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French 75: Ein Rostock-Krimi

French 75: Ein Rostock-Krimi

Titel: French 75: Ein Rostock-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard R. Roesch
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die Couch setzte.
    Er starrte auf den Fernseher. Eine Sondermeldung verkündete, es gebe eine neue Spur zum Meistermörder. Pawel sah Polizisten, die interviewt wurden. Er ließ den Ton aber aus. Er sah den Gesichtern ja an, dass die Männer ihren Worten nicht trauten. Solche Gesichtsausdrücke hatte er auf den Trawlerbrücken schon oft gesehen; Kapitäne, die Mut machen mussten.
    Keine Sorge , dachte er. Ich bringe euch den Kopf dieses Mörders! Ich weiß, wie kranke Männer ticken! Ich bin lange genug zur See gefahren. Sie haben mir alle ihre kranken Phantasien erzählt!
    Er würde schon dahinterkommen, machte Pawel Höchst sich Mut. Die beiden Bierflaschen öffnete er nicht. Immer mehr sank er in die Polster zurück, die Lider wurden ihm schwer, während er über sich das Ehebett knarren hörte. Hatten sie es da oben getrieben?
    Pawel konzentrierte sich erneut auf die stummen Nachrichten. Bloß nicht darüber nachdenken! Lieber einen Mann fangen, der Frauen die Kehlen durchschnitt, als seine eigene Ehefrau zu töten! Schließlich hatte es in der Wohnung von Tina Schneider keine Prospekte und keine Fragelisten gegeben, und das war jetzt das Wichtigste. Pawel streckte sich auf der Couch aus, er war dem Motiv auf der Spur.
    Die Bierflaschen erwärmten sich, als er von den Ereignissen der letzten Tage zutiefst erschöpft einschlief.

VIERTER TEIL
     
    XXI
     
    In Pawels altem Peugeot stapelten sich die leeren Pizzaschachteln. Er lebte jetzt schon fast zwei Monate in seinem Büro, wollte es aber nicht in eine Wohnküche verwandeln. Daher bestellte er sich das Essen ins Auto und tat, als würde er eine Observation durchführen.
    Im Autoradio steckte eine Kassette mit Blues von B.B. King. Pawel versuchte weiter, in der westlichen Welt heimisch zu werden, aber manchmal bekam seine russische Seele doch eine so große Sehnsucht nach den unendlich vielen jungen Birken, die im Sommerwind rauschten, nach den spröden Witzen seiner Wodka trinkenden Kollegen, dass er die vertonten Gedichte Jessenins einfach hören musste. Dummerweise hatte er sie nur auf Langspielschaltplatten, und so hörte er sich im Auto das auf Kassette überspielte amerikanische Jammern an, ohne die Tragik zu verstehen.
    Er kurbelte das Fenster herunter, nahm die Schachtel vom Boten und gab ihm zehn Euro. »Stimmt so«, sagte er, nickte, kurbelte das Fenster wieder hoch und holte sich ein Stück Thunfischpizza heraus. Er legte den ersten Gang ein und fuhr durch die Nacht.
    Um nicht an seine Ehefrau denken zu müssen, die ihn so sehr gedemütigt hatte, dass er am liebsten wild um sich geschossen hätte, und um auch nicht an seine beiden kleinen Söhne denken zu müssen, die er so sehr vermisste, dass er beim Schießen am liebsten wie ein Wahnsinniger gebrüllt hätte, widmete er sich wieder seiner Idee, den Serienkiller zu fangen. Auch ohne Klientin. Er würde ihn zur Strecke bringen. Pawel Höchst, ehemaliger Ausländer, würde dem deutschen Staat einen verdammt guten Dienst erweisen. In diesem Moment sang B.B. King davon, die Ketten seien zu schwer, der Traum von der Freiheit sei zu fern. Pawel lachte mit heruntergezogenen Mundwinkeln. Jammer du nur , dachte er.
    Pawel hatte ja eine Spur, von der niemand etwas wusste. Er musste ihr nur nachgehen, nicht mehr und nicht weniger, um herauszufinden, ob sie eine richtige Fährte war. Und diesmal wollte er sich von keinem aufgescheuchten Vater oder übereifrigen Beamten aufhalten lassen. Pawel beschloss, während er das letzte Pizzastück in sich hineinstopfte, es auf die nordrussische Art zu machen.
    Gegen halb sieben fuhr er ins Bahnhofsviertel, das aus mehrstöckigen Villen bestand, stellte seinen Wagen auf dem Parkplatz des Gesundheitsamtes ab und positionierte sich vor der Schlecker-Filiale.
    Fünf Minuten nach sieben ging im gegenüberliegenden Hausflur das Licht an. Pawel warf die Zigarette weg, schlug den Mantelkragen hoch und überquerte die Straße, als die Haustür geöffnet wurde. Der Beamte, der aus dem Haus kam, drückte sofort auf den elektronischen Türöffner seines Wagens und stieg wenig später auf der Fahrerseite ein. Als er die Tür zuzog, riss Pawel die Beifahrertür auf, warf sich auf den Sitz und umklammerte das rechte Handgelenk des stellvertretenden Chefs des Rostocker Kriminalkommissariats.
    »Sie?«, fragte Heinze.
    »Ich«, sagte Pawel und zog die Beifahrertür zu.
    »Was wollen Sie?«
    »Informationen.«
    »Dann lassen Sie meine Hand los. Ich muss um halb acht im Büro sein. Wenn ich

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