versucht aufzugeben, einfach zur Seite zu treten und sie gehen zu lassen, sie tun zu lassen, was sie glaubte, tun zu müssen. In gewisser Weise wäre das eine Befreiung gewesen. Er hätte sich damit rechtfertigen können, daß die ganze Sache schließlich irgendwie zu Ende gebracht werden mußte, auf eine Art, die für sie beide erträglich war. Er hätte fast froh darüber sein können. Aber aus dieser Überlegung, in ihrem Schlepptau und von ihr selbst hervorgebracht, stieg etwas anderes in ihm auf – beißende, quälende, unerträgliche Schuld. Nicht in der Lage, diese Schuld auf sich zu nehmen, suchte er nach dem letzten Rest Wut und entfachte ihn zu neuem Feuer. All dies geschah in Sekunden, so daß in dem Augenblick, als Liraun ihn erreichte, seine Muskeln wieder gespannt waren und sein Gesicht zornrot funkelte. Er packte sie bei den Armen. In ihren Augen flackerte etwas Wildes auf. Stumm begannen sie miteinander zu ringen, zerrten jeder mit dem ganzen Körper in entgegengesetzten Richtungen, wobei sich die Füße kaum von der Stelle bewegten. Sie war erstaunlich stark, aber nicht stark genug, um sich von ihm loszureißen. Offensichtlich erkannte sie das bald – ihr Gesicht wurde spitz, Verzweiflung trat in ihre Augen. Ihre Lippen zogen sich bis über ihre Eckzähne zurück, und Farber fragte sich – mit einer Anwandlung echter Angst –, ob sie versuchen wollte, ihn zu beißen. Statt dessen warf sie sich jetzt in seinem Griff vor und zurück, keuchend, zappelte und strampelte wie ein gefangenes Tier in einem Netz, so wild, daß Farber schon fürchtete, sie würde sich selbst dabei ernsthaft verletzen. Teilnahmslos, fast mechanisch, schlug er ihr ins Gesicht.
    Sofort hing sie schlaff in seinen Armen. Er stand da und hielt sie aufrecht, zu ausgebrannt, um noch viel Trauer über den Schlag zu empfinden. Er hatte sogar ein wenig Spaß daran gehabt. Liraun wurde schwer. Er versuchte, sie hochzuhalten, und bemerkte dabei, daß sie sich einfach von ihm bewegen ließ wie eine Puppe. Ihre Muskeln konnte man unter Druck formen wie Ton. Sie war nicht mehr bei Bewußtsein. Ihre Augen standen offen, aber sie waren leer – ausgebrannt und erloschen. Aus einem Mundwinkel rann ihr ein dicker Blutstreifen, der wie Teer schimmerte.
    Wie eine Marionette ließ sie sich von ihm zu ihrem Stuhl dirigieren.
    Sie sagte nichts. Er redete lange sanft auf sie ein, zärtlich, erklärend, bittend, entschuldigend. Schließlich platzte es aus ihm heraus, und er schrie sie wieder an. Nichts hatte irgendeine Wirkung – sie wollte nicht antworten. Sie zeigte keinerlei Anzeichen, daß sie ihn überhaupt hörte oder daß sie sich ihrer Umgebung bewußt war. Sie saß einfach da, wo er sie hingesetzt hatte, rührte sich nicht, die Hände in den Schoß gelegt.
    Schließlich gab er auf. Eine Weile ging er im Zimmer auf und ab, dann kam er zurück und setzte sich auf den Stuhl neben Liraun. Er überlegte, ob es etwas zu tun gab, was er vergessen hatte. Der Diagnostikator. Er baute ihn auf und rief Ferri über die eingebaute Kommunikationsanlage an, um zu überprüfen, ob die Fernsteuerung funktionsbereit war. Auf dem Rückweg heute morgen hatte er noch eine Ziehmutter angeheuert, einen mürrischen Mann mittleren Alters, der seine Brüste durch Injektionen mit künstlichen Hormonen ständig stillfähig hielt. Die Pistole. Sie steckte in seinem Gürtel. Er zog sie heraus und überprüfte sie. Ein Vorteil für ihn: Die Stadt schien keine Polizei zu haben, jedenfalls keine Einrichtung, die mit einer terranischen Polizeimacht zu vergleichen war. Die Cian schienen sich, was den Schutz der öffentlichen Sicherheit betraf, in erster Linie auf ihre Traditionen und Tabus und auf den Druck der sozialen Umgebung

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