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French, Tana

French, Tana

Titel: French, Tana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sterbenskalt
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Imelda Tierney zur Arbeit - erinnerst du dich an Imelda? Sie hat
mit Rosie genäht, in der Fabrik -, und dann ließ sie den Walkman zu Hause. Den
Rest der Woche hatte Imelda eine andere Schicht, daher musste Rosie allein
gehen und hat unterwegs Walkman gehört.«
    »Dann
hättest du ihn doch auch an dem Freitag gesehen haben können.«
    Nora
schüttelte den Kopf. »Freitags sind wir nach der Schule öfter mal ins Kino
gegangen, unsere Clique. An dem Freitag ganz sicher. Das weiß ich so genau,
weil ...« Sie errötete, verstummte und schielte zu ihrem Vater hinüber.
    Mr Daly
sagte tonlos: »Sie weiß es deshalb so genau, weil ich Nora, nachdem Rosie
durchgebrannt war, eine ganze Weile nicht mehr draußen hab herumscharwenzeln
lassen. Wir hatten ein Kind verloren, weil wir zu lax gewesen waren. Das andere
wollte ich nicht auch noch riskieren.«
    »Verständlich«,
sagte ich und nickte, als wäre das völlig normal. »Und keiner von Ihnen
erinnert sich, irgendwas von den Sachen im Koffer nach dem Donnerstag gesehen
zu haben?«
    Einhelliges
Kopfschütteln. Falls Rosie am Donnerstagnachmittag noch nicht fertig gepackt
hatte, könnte es knapp für sie geworden sein, den Koffer selbst zu verstecken,
vor allem bei Daddys Wachhund-Neigungen. Allmählich zeichnete sich ab, dass
eventuell jemand anders den Koffer für sie versteckt hatte.
    Ich
fragte: »Ist Ihnen irgendwer aufgefallen, der sich in ihrer Nähe rumgetrieben
hat, sie belästigt hat? Irgendjemand, der Sie beunruhigt hat?«
    Mr Dalys
Blick sagte: Was, abgesehen von dir?, doch er
verkniff es sich. Er sagte ruhig: »Wenn mir aufgefallen wäre, dass sie jemand
behelligt, hätte ich ihn mir vorgeknöpft.«
    »Streit
mit jemandem, Probleme?«
    »Sie hat
jedenfalls nichts erzählt. Darüber wüsstest du wahrscheinlich eher Bescheid als
wir. Wir wissen doch alle, wie viel Mädchen ihren Eltern erzählen, in dem
Alter.«
    Ich sagte:
»Eine letzte Frage.« Ich fischte aus meiner Jackentasche einen Stoß Umschläge,
jeweils gerade so groß, dass ein kleines Foto hineinpasste, und reichte ihnen
drei davon. »Kennt jemand von euch diese Frau?«
    Die Dalys
zogen die Fotos heraus und gaben sich alle Mühe, aber es gingen keine
Hundert-Watt-Lampen an, höchstwahrscheinlich, weil Fingerabdruck-Fifi eine
Mathematiklehrerin aus Nebraska ist, deren Foto ich aus dem Internet
ausgedruckt habe. Wo immer ich hingehe, kommt Fifi mit. Ihr Bild hat einen
schön breiten Rand, damit niemand das Gefühl hat, es besonders vorsichtig
halten zu müssen, und da sie möglicherweise die unscheinbarste Person auf
Gottes weiter Erde ist, muss man schon genau hinschauen - hoffentlich unter
Zuhilfenahme beider Daumen und Zeigefinger -, um ganz sicher zu sein, dass man
sie nicht kennt. Ich verdanke meiner Freundin Fifi viele diskrete
Identifizierungen. Heute sollte sie mir helfen herauszufinden, ob die Dalys
Abdrücke auf dem Koffer hinterlassen hatten.
    Was meine
Antennen bei den dreien hier in Schwingungen versetzte, war die atemberaubende
Möglichkeit, dass Rosie sich doch wie vereinbart auf den Weg zu mir gemacht
hatte. Wenn sie sich an unseren Plan gehalten hatte, wenn sie mir nicht
ausweichen musste, hätte sie die gleiche Strecke gehabt wie ich: raus aus der
Wohnung, die Treppe runter und schnurstracks auf den Place. Aber ich hatte von
meinem Standort aus jeden Quadratzentimeter wunderbar im Auge behalten können,
die ganze Nacht hindurch, und die Haustür hatte sich kein einziges Mal
geöffnet.
    Damals
wohnten die Dalys im ersten Stock von Nummer 3. Im oberen Stockwerk wohnten die
Harrison-Schwestern, drei uralte, überkandidelte Junggesellinnen, die uns ein
Brot mit Zucker gaben, wenn wir für sie einkaufen gingen. Im Erdgeschoss
wohnte die traurige, kleine Veronica Crotty, die behauptete, ihr Mann wäre
Handlungsreisender, mit ihrem traurigen, kranken kleinen Kind. Anders
ausgedrückt, falls jemand Rosie auf dem Weg zu unserem Treffpunkt abgefangen
hatte, dann saß dieser Jemand mir und Kevin gegenüber am Couchtisch.
    Alle drei
Dalys sahen wirklich schockiert und aufgewühlt aus, aber das konnte vieles
bedeuten. Nora war damals ein fülliges Kind in einem schwierigen Alter
gewesen, Mrs Daly lag irgendwo auf der Verrücktheitsskala, und Mr Daly hatte
ein hitziges Gemüt, ein Riesenproblem mit mir - und Muskeln. Rosie war kein
Leichtgewicht gewesen. Ihr Dad mochte ja doch kein Schwarzenegger sein, aber er
war der Einzige in dem Haus gewesen, der die Kraft gehabt hätte, Rosies
Leichnam

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