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French, Tana

French, Tana

Titel: French, Tana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sterbenskalt
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her
gescheucht, die Luft war erfüllt von Fleischgebrutzel und Bratkartoffelgeruch.
Mir wurde fast schwindelig davon. Ich hatte das Gefühl, jahrelang fort gewesen
zu sein.
    Holly war
mit Donna und Ashley dabei, den Tisch zu decken; sie benutzten
Papierservietten mit kecken Engeln und sangen eine rotzfreche »Jingle
Bells«-Parodie. Ich gönnte mir ungefähr eine Viertelsekunde, um ihnen dabei
zuzusehen und mir das Bild einzuprägen. Dann legte ich eine Hand auf Hollys
Schulter und flüsterte ihr ins Ohr: »Schätzchen, wir müssen jetzt gehen.«
    »Gehen?
Aber -«
    Ihr fiel
der Mund vor Empörung auf, und sie brauchte vor lauter Entgeisterung einen
Moment, um sich zu fangen und zum Widerspruch anzusetzen. Ich bedachte sie mit
einem elterlichen Alarmstufe-Rot-Blick, und sie sank in sich zusammen. »Hol
deine Sachen«, sagte ich. »Mach schnell.«
    Holly
knallte ihre Handvoll Besteck auf den Tisch und schleppte sich so langsam, wie
ich es ihr gerade noch durchgehen ließ, zum Flur. Donna und Ashley starrten
mich an, als hätte ich einem kleinem Häschen den Kopf abgebissen. Ashley wich
zurück.
    Ma reckte
den Kopf aus der Küche und schwang drohend eine riesige Serviergabel. »Francis!
Das wurde aber auch Zeit. Ist Seamus mit dir runtergekommen?«
    »Nein. Ma

    »Mammy,
nicht Ma. Du holst jetzt auf der Stelle deinen Bruder, und dann helft ihr zwei
eurem Vater aus dem Bett an den Tisch, bevor mir das Essen endgültig verbrennt
wegen eurer Trödelei. Nun mach schon!«
    »Ma. Holly
und ich müssen gehen.«
    Ma klappte
der Unterkiefer runter. Eine Sekunde lang war sie tatsächlich sprachlos. Dann
legte sie los wie eine Sirene bei Fliegerangriff. »Francis
Joseph Mackey! Das ist nicht dein Ernst. Sag mir
sofort, dass das nicht dein Ernst ist.«
    »Tut mir
leid, Ma. Ich hab mich mit Shay verquasselt und dabei ganz die Zeit vergessen.
Du kennst das ja. Und jetzt sind wir spät dran. Wir müssen los.«
    Ma hatte
ihr Kinn und ihre Mehrfachbusen und -bäuche kampfbereit aufgepumpt. »Mir ist
schnurzegal, wie spät es ist, euer Essen ist fertig, und ihr verlasst dieses
Zimmer nicht, ehe ihr es gegessen habt. Setzt euch an den Tisch. Das ist ein Befehl.«
    »Geht
leider nicht. Tut mir ehrlich leid, wo du dir so viel Mühe gemacht hast.
Holly-« Holly stand im Türrahmen, den Mantel halb angezogen, mit großen Augen.
»Schultasche. Sofort.«
    Ma schlug
mir mit der Gabel so fest auf den Arm, dass mir ein blauer Fleck sicher war. »Wage es
ja nicht, mich einfach zu ignorieren! Willst du, dass ich einen
Herzinfarkt kriege? Bist du deshalb zurückgekommen, damit du siehst, wie deine
Mammy vor deinen Augen tot umfällt?«
    Zögerlich
tauchte der Rest der Sippe einer nach dem anderen hinter ihr in der Küchentür
auf, um nachzusehen, was los war. Ashley duckte sich um Ma herum und versteckte
sich an Carmels Rock. Ich sagte: »Das stand nicht ganz oben auf meiner
Tagesordnung, aber wenn du den Abend unbedingt so verbringen willst, kann ich
dich nicht dran hindern. Holly, ich hab gesagt, sofort.«
    »Wenn das
nämlich das Einzige ist, was dich glücklich macht, dann bitte sehr, geh doch,
und ich hoffe, du freust dich, wenn ich dann tot bin. Na los, mach, dass du wegkommst.
Nachdem dein armer Bruder mir schon das Herz gebrochen hat, bleibt mir sowieso
nichts mehr, wofür es sich zu leben lohnt —«
    »Josie!«,
ertönte ein wütendes Brüllen aus dem Schlafzimmer. »Was zum Teufel ist da
los?« Dann die unvermeidliche Hustenexplosion. Praktisch alles, weswegen ich
Holly von diesem Drecksloch ferngehalten hatte, stand uns bereits bis zum
Hals, und wir sanken immer tiefer, schnell.
    »- und
trotz allem hab ich mich in der Küche abgeschuftet, um für euch ein schönes
Weihnachtsessen auf den Tisch zu bringen, von morgens bis abends am Herd
gestanden —«
    »Josie!
Hör mit deiner Scheißkeiferei auf!«
    »Dad! Hier
sind Kinder!«, von Carmel. Sie hielt Ashley mit beiden Händen die Ohren zu und
sah aus, als würde sie sich am liebsten zusammenrollen und sterben.
    Ma
kreischte mit noch lauterer Stimme. Ich konnte förmlich spüren, wie ich davon
Krebs bekam. »- und du, du undankbarer kleiner Scheißer, du kannst dich nicht
mal dazu herablassen, dich mit dem Hintern an den Tisch zu setzen und mit uns
zu essen -«
    »Meine
Güte, Ma, das ist wirklich verlockend, aber ich denke, ich verzichte. Holly,
aufwachen! Schultasche. Los.«
    Das Kind
geriet allmählich in einen Schockzustand. Selbst in unseren schlimmsten Zeiten
hatten Olivia und

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