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Fremdes Licht

Fremdes Licht

Titel: Fremdes Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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wenn wir nicht auf Wache sind.«
    Talot wälzte sich fort, so weit, daß Jehannas Arm von
ihrem Rücken glitt. Sie lag bewegungslos da und starrte an die
Decke; im orangefarbenen Halbdunkel blickte Jehanna gegen die glatte,
konturlose Wange.
    »Du willst nicht«, sagte Jehanna flach.
»Schön. Und warum sagst du das nicht einfach?«
    »Ich will ja. Ich mag dich mehr als jede andere Schwester,
mit der ich zusammen war.«
    »Dann begreif ich nicht…«
    »Ich muß dir erst was erzählen.«
    Talot stockte. Jehannas Verwirrung drohte in Zorn umzuschlagen.
Was, zum Henker…
    Talot rollte sich zurück, blieb auf dem Bauch liegen, knapp
außer Reichweite von Jehanna. Die Worte kamen ihr quälend
langsam über die Lippen.
    »Ich will dir erst was erzählen, weil du dich dann
vielleicht nach einer anderen Kriegerin umsiehst, mit der… mit
der du dein Daumenschloß teilst. Und wenn, dann brauchst du nur
zu schweigen. Das gebietet der Anstand zwischen Schwestern.
Einverstanden?«
    »Einverstanden«, sagte Jehanna unwillig.
    »Ich… ich bin nicht unbefleckt, Jehanna. Ich habe mit
einem Mann geschlafen. Das war noch, bevor ich in einen Kader
aufgenommen wurde, als ich noch bei den Lehrmeistern war, und
trotzdem… ich hab es getan.«
    »Du hast deswegen dein ganzes Leben als Kriegerin aufs Spiel
gesetzt?«
    »Ja.« Und einen Moment später setzte sie hitzig
hinzu: »Schwanger geworden bin ich nicht davon!«
    »Aber du hast es in Kauf genommen!« versetzte Jehanna
mit Abscheu. »Und dann hättest du nie mehr ein Kämpfer
werden können, du wärst Mutterkriegerin geworden, ohne jede Kampferfahrung – ein Unding! Wie kann man sich nur
so gehen lassen?«
    Eine Zeitlang blieb Talot stumm. Als sie endlich redete, klang sie
nicht mehr hitzig, ihre Stimme bebte sogar ein wenig. »Ich
weiß, was ich getan habe. Es gibt keine Entschuldigung
dafür. Ich habe mit ihm geschlafen und das Schwert der Ehre
besudelt. Willst du jetzt gehen?«
    Jehanna setzte sich auf, umarmte ihre nackten Knie, darauf
bedacht, Talot nicht zu nahe zu kommen. Talots Geständnis war
schockierend; es zeugte von einer Verantwortungslosigkeit, einer
Leichtfertigkeit gegenüber dem Schwert der Ehre, die
verachtenswert war. Man war entweder eine Kriegerin und unbefleckt
oder eine Mutterkriegerin, die sich für Babies entschied;
Mutterkriegerinnen waren alt – manche schon dreißig, und
sie reagierten nicht mehr so flink im Kampf. Es war ganz in Ordnung,
daß sie sich für Babies entschieden; was hätten sie
anders tun sollen? Aber Talot war jung. Talot hatte einen
Mangel an Disziplin bewiesen, einen derartigen Leichtsinn an den Tag
gelegt, eine solche Dummheit… Talot verdiente Verachtung.
    Doch Jehanna mochte sie. Wie war das möglich, wenn Talot
Verachtung verdiente? Jehanna starrte mißmutig ins Halbdunkel.
Sie war verwirrt, und dieser Zustand machte sie immer
wütend.
    »Wußte dein Trainingsmeister davon?«
    »Ich habe es ihr gebeichtet. Danach.«
    »Soviel Ehrgefühl hattest du also noch.«
    »Ja.«
    »Wie hat sie reagiert? Hat sie dich nicht vom Training
ausgeschlossen?«
    »Nein.«
    »War es wenigstens ein Bruder? Oder schläfst du etwa mit
Bürgern deines Kaders?«
    Talot kniete sich wütend auf. Im orangefarbenen Halbdunkel
hockten sich die beiden Frauen gegenüber, nur um Armeslänge
voneinander entfernt, und starrten sich giftig an.
    Talot sagte: »Er war ein Krieger.«
    »Aber kein sehr ehrenwerter. Deine Gruppe muß aus einem
Rudel Krihunde bestehen. Meine Trainingsgruppe würde jede
Schwester aus ihrer Mitte verbannen, die die Ehre so mit
Füßen tritt.«
    »Wie schön für dich. Wir könnten ja mal
ausprobieren, wer von uns beiden das bessere Training genossen
hat.«
    »Soll das eine Herausforderung sein?«
    »Wie du willst!«
    »Vorsicht, Talot. Mein Schwert der Ehre hat noch keine
Kerben.«
    Talot sprang. Jehanna warf sich vor, und die beiden rangen im
Halbdunkel, rollten von den Kissen auf den harten Boden, stumm und
verbissen. Talot, die größer war, verfügte über
die besseren Hebelkräfte, doch Jehanna war muskulöser.
Beide wurden durch ihr langes, loses Haar behindert. Die Stille wich
keuchenden und knurrenden Lauten. Beide waren hervorragend geschulte
Kämpferinnen, und Jehanna brauchte lange, ehe sie rittlings auf
Talots Rücken saß und den rechten Arm ihrer Gegnerin
soweit hochgerenkt hatte, daß sie ihn jeden Moment auskugeln
konnte. Beiden rann der Schweiß über den nackten Leib.
    Jehanna rang nach Luft. »Ergibst du

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