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Fremdes Licht

Fremdes Licht

Titel: Fremdes Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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und
ausgestreckt auf den wunderschönen Kissen lag, rührte sich
nicht. Schwer zu sagen, ob sie ihm gefallen hatte oder nicht, und das
machte ihr Angst. Der Stellvertreter der Oberkommandierenden…
seine Brust hatte sich schwer auf ihre Wange gepreßt, der
männliche Geruch hatte ihre Nase gefüllt, und der
mächtige Körper hatte in sie hineingepumpt, mit jenen
harten Stößen; die auch heute noch weh taten, nach so
langer Zeit. Doch bei alledem hatte SaSa sich des Gefühls nicht
erwehren können, daß der Kommandant gar nicht zugegen
gewesen war. Er hatte sie kaum angesehen dabei, und er hatte kein
Wort gesagt. Wenn sie dem Stellvertreter der Oberkommandierenden
mißfallen hatte, dann…
    Sie mußte Klarheit haben, jetzt sofort. Furcht nagte
an ihr, jenes samtweiche, nebelhafte Schreckgespenst, mit dem sie so
lebte, wie andere Huren mit ihrer garstigen Haut oder ihrem schwachen
Rücken. Sie zauderte nur kurz vor dem komischen, glühenden
Kreis an der Wand, dann drückte sie mitten hinein, und Licht
flammte auf.
    Der Kommandant warf den Arm über die Augen. »Warum
machst du das?«
    Sie verspürte einen Hauch von Erleichterung; verbiestert sah
er nicht aus. Doch er hatte immer noch diesen geistesabwesenden
Blick, als sei er gar nicht im selben Raum mit ihr – oder als
sei sie Luft für ihn. Das Schreckgespenst kehrte zurück und
umschlang sie mit seinen kalten Schleiern. Sie zwang sich zu einem
grellen, schrecklichen Lachen.
    »Damit ich dich besser sehen kann.«
    »Lüg mich nicht an«, sagte er in scharfem Ton.
    Das Schreckgespenst blies sich plötzlich zu voller
Größe auf, zu einem kalten, wallenden Nebel. Wenn sie
dem Stellvertreter der Oberkommandierenden mißfiel,
dann…
    Und dann passierte wieder, was zum erstenmal passiert war, als sie
entdeckt hatte, daß ihr unbegreiflicherweise die
Hurenfäule abhanden gekommen war: aus dem weißen Nebel
meldete sich wieder jene dunkle, pelzige Stimme, die das
Schreckgespenst noch schrecklicher machte, als es ohnehin schon war,
und die SaSa seither keine Ruhe mehr ließ.
    Was dann? Was ist, wenn du ihm tatsächlich mißfallen
hast? sagte die Stimme. Was ist denn, wenn du dem
Stellvertreter der Oberkommandierenden wirklich mißfallen hast?
Es gibt vier Huren in dieser Stadt, und es gibt Türen. Die
Türen haben Schlösser. Was passiert, wenn du ihm
mißfallen hast? Was passiert, wenn du dich ihm verweigerst?
Was, wenn du dich allen verweigerst? Zu essen hast du immer in dieser
Stadt.
    SaSa hielt sich beide Ohren zu. AUFHÖREN, AUFHÖREN,
schrie sie lautlos der dunklen, pelzigen Stimme entgegen.
Aufhören! Ich kann das nicht. Ich bin eine Hure,
AUFHÖREN…
    Er stand neben ihr, zog ihr die Hände herunter. »Was ist
los? Hast du Kopfschmerzen?«
    SaSa sah zu ihm auf, wußte einen Moment lang nicht, wer er
war und wo sie war. R’Frow, der Hurenflur… der
Stellvertreter der Oberkommandierenden. – O je.
    Die dunkle, pelzige Stimme zog sich zurück.
    »Tut dir was weh?« wollte der Kommandant wissen, und
SaSa fiel ein, daß er ein Kriegerpriester war, ein Heiler in
seiner Kaste. Sie schüttelte den Kopf.
    Er ließ ihre Hände fahren. Er sagte frei heraus:
»Ich wollte dir keine Angst machen. Daß du mich nicht
belügen sollst, hab ich nur deswegen gesagt, weil du dich dabei
so komisch angehört hast.«
    »Wie hab ich mich denn angehört?« sagte SaSa, und
dann hörte sie sich selber lachen.
    »Genau so.« Irgend etwas schwang mit in seiner Stimme.
Abscheu? Verachtung? Sie war nicht sehr geschickt gewesen; und er war
so groß gewesen, daß er sie durchaus hätte verletzen
können, und das hatte sie nervös gemacht… Ärger?
Sie traute sich nicht, sich durch einen Blick in sein Gesicht zu
vergewissern. Wenn sie ihm ins Gesicht sah, würde sich die
Stimme wieder melden.
    Als er wortlos den vollen Betrag zahlte und ging, hätte SaSa
beinah gejubelt vor Dankbarkeit.
    Sie schloß die Tür hinter ihm und lehnte sich mit dem
nackten Po dagegen, vorgebeugt und die Finger an die Schläfen
gepreßt. Die pelzige Stimme sollte bloß schweigen,
bloß schweigen…
    Sie schwieg. Allmählich legte sich SaSas Furcht. Es war
mitten in der dritten Wache; in dieser Nacht würden wohl keine
Bruderkrieger mehr kommen. Sie konnte sich ruhig schlafen legen.
    Doch sie fand keinen Schlaf.
    Sie setzte sich auf, beugte sich so weit vor, wie sie konnte,
spreizte mit einer Hand die Schamlippen auseinander. Aber wie genau
sie auch hinsah, da waren keine schwärenden Stellen mehr. Sie
waren fort,

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