French, Tana
ich es immer, immer geschafft, die richtig hässlichen
Streitereien außer Hörweite von Holly auszufechten.
»Gott
vergib mir, jetzt hör dir bloß mal an, was für Ausdrücke ich vor den Kindern
benutze - siehst du jetzt, wozu du mich treibst?«
Noch ein
Schlag mit der Serviergabel. Über Mas Kopf hinweg fing ich Carmels Blick auf,
tippte auf meine Uhr und sagte mit beschwörendem Unterton: »Sorgerechtsvereinbarung.«
Ich war ziemlich sicher, dass Carmel eine Reihe von Filmen gesehen hatte, in
denen hartherzige Ex-Ehemänner wackere geschiedene Frauen dadurch quälten, dass
sie es mit Sorgerechtsvereinbarungen nicht allzu genau nahmen. Ihre Augen
weiteten sich. Ich überließ es ihr, Ma das Problem zu erklären, packte Hollys
Arm und ihre Tasche und bugsierte sie schnell zur Wohnung hinaus. Während wir
die Treppe hinunterhasteten (»Ja, hau ab, verschwinde, wenn du nicht zurückgekommen
wärst und alle durcheinandergebracht hättest, dann würde dein Bruder noch leben
...«), hörte ich Stephens Stimme über uns, ruhig und gleichmäßig, wie er nett
und höflich mit Shay plauderte.
Dann waren
wir raus aus Nummer 8, umgeben von Nacht und Straßenlampenlicht und Stille. Die
Haustür knallte hinter uns zu.
Ich atmete
einmal tief kühle, feuchte Abendluft ein und sagte: »Großer Gott.« Ich hätte
morden können für eine Zigarette.
Holly
drehte ihre Schulter abrupt von mir weg und riss mir ihre Schultasche aus der
Hand.
»Das da
drin tut mir leid. Ehrlich. Das hättest du alles gar nicht hören sollen.«
Holly
würdigte mich keiner Antwort, geschweige denn eines Blickes. Sie hatte die
Lippen fest zusammengepresst und das Kinn rebellisch vorgeschoben, während sie
die Straße hinaufmarschierte, und mir war klar, dass ich richtig Ärger kriegen
würde, sobald wir ungestört wären. Auf der Smith's Road, drei Parkplätze vor
meinem, entdeckte ich Stephens Auto, einen aufgemotzten Toyota, den er
offensichtlich aus dem Polizeifuhrpark ausgesucht hatte, weil er prima in die
Gegend passte. Er hatte ein gutes Auge. Ich bemerkte den Wagen nur wegen des
betont unauffälligen Typen, der zusammengesunken auf dem Beifahrersitz saß und
sich weigerte, in meine Richtung zu schauen. Stephen hatte wie ein richtiger
kleiner Pfadfinder an alles gedacht.
Holly warf
sich in ihren Kindersitz und knallte die Tür so fest zu, dass sie fast aus den
Angeln geflogen wäre. »Warum müssen wir gehen?«
Sie hatte
ehrlich keine Ahnung. Sie hatte die Sache mit Shay in Daddys tüchtige Hände
übergeben. Was sie betraf, war das Problem damit gelöst, aus und vorbei. Eine
meiner Hauptbestrebungen war es gewesen, dass sie nie im Leben - oder zumindest
nicht auf absehbare Zeit - herausfinden sollte, dass das so nicht lief.
»Schätzchen«,
sagte ich. Ich ließ den Motor nicht an. Ich war nicht sicher, ob ich fahren
konnte. »Hör mir zu.«
»Das Essen
ist fertig. Wir haben für dich und mich mitgedeckt!«
»Ich weiß.
Ich wünschte auch, wir hätten bleiben können.«
»Aber
wieso -«
»Du weißt
doch, worüber du dich mit Onkel Shay unterhalten hast? Kurz bevor ich
reingekommen bin?«
Holly
erstarrte. Sie hatte die Arme noch immer trotzig vor der Brust verschränkt,
aber hinter der ausdruckslosen Fassade überschlugen sich ihre Gedanken, um zu
begreifen, was los war. Sie sagte: »Kann sein.«
»Meinst
du, du könntest jemand anderem erklären, worum es in dem Gespräch ging?«
»Dir?«
»Nein,
nicht mir. Einem Kollegen von mir. Er heißt Stephen. Er ist bloß ein paar
Jährchen älter als Darren, und er ist sehr nett.« Stephen hatte Schwestern
erwähnt. Ich hoffte bloß, dass er gut mit ihnen klargekommen war. »Er muss
unbedingt hören, worüber du und dein Onkel geredet habt.«
Hollys
Wimpern flatterten. »Ich hab's vergessen.«
»Schätzchen,
ich weiß, dass du gesagt hast, du würdest es keinem erzählen. Ich hab dich
gehört.«
Ein
kurzes, misstrauisches blaues Augenblitzen. »Was gehört?«
»Ich würde
wetten, so ziemlich alles.«
»Wenn du's
gehört hast, dann erzähl du es doch
diesem Stephen.«
»Das geht
leider nicht, Liebes. Er muss es direkt von dir hören.«
Ihre Hände
begannen sich an den Seiten ihres Pullovers zu Fäusten zu ballen. »Tja, Pech.
Ich kann es ihm nicht erzählen.«
Ich sagte:
»Holly. Bitte sieh mich an.« Nach einem Moment wandte sie widerstrebend den
Kopf ein paar Zentimeter in meine Richtung. »Weißt du noch, wie wir darüber
gesprochen haben, dass man manchmal ein Geheimnis
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